13.03.2025, 5017 Zeichen
Wien (OTS) - Seit drei Jahren bietet das Fairness-Büro Bäuerinnen und
Bauern sowie
Lebensmittelproduzenten anonyme und kostenlose Hilfe, wenn sie von
unfairen Handelspraktiken betroffen sind. Der nun veröffentlichte
Fairness-Büro-Bericht zeigt deutlich ein nach wie vor starkes
Ungleichgewicht in der Lebensmittelkette. 2024 ist die Zahl der
Beschwerden noch weiter gestiegen: Mehr als 800 unmittelbare und
mittelbare Beschwerden wurden verzeichnet. „Diese Zahl zeigt schwarz
auf weiß, wie groß die Macht der Handelsketten gegenüber kleineren
Produzenten ist. Um ein Ausnutzen von Machtpositionen zu verhindern,
müssen wir kontinuierlich handeln. Denn viele Produzenten fürchten,
ihren Regalplatz zu verlieren und sehen sich gezwungen unfaire
Bedingungen zu akzeptieren, weil ihnen Alternativen fehlen“, betont
Bundesminister Norbert Totschnig .
Marktkonzentration schafft ungleiche Verhältnisse
In Österreich beherrschen die drei größten Handelsketten rund 90% des
Lebensmittelmarktes . „Diese hohe Marktkonzentration führt zu harten
Preisverhandlungen, drohenden Auslistungen und einseitigen
Vertragsänderungen. Mehr als 100.000 bäuerliche Betriebe und
Verarbeiter stehen einer Handvoll Handelsriesen gegenüber - das ist
ein Kampf mit ungleichen Waffen “, so Totschnig . Mit dem Fairness-
Büro will sich der Bundesminister für mehr Fairness entlang der
Lebensmittelkette einsetzen.
Seit der Gründung des Fairness-Büros hat sich nicht nur die Zahl
der Fälle erhöht, sondern auch das Wissen über unlautere
Handelspraktiken. Diese Erkenntnisse werden regelmäßig an die EU-
Kommission weitergegeben, um das Ungleichgewicht zwischen
Produzenten, Verarbeitern und der Lebensmittelketten auch auf EU-
Ebene zu thematisieren. Der neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen
hat nun ebenfalls in seiner Vision für Landwirtschaft und Ernährung
die Notwendigkeit fairer Einkommen für Bäuerinnen und Bauern
unterstrichen und Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken
angekündigt. Bis Ende 2025 soll die EU-Richtlinie über unlautere
Handelspraktiken (UTP) einer umfassenden Evaluierung unterzogen
werden - das Fairness-Büro liefert dazu konkrete Beispiele aus der
Praxis.
Zentrale Ergebnisse des Fairness-Büro-Berichts 2024
Fleischerbetriebe unter Druck :
- Handelsketten verweigern traditionellen und familiengeführten
Fleischerbetrieben trotz der steigenden Personal- und Energiekosten
eine Preisanpassung für ihre Produkte.
- In einem dokumentierten Fall erhöhte eine Handelskette den
Konsumentenpreis eines Produkts um 30%, während der Produzent
gleichzeitig 2% weniger erhielt.
- Darüber hinaus nutzen Handelsketten sinkende Rohstoffpreise, um
ihre Einkaufspreise weiter zu drücken, was die Existenz besonders von
Klein- und Mittelbetrieben gefährdet.
No-Names und Image-Schaden für heimische Produzenten:
- Durch gezielt hohe Preisaufschläge auf Qualitäts-Markenprodukte
durch den Handel entsteht massiver Wettbewerbsnachteil für heimische
Produzenten.
- Gleichzeitig werden Eigenmarken - sog. No-Names, die oft in den
eigenen Werken der Handelsketten hergestellt werden, künstlich
günstig gehalten.
- Konsumenten greifen daher häufiger zu den billigeren No-Names, was
Qualitäts-Markenprodukte untergräbt.
Aufgezwungene Dritt-Dienstleistungen :
- Produzenten werden von Handelsketten gezwungen, bestimmte Zahlungs-
und Logistikdienstleister zu nutzen und diese zu bezahlen.
- Die Preisgestaltung dieser Drittdienstleister sind
unverhältnismäßig hoch und intransparent.
- Diese Kosten zahlen am Ende des Tages nicht nur die Lieferanten,
sondern auch die Konsumenten - und das zum Vorteil des Handels.
Unfaire Alleinbelieferungsverträge :
- Start-ups und Jungunternehmer werden durch exklusive Lieferverträge
in vollständige Abhängigkeit von einer Handelskette gedrängt.
- Sie müssen für den Handel hohe Investitionen tätigen und
Expandieren, um die (volatilen) Bestellmengen fristgerecht liefern zu
können - ohne dass der Handel eine Abnahme garantiert.
- Kann der Produzent die Bestellungen nicht 100% bedienen, werden
hohe Vertragsstrafen fällig.
Totschnig will verstärkt in Dialog mit dem Handel treten
„Der Bericht des Fairness-Büros zeigt nicht nur unfaire
Handelspraktiken, sondern auch ein zunehmendes Bewusstsein für
Fairness entlang der Wertschöpfungskette. Auf Basis dieser
Erkenntnisse werden wir aktiv das Gespräch mit den Handelsketten
suchen, um auf Augenhöhe gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Unsere
Hand ist ausgestreckt “, so der Bundesminister .
Das Fairness-Büro - ein Überblick
- Gegründet am 1. März 2022 als unabhängige und weisungsfreie Stelle
im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und
Wasserwirtschaft.
- Anonyme und kostenlose Beratung für alle, die beim Verkauf von
Agrar- oder Lebensmittelerzeugnissen von größeren Käufern unter Druck
gesetzt werden und denen verbotene oder unlautere Handelspraktiken
widerfahren.
- Analyse von Beschwerdefällen , rechtliche Einschätzung und
Unterstützung zur Einvernehmlichen Lösung mit dem Käufer.
Der 3. Tätigkeitsbericht steht unter www.fairness-buero.gv.at zum
Download bereit.
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