13.03.2025, 6701 Zeichen
Linz (OTS) - Schnellere Genehmigungsverfahren für den Netzausbau,
neue Formen der
Finanzierung, ein rechtlicher Rahmen für die Digitalisierung der
Netze, ein Tarifsystem, das auf Leistung abstellt - lang ist die
Liste der Maßnahmen, die sich die Energienetzbetreiber von der neu
angetretenen Bundesregierung erwarten. „Leider ist im Vorjahr viel
liegengeblieben, erst im Wahlkampf und dann in der langen Zeit der
Suche nach einer neuen Regierung“, sagte der Geschäftsführer der Linz
Netz GmbH, Johannes Zimmerberger, beim Energiepolitischen
Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 13. März
2025. Im jetztigen Regierungsprogramm wird der Energieversorgung
durchaus hohe Priorität eingeräumt, so Zimmerberger: „Die Pläne und
Absichtserklärungen sind großteils zu begrüßen. Wir hoffen, dass die
dringendsten Anliegen jetzt zügig umgesetzt werden.“
Worauf es für die Netzbetreiber vor allem ankommt, ist
Planungssicherheit, betont die Sprecherin des Forums
Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer: „Ausbau und die Aufrüstung
der Energienetze erfordern Investitionen in Milliardenhöhe. Da
brauchen die Unternehmen die Sicherheit, dass sich die Anforderungen
und die Voraussetzungen für die Finanzierung nicht alle paar Jahre
ändern.“
Das künftige E-Wirtschaftsgesetz, das Gesetz zur Beschleunigung
des Ausbaus von Erneuerbaren Energien sowie das Gesetz über
Erneuerbare Gase sind wichtige Schritte in die richtige Richtung.
Diese Reformvorhaben sind bereits sehr weit gediehen und sollen noch
vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden.
Zwtl.: Finanzierung des Netzausbaus
Doch die Energiepolitik der nächsten Jahre erfordert weit mehr
als das Nachholen von Versäumtem. Um den Netzausbau wirkungsvoll zu
beschleunigen, müssen die Genehmigungsverfahren verkürzt werden.
Dafür ist die gesetzliche Grundlage für eine vorrangige Behandlung
von Projekten in Zusammenhang mit der Energiewende vorzusehen.
Bestehende EU-Richtlinien ermöglichen diesen Vorrang bereits jetzt
und müssen nur in nationales Recht umgesetzt werden. Zudem brauchen
die Netzbetreiber die Möglichkeit, neue Formen der Finanzierung zu
nutzen. Zimmerberger: „Nach der derzeitigen Rechtslage sinkt der
Anteil der sogenannten Baukostenzuschüsse an den Errichtungskosten.
Der Ausbau muss nachträglich durch Nutzungsentgelte finanziert
werden, dadurch erhöht sich der Fremdkapitalanteil. Aber der
Verschuldungsgrad der Netzbetreiber kann nicht beliebig erhöht
werden. Wir brauchen andere Finanzierungsmodelle.“ Zimmerberger kann
sich etwa die Einrichtung eines staatlichen Infrastrukturfonds oder
Kredite bei Förderbanken vorstellen.
Eine gerechte Aufteilung der Kosten für die Errichtung und den
Betrieb von Netzen braucht unbedingt auch ein reformiertes
Tarifsystem, fordert Zimmerberger: „Wir wünschen uns einen
Leistungstarif, wo die Gebühr nicht nur von der bezogenen Strommenge
abhängt, sondern auch davon, wie stark die Netze beansprucht werden.
Zudem sollen sich auch Einspeiser fair an den Kosten beteiligen.“
Zwtl.: Eigenproduktion und Eigenverbrauch
Um die Netzinfrastruktur effizient zu nutzen, soll das
Tarifsystem auch Anreize für den Eigenverbrauch setzen. „Die Zahl der
privaten PV-Anlagen nimmt erfreulicherweise rasant zu. Um einen
übermäßigen Netzausbau zu vermeiden, wäre es wünschenswert, dass der
überwiegende Teil des dort produzierten Stroms nicht ins Netz
eingespeist, sondern von den Erzeugern selbst genutzt wird.“ Zu
diesem Zweck sollte es auch Anreize für private Speicher geben, denn
die Zeiten der typischen Produktionsspitzen bei Sonnenstrom und die
Zeiten des höchsten Bedarfs klaffen meist weit auseinander.
Insgesamt, so Zimmerberger, braucht die Energiewende „ein
konstruktives Miteinander von Stromerzeugern, Netzbetreibern und
Verbrauchern. Für das Zusammenspiel müssen die Marktregeln angepasst
oder überhaupt neu erstellt werden.“
Zwtl.: Effizienz durch Digitalisierung
Ein wesentlicher Faktor, um die Nutzung der Netze effizient zu
gestalten, ist die Verwendung von Daten, die durch die Installation
von intelligenten Zählern ohnehin erhoben werden. Aktuell wird
außerdem von den Netzbetreibern ein System zur Nutzung von
Flexibilitäten in den Netzen entwickelt, um so weitere Kapazitäten zu
schaffen. Derzeit fehlen aber die gesetzlichen Voraussetzungen für
diese Möglichkeiten. Nach Schaffung der rechtlichen Grundlagen
könnten Engpässe vermieden werden, wenn die Netzbetreiber steuernd in
Erzeugung und Verbrauch eingreifen. Derartige Eingriffe sind nach
derzeitiger Rechtslage nur zur Vermeidung von sicherheitsrelevanten
Engpässen und nur den Übertragungsnetzbetreibern erlaubt.
Zimmerberger nennt als Beispiel das Laden von E-Mobilen: „Netzkunden
programmieren abends ihre Ladevorrichtung so, dass ihr Auto morgens
um sieben Uhr vollgeladen ist und überlassen es dem Netzbetreiber,
die Ladeleistung je nach vorhandenen Netzkapazitäten zu erhöhen bzw.
beschränken..
Auf Seiten der Erzeuger sollen die Netzbetreiber die Möglichkeit
erhalten, die nur selten und nur für kurze Zeit auftretenden
Spitzenleistungen abzuregeln: „Wenn an einem sonnigen und zugleich
windigen Sommertag im Juli alle PV- und alle Wind-Anlagen auf
Hochtouren laufen, während gleichzeitig der Bedarf besonders gering
ist, dann geraten die Netze in Schwierigkeiten. Auch hier können
Steuerungsmöglichkeiten und das Zwischenschalten von Speichern
Abhilfe schaffen.“
Zwtl.: Abstimmung der Netzausbaupläne
Um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, sollten die Netz-Ausbaupläne
für Strom, Grünes Gas (Biomethan oder Wasserstoff) und Fernwärme
aufeinander abgestimmt werden. Zimmerberger: „In einer Region, wo
gerade die Fernwärme ausgebaut wird, kann und soll das Gasnetz
rückgebaut werden - ein Parallelausbau hat keinen Sinn. Wenn hingegen
eine Gemeinde oder eine Region gezielt von Gas auf Wärmepumpen
umstellt, dann muss dort das Stromnetz verstärkt werden. Wir müssen
die Energieversorgung immer stärker vernetzt denken.“
Gas als Energieträger hat sehr wohl auch in einem
dekarbonisierten Energiesystem seinen Platz und wird für viele
Anwendungen unverzichtbar bleiben. Umso wichtiger ist es, das
Potenzial an Biogas zu nutzen sowie die gesetzlichen Regelungen für
den Einsatz von Wasserstoff zu schaffen. Wasserstoff wird auch als
Speichermedium eine wichtige Rolle spielen, weshalb ein koordinierter
österreichweiter Speicherplan erstellt werden sollte.
Abschließend betont Zimmerberger die Bedeutung der Energiepolitik
für den Standort Österreich: „Am Ausbau erneuerbarer Energie und
leistungsfähiger Netze führt kein Weg vorbei. Für dieses Ziel müssen
alle an einem Strang ziehen.“
Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von
fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich,
Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.
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