28.11.2024, 5214 Zeichen
Wien (OTS) - „Die österreichische Wirtschaft steht enorm unter Druck.
Es vergeht
kaum ein Tag ohne alarmierende Meldungen. Bürokratische Hürden nehmen
zu und sind dabei ein Kostentreiber, vor dem wir schon lange gewarnt
haben. Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, hohe Lohnstückkosten und
leistbare Energie sind weitere standortpolitische Überlebensfragen,
die wir jetzt unmittelbar angehen müssen“, so Harald Mahrer,
Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) , in seiner heutigen
Rede vor dem Wirtschaftsparlament.
Energie, Arbeitskräfte und Bürokratie zentrale Standortthemen
„Sämtliche Branchen leiden unter einer stetig zunehmenden
Regulierung. Helfen sie wirklich dabei, unsere wirtschaftlichen Ziele
zu erreichen? Oder sind sie schlicht überbordend?“, so der Präsident,
der einen immer erdrückenderen bürokratischen Rucksack für
Österreichs Unternehmen sieht, die zwar nach wie vor hervorragende
Produkte anbieten würden, aber es zunehmend schwerer hätten, dafür
auf dem Markt wettbewerbsfähige Preise erzielen zu können. Die Frage
der Leistbarkeit und Verfügbarkeit von Energie und Arbeitskräften
werde immer drängender. „Wir preisen uns gerade selbst aus dem Markt.
Das ist mittlerweile ein gesamteuropäisches Problem geworden, wie
auch der Blick auf die USA zeigt“, so Mahrer, der den besonderen
Fokus jeder US-Administration auf das Funktionieren der Wirtschaft
hervorhob: „Egal wer im Weißen Haus sitzt, ob Demokrat oder
Republikaner, der Fokus liegt immer auf der Wirtschaft. Der Inflation
Reduction Act, der für massive Investitionen in den USA gesorgt hat -
und dadurch leider zu Abwanderung von europäischer Seite - ist das
jüngste Beispiel dafür. Die Rahmenbedingungen sind einfach
attraktiver als am europäischen Wirtschaftsstandort.“ Diese
Entwicklung müsse ein dramatischen Weckruf in der EU sein. Bisher sei
dieser jedoch ausgeblieben. „Manche haben immer noch nicht
verstanden, wie die Fakten zu deuten sind. Dass unsere Betriebe
trotzdem noch relativ erfolgreich sind, ist ihrer enormen
Leistungsbereitschaft und Innovationskraft zu verdanken - aber sicher
nicht den vorherrschenden Rahmenbedingungen“, betonte der WKÖ-
Präsident.
Export als Lebensader des Wirtschaftsstandortes
„Halten wir uns vor Augen: Es ist der Export, von dem enorm viel
abhängt. Der Exportmotor ist unsere Lebensader“, so Mahrer. Unser
Sozial- Gesundheits- und Pensionssystem ist nur finanzierbar, wenn
der Export- bzw. der Wirtschaftsmotor läuft. Dann - und nur dann -
gibt es erfolgreiche Betriebe, die Einkommen und Arbeitsplätze
sichern und so letztlich für das notwendige Steueraufkommen sorgen,
um unseren Wohlstand und den Sozialstaat zu finanzieren. All das ist
nun gefährdet.“ Mahrer hob insbesondere die Leistung der
AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA hervor, die „365 Tage im Jahr, 24 Stunden am
Tag unsere Betriebe weltweit dabei unterstützt, um jeden Auftrag zu
kämpfen. Ohne diese top-aufgestellte Organisation wäre der Erfolg
unserer exportorientierten Unternehmen nicht so wie er ist.“ Dennoch
müsse man sich stets die Frage stellen, was man noch tun kann. „Wir
müssen uns immer fragen: Was können wir tun, um der Konkurrenz eine
Nasenlänge voraus zu sein? Denn uns pfeift international ein eisiger
Wind entgegen, ein wahrer Sturm der Konkurrenz. Wir müssen dafür
sorgen, dass wir wettbewerbsfähig sind bzw. es so schnell wie möglich
wieder werden“, stellte der WKÖ-Präsident klar. Das große gemeinsame
Ziel müsse daher sein, den Wirtschaftsmotor wieder zum Laufen zu
bringen. Dafür brauche es geeignete Rahmenbedingungen - „und zwar
andere als jetzt“. Darauf gelte es gerade jetzt, während der
laufenden Koalitionsverhandlungen, deutlich hinweisen.
Zentrale Gerechtigkeits- und Schicksalsfrage unserer Zeit
Trotz hoher Arbeitslosigkeit gibt es immer noch eine sehr hohe
Zahl an offenen Stellen. Die - auch aus demografischen Gründen stetig
größer werdende - Arbeitskräftelücke werde sich sicher nicht mit mehr
Teilzeit oder weniger Arbeit füllen lassen. „Das ist die zentrale
Gerechtigkeits- und Schicksalsfrage unserer Zeit: Wie kriegen wir es
hin, dass es einen klaren Unterschied gibt, zwischen jenen, die
arbeiten können, es wollen und es auch tun - und jenen, die könnten,
aber nicht wollen, obwohl sie keine Kinderbetreuungs- oder
Pflegeverpflichtungen haben?“, so Mahrer. Den drückenden
Personalmangel könne man nur lösen, wenn es gelinge, den Trend zu
weniger Arbeit zu durchbrechen. „Und wir müssen diesen Trend
durchbrechen - gerade dann, wenn wir schon jetzt wissen, dass es
künftig deutlich weniger Arbeitskräfte geben wird“, so der WKÖ-
Präsident.
Österreichs Wirtschaft kämpft gemeinsam für veränderte
Rahmenbedingungen
Die Forderungen der österreichischen Wirtschaft seien hinlänglich
bekannt, es gebe fraktionsübergreifend klare Vorstellungen, was der
Standort braucht. Die Wege dorthin werden aber unterschiedlich
gesehen. „Was uns eint ist die Klarheit, dass es nur mit geänderten
Rahmenbedingungen gehen kann. Ich appelliere daher an alle
Fraktionen: Nutzen wir gemeinsam all unsere Möglichkeiten, um
deutlich zu machen, dass es jetzt Veränderung braucht“, so Mahrer
abschließend. Denn andernfalls könnte es in 5 Jahren nicht mehr
„Wirtschaftsstandort Österreich“ heißen, sondern „Wirtschaft stand
dort in Österreich“. (PWK433/RA)
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