27.11.2024, 9415 Zeichen
Wien (OTO) - Binder Grösswang lud am 21. November 2024 zu einer
Podiumsdiskussion
mit namhaften Expert*innen aus dem Bankwesen und dem
Finanzdienstleistungssektor.
Der Zahlungsverkehr der Zukunft stand im Fokus dieses Events der
Veranstaltungsreihe Binder Grösswang impulse , das im Rahmen der
Fintech Week 2024 in Kooperation mit dem Bankenverband stattfand.
Welchen Mehrwert hat der digitale Euro für Europas Konsument*innen?
Welche Konsequenzen, aber auch Chancen gehen für Banken mit EU-
Regulatorik wie der Financial-Data-Access-Verordnung (FiDA) oder der
Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) einher? Welche Bedeutung
hat Bargeld in einer zunehmend digitalen Welt? Fragen wie diese
diskutierten am Panel Petia Niederländer, Direktorin der
Hauptabteilung Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung,
Oesterreichische Nationalbank, Matthias Dekan, Head of Payments and
Daily Banking, Raiffeisen Bank International, Andrea Meier, Head of
Solutionsmanagement & Transaction Management der DZ Bank und Board
Member der Euro Banking Association, sowie Georg Hauer, ehemaliger
General Manager bei N26 Group sowie Advisor und Fintech-Venture-
Experte. Moderiert wurde das Gespräch von Gundula Geiginger, Puls4.
„Technologische Innovationen und sich kontinuierlich ändernde
regulatorische Rahmenbedingungen stellen die Akteure im
internationalen Zahlungsverkehr vor neue Herausforderungen. Dieses
komplexe und nicht zuletzt topaktuelle Thema wollten wir näher
beleuchten. Umso mehr freuen wir uns, dass das Resultat eine so
intensive und spannende Diskussion war“, sagte Stephan Heckenthaler,
Initiator des Events und Partner im Banking & Finance Team bei Binder
Grösswang.
Ein zentraler Punkt der Panel-Diskussion war die Rolle eines
potenziell wegweisenden Akteurs im Zahlungsverkehr: des digitalen
Euros. Die vielfach negative Sicht auf das geplante zusätzliche
digitale Zahlungsmittel konnte Petia Niederländer, Direktorin der
Hauptabteilung Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung,
Oesterreichische Nationalbank, nicht nachvollziehen, denn die
Vorteile lägen auf der Hand: Neben der Tatsache, dass der digitale
Euro ein wichtiger Stabilitätsanker wäre und die strategische
Autonomie und Resilienz des Euroraums stärken würde, soll dieser das
gesetzliche Zahlungsmittel für den digitalen Raum sicherstellen.
„Heute trifft man, wenn man EU-weit bezahlen möchte, noch auf
Einschränkungen. Das ändert sich durch den digitalen Euro: Alle EU-
Bürger*innen könnten damit überall im digitalen Euroraum
bargeldähnlich und unkompliziert bezahlen.“ Weiters würde der
digitale Euro den Euroraum-Zahlungsverkehr von außereuropäischen
Zahlungsanbietern unabhängig machen und deren marktbeherrschender
Stellung entgegenwirken. Wichtig war Niederländer auch zu betonen,
dass der digitale Euro, ausgegeben von der Zentralbank, kein Ersatz,
sondern eine Ergänzung zum Bargeld sei. Derzeit ziele man in
Österreich bei der Aufklärung zu diesem Thema eher auf digitalaffine
Bevölkerungsgruppen ab, kurz vor der Einführung werde man dann sehr
breit und gezielt informieren.
Auf die künftige Rolle der europäischen Notenbanken angesprochen,
sieht Niederländer für diese eine aktivere als bisher; man müsse
lernen, schneller und aktiver zusammenzuarbeiten. „Eine gleichzeitige
Interaktion mit Konsument*innen, Händlern und Banken - wie es eben z.
B. der digitale Euro notwendig macht - ist neu für uns. Aber ich bin
zuversichtlich, dass wir hierbei erfolgreich sein werden“, schloss
Petia Niederländer.
Bezahlmöglichkeiten intelligenter machen und zugleich einfach
halten
Dass ein Zahlungsmittel wie der digitale Euro auch immer im Kontext
des dahinterstehenden Ökosystems gesehen werden müsse, betonte
Matthias Dekan, Head of Payments and Daily Banking, Raiffeisen Bank
International. „Der Erfolg einer digitalen Währung - egal ob
digitaler Euro oder z. B. Wero - hängt maßgeblich davon ab, ob die
meisten Teilnehmer*innen in dieser Wertschöpfungskette das auch
unterstützen.“ Derzeit gebe es schon sehr viele Alternativen zum
digitalen Euro, dessen Mehrwert werde dadurch geschmälert; gerade der
Mehrwert sei aber bei einem Projekt wie diesem ausschlaggebend.
Generell aber „werden, sollen und müssen digitale Währungen künftig
eine wichtige Rolle spielen“, bekräftigte Dekan.
In puncto Krypto-Währungen erwartet Matthias Dekan in den
nächsten zehn Jahren keine signifikanten Veränderungen. Für die
meisten Menschen seien diese eine Anlageklasse, nur in gewissen
Bereichen hätten sie sich als Zahlungsmittel etabliert, für die
breite Masse sei dies aber nicht der Fall.
Gefragt nach seiner Einschätzung für die Zukunft, sieht Dekan
Banken vor gleich mehrere große Herausforderungen gestellt: Es gelte,
Bezahlmöglichkeiten einfach zu halten und Kund*innen nicht in die
Situation zu bringen, sich ständig zwischen unterschiedlichen
Bezahlmöglichkeiten entscheiden zu müssen. Weiters müssten
Bezahlmöglichkeiten intelligenter gemacht werden. „Und zugleich
müssen wir versuchen, die Komplexität, die wir bei unseren Kund*innen
haben, zu vereinfachen. Das heißt auch, dass wir uns aktiv Gedanken
dazu machen, wie wir das vereinen können“, resümiert Matthias Dekan.
Ja zum digitalen Euro, aber mehr Augenmerk auf die Art der
Einführung legen
Die Notwendigkeit des digitalen Euro sei unbestritten, da er die
geldpolitische Souveränität Europas unterstützen würde, betonte auch
Andrea Meier, Head of Solutionsmanagement & Transaction Management
der DZ Bank und Board Member der Euro Banking Association. Aber: Man
müsse sehr wohl hinterfragen, wie ein digitaler Euro ausgestaltet
werde und welche Rolle die Banken künftig noch einnehmen würden.
Unklar sei auch, welche Bedeutung die Infrastrukturen, Systeme und
Lösungen, die schon aufgebaut worden seien, in einem Markt mit dem
digitalen Euro hätten. Wolle man in Europa von internationalen
Systemen wirklich unabhängig werden, so müsse man gemeinsam
durchdenken, wo und wie man die bestehenden privatwirtschaftlichen
Lösungen sinnvoll nutzen könne. „Wir wünschen uns mehr Kooperation
auf Augenhöhe, um in diesem Bereich gemeinsam wachsen zu können“, so
Meier.
Beim Thema Regulatorik schlagen zwei Herzen in Meiers Brust:
Einerseits erlaube diese - wie z. B. FiDA - den Banken, mit den Daten
ihrer Kund*innen theoretisch in deren Lebenswelt weiter aktiv zu sein
und Geschäftsmodelle dafür zu entwickeln. Andererseits gebe es keinen
Freiraum mehr, diese Geschäftsmodelle zu entwickeln. „Schon das
Berücksichtigen der Minimum-Anforderungen der Regulatorik raubt uns
so viel Kraft, dass wir gar nicht mehr zur Verbesserung der Kund*
innenschnittstelle gelangen“, führte Meier aus. Blicke sie in die
Zukunft, dann gehe es bankenseitig vor allem darum, die in den
letzten Jahren geschaffene Basis zu nutzen, um Lösungen für die Kund*
innen aus- und aufzubauen. Man müsse jetzt zeigen, wie leistungsfähig
Banken seien, so Andrea Meier abschließend.
Digitalisierung in der Bankenwelt hat gerade erst begonnen
Als ein Befürworter des digitalen Euros zeigte sich Georg Hauer,
ehemaliger General Manager bei N26 Group und heute Advisor und
Fintech-Venture-Experte, auch wenn dies angesichts seiner beruflichen
Tätigkeit vielleicht überrasche. Kritik sei aber dennoch angebracht,
schloss sich Hauer den Aussagen Andrea Meiers an: Die EZB habe es
bisher verabsäumt, privatwirtschaftliche Player an Bord zu nehmen, um
gemeinsam Use Cases zu entwickeln. Dies müsse nun dringend passieren,
dann gelte es, sich klare Ziele zu setzen und erst dann den digitalen
Euro aufzubauen. Eine offizielle KPI zur Nutzer*innenzahl sei zudem
nicht nur einzuführen, sondern sie müsse zur zentralen Messlatte für
den Erfolg des Projekts werden. Die EZB, als eine Art Infrastruktur-
Errichter, müsse dann jene Plattform sein, die diese Use Cases
ermöglicht, so Hauer. Nur so könnten, sobald der digitale Euro
eingeführt sei, bereits von Tag eins an Hunderte Use Cases
europäischer Player live gehen.
Beim Thema EU-Regulatorik stellte Hauer folgende Hypothese auf:
Er gehe davon aus, dass in 15 bis 20 Jahren ein Großteil der Assets
tokenisiert gehalten werde. Die MiCAR ermögliche das und sei
eigentlich eine Art Prototyp für Digital-Asset-Regulierung weltweit.
„Ich würde MiCAR als richtig gute Regulatorik bezeichnen. Es wurde
Pionierarbeit geleistet, diese Verordnung ermöglicht komplett neue
Geschäftsmodelle“, so Hauer. Auch der Fintech-Venture-Experte warf am
Ende der Diskussion einen Blick in die Zukunft: Die echte
Digitalisierung der Bankenwelt habe erst begonnen, derzeit sei diese
gerade einmal zu zehn Prozent abgeschlossen. „Wir erleben jetzt eine
extrem spannende Zeit im Banking. Die nächsten 20 Jahre werden das
Bankwesen in einem Ausmaß verändern, das wir uns heute noch gar nicht
richtig vorstellen können.“
Seinen Ausklang fand das Event der Veranstaltungsreihe Binder
Grösswang impulse - zu dem sich zahlreiche Gäste in der Conference
Area der Kanzlei eingefunden hatten - bei einem entspannten Get-
together mit vertiefenden Gesprächen zu den Erkenntnissen aus der
Podiumsdiskussion.
Über Binder Grösswang
Binder Grösswang berät seit mehr als 60 Jahren als eine der führenden
österreichischen Wirtschaftskanzleien mit stark internationaler
Ausrichtung zu allen Fragen des Wirtschaftsrechts. Binder Grösswang
beschäftigt an den Standorten in Wien und Innsbruck über 190
Mitarbeiter*innen. Die Kanzlei betreut namhafte nationale wie auch
internationale Unternehmen aller Branchen.
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at
Börsepeople im Podcast S16/03: Thomas Soltau
Aktien auf dem Radar:Pierer Mobility, voestalpine, Warimpex, Addiko Bank, Immofinanz, CA Immo, Andritz, AT&S, Zumtobel, OMV, Amag, Linz Textil Holding, Wolford, Oberbank AG Stamm, DO&CO, Agrana, Erste Group, EVN, Flughafen Wien, Palfinger, Österreichische Post, S Immo, Telekom Austria, Uniqa, VIG, Bayer, DAIMLER TRUCK HLD..., Deutsche Telekom, Münchener Rück, Henkel, Infineon.
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