16.12.2024, 7514 Zeichen
Wien (OTS) - Österreich ist ein Hochsteuerland. Dennoch werden neue
bzw. höhere
Steuern auf Nahrungs- und Genussmittel zur Budgetkonsolidierung
diskutiert. „Steuern auf Zucker, Alkohol oder Tabak würden Nahrungs-
und Genussmittel wieder verteuern. Gerade über die Teuerung machen
sich die Menschen anhaltend große Sorgen. Sie war das stärkste
Wahlmotiv bei den heurigen Wahlen. Wir fragen uns, wer weitere
Preissteigerungen bei Lebensmitteln verantworten möchte. Das kann
doch jetzt niemand ernsthaft wollen - die Industrie jedenfalls
nicht!“ appelliert Mag. Katharina Koßdorff , Geschäftsführerin des
Fachverbands der Lebensmittelindustrie, an die Verhandlerinnen und
Verhandler für eine neue Bundesregierung.
Neue Steuern lassen Preise für Nahrungs- und Genussmittel wieder
steigen - das trifft gerade einkommensschwächere Personen und
Familien besonders hart
Neue Verbrauchssteuern heizen die Inflation wieder an und machen
Nahrungs- und Genussmittel erneut teurer. Hohe Preise bei diesen
Produkten treffen gerade einkommensschwächere Personen und Familien
besonders hart. „In den letzten zwei Jahren hatten wir eine steigende
Lebensmittelinflation unter anderem aufgrund der hohen Energiepreise.
Diese lag 2022 bzw. 2023 bei Lebensmitteln und alkoholfreien
Erfrischungsgetränken bei +10,7 % bzw. +11,0 %. Kommt etwa eine
Zuckersteuer auf alkoholfreie Erfrischungsgetränke wie in
Großbritannien, rechnen wir mit einer Verteuerung dieser Getränke im
zweistelligen Prozentbereich (Beispiel: Verteuerung 1 Liter Cola-
Getränk bei einem Verkaufspreis im Lebensmittelhandel von 1,89 Ꞓ bzw.
1,49 Ꞓ - Aktionspreis, November 2024 - je nach Zuckergehalt zwischen
+14,0 % und +23,4 %). Hinzu kommt: Ab 1.1.2025 ist beim Einkauf auch
das neue Einwegpfand auf Kunststoffflaschen und Dosen in Höhe von 25
Cent auszulegen.
Was viele nicht wissen: Genussmittel wie Alkohol oder Tabak sind
bereits heute mit hohen Steuern belastet. So beträgt etwa der gesamte
Steueranteil am Verkaufspreis von Zigaretten (inkl. MwSt) satte 76
Prozent! Eine Erhöhung dieser Steuersätze ist bereits im aktuellen
Tabaksteuerplan bis 2026 mit jährlichen Mehreinnahmen iHv 25 - 40
Mio. Ꞓ eingepreist. „Eine weitere Erhöhung bei Zigaretten lehnen wir
daher ab“, so Koßdorff.
Branche kämpft mit wirtschaftlicher Stagnation und geschwächter
Wettbewerbsfähigkeit
Neue und höhere Steuern heizen nicht nur die Inflation wieder an,
sondern treffen auch die Lebensmittelunternehmer. Die heimische
Nahrungs- und Genussmittelindustrie steckt aufgrund der Teuerung und
des anhaltend hohen Kostendrucks derzeit in einer wirtschaftlichen
Stagnation. „Wir verlieren an preislicher Wettbewerbsfähigkeit - im
Inland und im Export. Neue Steuern würden die Wettbewerbslage unsere
Betriebe und die Produktion in Österreich weiter schwächen. Da hängen
viele Jobs dran“ , warnt Koßdorff. Eine Reihe von Unternehmen
investieren bereits im Ausland, weil Arbeit und Energie hierzulande
ungleich mehr kosten. Hinzu kommen die steigenden Aufwendungen für
die vielen neuen Regulierungen - von der
Nachhaltigkeitsberichterstattung über das Lieferkettengesetz und die
Entwaldungsverordnung bis zum Einweg-Pfandsystem ab 2025.
Einnahmen für den Fiskus sind gering und nicht nachhaltig
Erfahrungen mit ähnlichen Steuermodellen in anderen Ländern
zeigen: Durch Änderungen der Produktbeschaffenheit sowie
Ausweichkäufe der Konsumentinnen und Konsumenten etwa über der Grenze
oder auf niedriger bzw. nicht besteuerte Produkte entgehen dem Fiskus
beträchtliche Steuereinnahmen. In Großbritannien etwa waren die mit
der Softdrinksteuer erzielten Einnahmen in den ersten drei Jahren um
29 % niedriger als geplant (GBP 355 Mio. vs. erwartete
Durchschnittseinnahmen von GBP 492 Mio). In Dänemark hat eine
Fettsteuer zu einer erheblichen Zunahme der Einkäufe der Dänen in
Deutschland geführt und den Wirtschaftsstandort derart geschädigt,
dass sie rasch wieder abgeschafft wurde. In Belgien fährt lt.
Österreichischem AußenwirtschaftsCenter Brüssel jeder achte Belgier
wegen der belgischen Zuckersteuer auf Softdrinks einmal pro Monat zum
Getränkeeinkauf über die Grenze. Dem belgischen Einzelhandel entgehen
dadurch rund 370 Mio. Ꞓ. Auch bei Tabakwaren und alkoholischen
Getränken ist der Einkaufstourismus von Österreich in Nachbarländern
mit niedrigeren Steuersätzen ein bekanntes Phänomen. Neue oder höhere
Steuern in Österreich würden diesen weiter anheizen und die
heimischen Steuereinnahmen deutlich schmälern. Fazit: Überall lässt
sich beobachten, dass die erwarteten Einnahmen aus den Steuern unter
den Erwartungen blieben. Gleichzeitig schadeten diese Steuern aber
der gesamten Agrar- und Lebensmittelkette - von den Landwirtinnen und
Landwirten über die Verarbeiter bis zu den Händlern.
In Österreich sichert etwa die heimische Zucker- und
Alkoholwirtschaft den heimischen Landwirten die Abnahme ihrer Ernte
und schafft Jobs in den betroffenen Regionen. Zudem gewährleistet die
Zuckerwirtschaft, dass sich Österreich noch zu 100 % selbst mit
Zucker versorgen kann. Das ist nicht selbstverständlich, denn der
Selbstversorgungsgrad Österreichs mit Agrarrohwaren ist niedrig -
neben Zucker, Milch und Rindfleisch kann sich Österreich mit keinem
weiteren Agrarrohstoff selbst versorgen und ist laufend auf Importe
aus dem Ausland angewiesen ( Agrarrohstoffe: Vieles muss importiert
werden ).
Gesundheitliche Lenkungsziele werden nicht erfüllt - Beispiel:
Zuckersteuer auf Softdrinks
Für einen gesundheitlichen Lenkungseffekt einer Zuckersteuer bei
Softdrinks gibt es keine belastbaren Belege ( 3 x 3 Argumente gegen
eine Zuckersteuer bei Softdrinks ). Im Gegenteil: In allen Ländern
mit Zuckersteuer (darunter Mexiko, Chile, Frankreich, Großbritannien)
sind die Übergewichts- und Adipositasraten weiter angestiegen.
Gängige Studien stützen sich auf marginal berechnete
Kalorienreduktionen: So spart die Softdrinksteuer in Mexiko nur 6
Kalorien täglich ein - das entspricht einem kleinen Bissen Apfel; in
Großbritannien sind es 12 Kalorien bei Kindern und 20,8 Kalorien bei
Erwachsenen pro Tag, das sind 1 % der empfohlenen täglichen
Gesamtenergieaufnahme ( SIPCAN-Im Fokus: Die britische Zuckersteuer ,
S. 11; ernährung heute 4_2024 _ERNÄHRUNGSPOLITIK).
Koßdorff bringt es auf den Punkt: „Diese Steuern bringen in
keiner Hinsicht Vorteile. Weder sanieren sie das Budget noch machen
sie die Menschen schlanker und gesünder. Nachhaltige Lenkungseffekte
in gesundheitlicher Hinsicht lassen sich nur durch eine konsequente
Ernährungsbildung hin zu einem gesunden Lebensstil mit einer
ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung erzielen - und diese
ist bei uns längst überfällig“ , so Koßdorff. Und weiter: „Statt
neuer Steuern brauchen unsere Hersteller von Lebensmitteln
wachstumsfördernde Initiativen und mehr Wettbewerbsfähigkeit, etwa
durch weniger Bürokratie.“
Weitere Details finden Sie unter:
- Position zur Zuckersteuer
- Position zur Alkoholsteuer
- Fakten zu Zucker auf „Österreich isst informiert“
- 9 Forderungen der Lebensmittelindustrie an die neue Bundesregierung
Stellenwert der Lebensmittelindustrie in Österreich
Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Branchen
Österreichs. Sie sichert im Interesse der Konsumentinnen und
Konsumenten tagtäglich die Versorgung mit sicheren, qualitativen und
leistbaren Lebensmitteln. Die rund 200 Unternehmen mit ihren 27.000
direkt Beschäftigten erwirtschaften 2023 ein Produktionsvolumen von
12 Mrd. Euro. Rund 10 Mrd. Euro davon werden im Export in über 180
Länder abgesetzt. Der Fachverband unterstützt seine Mitglieder durch
Information, Beratung und internationale Vernetzung.
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Aktien auf dem Radar:UBM, Porr, Warimpex, Immofinanz, Addiko Bank, CA Immo, Erste Group, Rosgix, Uniqa, Verbund, Andritz, OMV, Polytec Group, Palfinger, Frequentis, Kostad, Marinomed Biotech, VAS AG, Wienerberger, SW Umwelttechnik, Kapsch TrafficCom, Agrana, Amag, EVN, Flughafen Wien, Österreichische Post, Telekom Austria, VIG, Münchener Rück, Volkswagen Vz., Porsche Automobil Holding.
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