Niederösterreichs Versorger wird von den Anlegern geschätzt, weil man ein verlässlicher und trotzdem ruhiger Outperformer ist, der in der 32-Jahre-Sicht „doppelt so gut“ wie der ATX war.
Vorgeschichte der EVN, Rudolf Gruber. Die Entstehung der EVN ist untrennbar mit dem „Börsianer“ Rudolf Gruber verbunden. Der frühere Sensal an der Wiener Börse übernahm 1968 als erst 34-jähriger die krisengeplagten NÖ-Landesgesellschaften NEWAG und NIOGAS. In den 80er Jahren fusionierte er die beiden Unternehmen und schnitzte daraus die EVN AG, die größte Landesgesellschaft der österreichischen Energiewirtschaft. Schon vor der Börsenotiz war klar, dass es „nur“ um eine Teilprivatisierung gehen würde. Das Land Niederösterreich blieb bei einer 51%igen Beteiligung. Und Gruber lenkte die Geschicke der EVN letztendlich bis zum Jahreswechsel 2004/2005, also fast exakt die Hälfte der Börseära. Er wechselte danach in den Aufsichtsrat. Und zwar nicht nur in jenen der EVN, sondern ein Jahr später auch in jenen der Wiener Börse, in beiden hatte er den Vorsitz.
Die Vorgeschichte an der Börse, die guten 80er. Die EVN-Aktie kam also im Dezember 1989 (und dann noch 1990 in einem 2. Schritt). Es war natürlich eine Zeit, in der in Schilling gehandelt wurde. Es handelte sich zudem um eine Zeit, die man durchaus auch als erste heiße Phase an der Wiener Börse bezeichnen kann. Mitte der 80er gab es die legendäre Empfehlung durch Jim Rogers und extreme Kursausschläge nach oben. Die Wiener Börse war zu diesem Zeitpunkt die beste Börse der Welt, freilich tat der Crash 1987 dann auch hier sehr weh. Aber was solls. Die damaligen Handelszeiten in Wien liefen ja nur bis 13:30 Uhr (nicht nur am Crash-Tag, sondern immer), daher konnte man sich wieder gut erholen. Ich kann mich an diese Zeit noch gut erinnern, ich arbeitete in einer Bankfiliale und es zählte zu meinen täglichen Aufgaben, die Schlusskurs-Info auszudrucken und in die dafür vorgesehenen Plexiglas-Halter in der Auslage reinzufüllen. Denn Internet gab es damals ja noch nicht. Ich bin rückwirkend dankbar für diese Arbeit, die man halt dem Jüngsten gegeben hat. Ich begann schnell, die Kurse auswendig zu lernen und es war wohl der Beginn meines Wertpapier-Interesses. Und es war ja auch die Phase grosser IPOs: Man denke nur an OMV oder Verbund. Und eben zum Ende der 80er dann die EVN.
IPO mit Traumstart 1989. So wirklich „gerade noch in den 80ern“ kam die EVN, wenige Handelstage vor dem Ulitmo. Und sie hatte einen super Start, ging von 6700 Schilling (ja, damals gab es natürlich noch keinen Euro) innerhalb nur eines Quartals auf das Zwischenhoch von 10.800 Schilling. Und nein, das hab ich mir nicht aus dem „damals auswendig gelernten“ bis heute gemerkt, das habe ich aus einem alten Börsejahrbuch. Die EVN zählte zu dieser Zeit übrigens zu den absoluten Lieblingen eines gewissen Mike Lielacher, damals unumstrittener Star-Akteur an der Wiener Börse (das hab ich mir gemerkt). Was ich auch noch in Erinnerung habe und deswegen nachgeschlagen habe: Die EVN war 1990 der drittstärkste Wert nach Handelsvolumen, nur knapp hinter der ÖMV (ach ja, die schrieb man damals noch mit Ö) und der CA Vorzug, knapp vor Wienerberger und rund doppelt so stark wie der Verbund.
Autsch, 1990. Mitte 1990 kam dann ein Thema, das leider auch heute wieder aktuell ist: Eine Krise am Golf, so etwas haben die Börsen nie vertragen, im 1990er-Fall kosteste das etwa der Börse Tokio einen Kursverlust von 39 Prozent, Frankfurt 19 Prozent, Wien aber nur 1,8 Prozent. Auch die EVN wurde wieder „Return to Sender“ geschickt, von der Schilling-Fünfstelligkeit ging es wieder tief zurück in die Schilling-Vierstelligkeit. Anm.: Wer jetzt rechnen will, wie die Schilling-Vierstelligkeit mit dem aktuellen Kurs zusammenhängt, wird es schwer haben, es gab wie bei fast allen Austro-Aktien Split-Tätigkeiten, aber berücksichtigt man Splits und „aus dem Schilling wurde der Euro“, dann kommt man auf ca. 3,5 Euro damals in der IPO-Phase. Nun ein Blick auf die Charts auf der nächsten Seite: Da Bloomberg die Infos für die Austro-Aktien erst seit Mitte 1991 verfügbar hat, habe ich zusätzlich den textlich bereits erwähnten Starthöhenflug der EVN-Aktie hier aus dem alten Börsejahrbuch abfotografiert. Bottom Line war die Aktie nach dem 1. Ausflug aber bis Ende 1992 nur rund um den Ausgabepreis unterwegs.
Gründungsmitglied ATX. Aufgrund der hohen Bedeutung und der hohen Umsätze war die EVN-Aktie natürlich von Anfang an im 1991 gestarteten ATX enthalten. Das Gewicht, das sie in der Frühphase hatte, konnte in der Folge nie wieder erreicht werden, die Handelsumsätze gingen zurück. Das muss nicht immer ein schlechtes Zeichen sein, denn die EVN wurde rasch zu einer Aktie, die in sogenannte feste Hände wanderte. Damit meine ich nicht nur strategische Investoren sondern auch Privatanleger, die das ganze nach der beliebten Oma-Aktien-Taktik „Buy & Hold“ angegangen sind. Das ist gut für die Anleger, wenn die Aktie ein nachhaltiger Outperformer ist, denn wenn man davon überzeugt ist, kann man sich die Spesen für zwischenzeitliches Herumtraden mit sowieso unklarem Ausgang sparen. Das führte letztendlich so weit, dass die EVN zum ständigen Wackelkandidaten im ATX wurde, mal draussen, mal drinnen. Auch jetzt, Jahreswechsel 2019/20, ist sie gerade wieder draußen (mit Comebackchancen auf drinnen, dazu später).
EU-Beitritt. Ab nun agiere ich mit Hilfe der (hervorragenden) EVN-Website: 1995 trat Österreich der Europäischen Union bei. Der EU-Beitritt und die spätere EU-weite Öffnung des Strom- und Gasmarktes hatten weitreichende Folgen für die EVN, die neue Kooperationen einging und nach Südosteuropa expandierte. 1998 gründeten EVN und Wiener Stadtwerke ein gemeinsames Unternehmen, die EAA EnergieAllianz Austria, um den zuerst liberalisierten Großkundenmarkt zu bearbeiten. Seit Oktober 2001 ist der Strommarkt vollständig, d.h. auch für Privathaushalte, geöffnet, ein Jahr später wurde der Gasmarkt voll liberalisiert. Auf dem Erdgassektor bündelten OMV, EVN und weitere österreichische Unternehmen ihre Kräfte in der Econgas GmbH, die für die Erdgasimporte und die Großkundenbetreuung sorgt. Im Zuge eines weitreichenden „Legal Unbundling“, einer von der Regulierungsbehörde E-Control vorgeschriebenen selbständigen Führung der Strom- und Gasnetze, wurde 2006 die EVN Netz GmbH als 100%ige Tochter der EVN AG gegründet und 2013 in Netz Niederösterreich GmbH umbenannt. Die Umbenennung soll den diskriminierungsfreien Netzzugang unterstreichen.
Umwelt. Dem zunehmenden Konkurrenzdruck auf dem reifen Heimmarkt und den neuen Chancen in den südosteuropäischen Ländern begegnete die EVN mit einer strategischen Neuausrichtung. Zum Standbein Energieversorgung (Strom, Erdgas, Wärme) kommt verstärkt der Umweltbereich mit den Geschäftsfeldern Wasser/Abwasser in den Unternehmen EVN Wasser und WTE sowie thermische Müllbehandlung in der EVN Abfallverwertung Niederösterreich GmbH, der früheren AVN.
Expansion. Sowohl im Energie- als auch im Umweltbereich expandierte die EVN international. In Niederösterreich versorgt die EVN rund 800.000 Kunden mit Strom 280.000 Kunden mit Gas und 40.000 Kunden mit Wärme. In Bulgarien und Mazedonien hat die EVN rund 2,2 Millionen Stromkunden. 2008 unterzeichnete EVN im Rahmen von Joint Ventures zwei Konzessionsverträge für Wasserkraftwerke in Albanien. Das gemeinsam mit dem Projektpartner Verbund errichtete Wasserkraftwerk Ashta I (am Fluss Drin) ging 2012 in Betrieb. 2013 verkaufte die EVN ihren Anteil am zweiten albanischen Kraftwerksprojekt Devoll an die norwegische Statkraft. Auf dem österreichischen Heimmarkt legt die EVN besonderes Augenmerk auf den Ausbau erneuerbarer Energien und die dafür erforderlichen Optimierungen des Leitungsnetzes. Ein weiterer Investitionsschwerpunkt der letzten Jahre ist die Erweiterung, Sicherung und weitere Qualitätsverbesserung der Wasserversorgung durch die EVN Wasser.
Schlusswort CEO Stefan Szyszkowitz vor 2 Jahren: Im Aktionärsbrief konstatiert der CEO: „Sie können auf Stabilität und Kontinuität bauen. Nachhaltigkeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt“.
In Summe ist das ein Mix, der in der heutigen Investmentwelt bestens funktionert. Hat sich auch in den vergangenen zwei Jahren bestätigt.
Text: Christian Drastil Fotos: EVN Screenshots: Bloomberg
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