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Nachhaltigkeit am Finanzplatz Liechtenstein

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Liechtensteins Finanzplatz nimmt seit vielen Jahren für sich in Anspruch, nachhaltig zu handeln. Doch wo steht der Finanzplatz in Sachen Nachhaltigkeit? Was kann er leisten und was kann er nicht? Und wo steht der liechtensteinische Finanzplatz im internationalen Vergleich? Fragen, die Prinz Michael von und zu Liechtenstein beantwortet.

Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen in  unserer Gesellschaft. Bis zum Jahr 2030 sollen weltweit wichtige Schritte gesetzt sein. Was ­meinen Sie dazu? 

Prinz Michael: Ich denke, dass man erst einmal verstehen muss, woher der Begriff Nachhaltigkeit stammt. Ursprünglich wurde er im 18. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum in der Forstwirtschaft geprägt. Um eine größere Waldvernichtung vermeiden zu können, wurde Nachhaltigkeit damals zum Handlungsprinzip für die Waldbewirtschaftung erhoben. Es durften zum Beispiel nur so viele Bäume gefällt werden, wie auch nachwachsen konnten. Die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes sollte gesichert werden, damit diese Ressource auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt. Mittlerweile wird Nachhaltigkeit in einem viel weiteren Kontext gesehen. Unternehmen und die Wirtschaft an sich sind gefordert, mit den genutzten Ressourcen derart umzugehen, dass die Nachwelt nicht belastet wird. Dies gilt sowohl im ökologischen als auch im ökonomischen und sozialen Sinne. Darauf zielt auch die Agenda 2030 ab. 

Ist dieser globale Ansatz überhaupt realistisch?

Ein globales Nachhaltigkeitsbestreben ist so lange als positiv zu werten, solange es nicht einer realitätsfernen Utopie nacheifert. In den diversen Re­gionen dieser Welt herrschen unterschiedliche Gegebenheiten vor und es gibt wesentliche geografische, klimatische, kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Abweichungen, die es zu berücksichtigen gilt. Was beispielsweise für Europa funktioniert, funktioniert nicht automatisch auch für Südamerika. Man muss also achtgeben, dass das globale Nachhaltigkeitsstreben nicht in einer uniformen Bevormundung endet, die das Nachhaltigkeitsstreben wieder zunichtemacht.

In der von der UNO verabschiedeten Agenda 2030 werden 17 konkrete Nachhaltigkeitsziele angeführt, die weltweit für alle Staaten gelten sollen. Ist das ein wichtiger Schritt zu internationalen Standards? Wie beurteilen Sie dies als Verfechter einer liberalen Wirtschaft und Gesellschaft?

Die Politik sollte sich etwas wieder verstärkt ins Bewusstsein rufen: Nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft bauen auf die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung des Einzelnen. Die ­Geschichte zeigt, dass gerade jene Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme die größten Erfolge vorweisen konnten, die auf Selbstbestimmung und Eigenverantwortung bauten und kleinen Gebietskörperschaften, wie etwa den Gemeinden, den maximalen Handlungsspielraum einräumten. Der verlockende Anreiz, auf die Nachhaltigkeitsziele allgemein verpflichtende Standards und Auflagen folgen zu lassen, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Solange dabei regionale Besonderheiten berücksichtigt werden sowie dezentrale Selbstbestimmung und Eigenverantwortung ­bewahrt bleiben, spricht wenig dagegen. Unvernünftig aber wäre, wenn Standards und Auflagen darauf abzielten, eine zentrale Bürokratie zu fördern. Nachhaltigkeit muss individuell definiert und gelebt ­werden können, damit sie wirklich erfolgreich greifen kann.

Auch der WEF-Gründer Klaus Schwab spricht sich in seinem Buch «The Great Reset» dafür aus, insbesondere kapitalistisch geprägte Gesellschaften schrittweise in Richtung mehr Gerechtigkeit und Gleichheit zu transformieren. Ist das nicht realitätsfern? Brauchen wir nicht einen gewissen ­«Kapitalismus», um die angestrebte Nachhaltigkeit finanzieren zu können? Und wie kann nachhaltiges Handeln Gleichheit und Gerechtigkeit ­unterstützen?

Mit Blick auf Gleichheit und Gerechtigkeit herrscht ein großes Missverständnis vor. Nehmen wir folgendes Beispiel her: Drei Personen unterschiedlicher Körpergrößen sollen über einen zwei Meter hohen Zaun blicken können. Man stellt ihnen im Sinne von Gleichheit und Gerechtigkeit drei gleich hohe Podeste zur Verfügung. Die erste Person kann damit wunderbar über den Zaun blicken und hat den vollen Überblick. Die zweite Person muss auf Zehenspitzen stehen, damit sie über den Zaun blicken kann. Die dritte Person aber sieht noch immer nichts, weil die Podesthöhe in Anbetracht ihrer Körpergröße keinen Gewinn bringt. Ist das nun gerecht? Es macht einen großen Unterschied, ob man nach Gleichheit oder nach Chancengleichheit strebt! Chancengleichheit am vorgenannten Beispiel gäbe der kleinsten Person ein zusätzliches Podest, damit auch sie über den Zaun sehen kann. De facto verhindert Gleichheit Chancengleichheit und damit die individuelle Freiheit. Gerechtigkeit und Gleichheit waren die zündenden Schlagworte im Marxismus und Leninismus. Und mich erschreckt es schon etwas, wie viel Aufwind diese Schlagworte in der Gegenwart gewinnen. Auch bezweifle ich, dass ein «Great Reset» die Welt zum Besseren wenden wird. Im Gegenteil, die Vergemeinschaftung von Eigentum und Vermögen, wie es im «Great Reset» angedeutet wird, hätte fatale Folgen. Die Grundlage für eine aussichtsreiche Zukunft liegt darin, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Einzelnen zu stärken. Der Mensch agiert am effizientesten, wenn er frei und selbstbestimmt leben muss und auch die Verantwortung für Eigentum trägt. Die Sowjetunion oder auch die DDR haben gezeigt, wohin das Gegenteil führt. Deshalb würde ich auch nicht von «Kapitalismus» sprechen, sondern von «Eigentumsrechten».

Welche Rolle kommt dem Staat bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung zu? 

Ein Staat könnte mit gutem Beispiel vorangehen, indem er beispielsweise seine überdimensionierte Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft zurückfährt und sich wieder auf seine ursprünglichen Kernaufgaben besinnt. Dies beinhaltet, die Freiheit und Grundrechte der Bürger zu wahren, dezentrale Einheiten wie Gemeinden zu stärken und die innere und äußere Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Im Übrigen zählen auch Staatsbetriebe zu den Umweltsündern. Überlegen Sie einmal, wer an den größten Braunkohlekraftwerken beteiligt ist? Oder welche ökologische Bilanz beim Mauerfall im Jahr 1989 nicht überzeugt hatte, jene der BRD oder der DDR?

Ganz persönlich gefragt: Was heißt Nachhaltigkeit für Sie? Welchen Stellenwert hat sie in Ihrem ­privaten Bereich, wie beeinflusst sie Ihre Tätigkeit als Unternehmer? 

In meiner Familie spielte Nachhaltigkeit immer schon eine wesentliche Rolle. Schon meine ­Eltern achteten sehr darauf, Autos zu fahren, die mit ­wenig Benzin auskamen. Die Haltung hat mich bis ­heute geprägt. Zudem bin ich Teil einer Nachkriegsgeneration und in meiner Kindheit waren Produkte alles andere als im Überfluss vorhanden. Deshalb mussten wir sehr sorgsam mit allem umgehen und das tun wir auch heute noch. Als Kind erschreckte mich auch, wie schmutzig teilweise die Flüsse ­waren und wie wenig Augenmerk man in Europa auf deren Reinhaltung legte. Die Marktwirtschaft trug hier wesentlich dazu bei, dass die europäischen Flüsse heute weitgehend sauber sind. Im Weiteren hat unsere Familie Forstbesitz, den wir wirtschaftlich nutzen und sehr naturnah führen. Nachhaltigkeit als Handlungsprinzip ist für unsere Familie seit jeher eine Selbstverständlichkeit. 

S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein ist Präsident von Liechtenstein Finance. Weiters ist Prinz Michael geschäftsführender Präsident des Verwaltungsrates von ­Industrie- und Finanzkontor Etablissement, einem unabhängigen liechtensteinischen Treuhandunternehmen, Vorstandsmitglied der liechtensteinischen Treuhandkammer, Gründer und Verwaltungsrat der Geopolitical Intelligence Services AG, Mitglied des International ­Institute of Longevity sowie Präsident des liberalen Thinktanks ­European Center of Austrian Economics Foundation.

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Aus dem Börse Social Magazine #56
(August 2021)





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