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„Finanzmärkte ent­koppeln sich zunehmend von der Realwirtschaft“

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Während die drei größten Banken in Liechtenstein in der Vergangenheit selber Zukäufe im ­Ausland tätigten, zeigten in den letzten Jahren asiatische Akteure Interesse an kleineren ­Instituten, was teilweise in Übernahmen resultierte, sagt Mario Gassner, CEO der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, im Interview mit Börse Social Magazine.

Herr Gassner, insgesamt scheinen die Finanzplätze gut durch die Pandemie zu kommen. Wie sieht es mit dem Finanzplatz Liechtenstein aus?

Mario Gassner: Der liechtensteinische Finanzplatz verzeichnete im Jahr 2020 trotz besonderer Bedingungen gute Ergebnisse und bleibt auf Wachstumskurs. Die Kapitalisierung der Banken stieg beispielsweise weiter an und ist mit knapp 22 Prozent im EU-Vergleich deutlich überdurchschnittlich.
Der Finanzsektor war während der ­Covid-19-Pandemie voll funktionsfähig und leistete für die Realwirtschaft unentbehrliche Dienste – etwa im Zahlungsverkehr, in der Kreditvergabe oder in der Versicherung. Die systemischen Risiken werden trotz des starken makroökonomischen Schocks aufgrund der globalen Pandemie als relativ begrenzt beurteilt.
Insgesamt wird die wirtschaftliche Erholung hingegen Zeit brauchen, und sowohl das Niedrigzinsumfeld als auch ­geänderte geldpolitische Rahmenbedingungen und Strategien durch die wichtigsten Zentralbanken werden mit steigenden Herausforderungen für die Finanzinterme­diäre verbunden sein.

Welchen Einfluss hat das anhal­tende Tiefzinsumfeld für die liechtensteinischen Banken?

Finanzintermediäre sind vor dem Hintergrund der hohen Marktbewertungen und der anhaltenden Niedrigzinsen mit einem zunehmend schwierigen Umfeld konfrontiert. Niedrige Zinssätze und hohe Bewertungen an den ­Aktien- und Anleihenmärkten stellen ihre Profitabilität vor immer neue ­Herausforderungen.
Niedrige Zinssätze sind mit geringeren Zinsmargen und Kapitalerträgen verbunden, was für viele Marktteilnehmer mit einer geringeren Profitabilität einhergeht. Das Geschäftsmodell der Banken impliziert ­jedoch, dass der liechtensteinische Bankensektor deutlich weniger vom Niedrigzinsumfeld getroffen wird, als dies in anderen Ländern der Fall ist.
Der Grund ­dafür liegt darin, dass die Profita­bilität weniger von der Zinsmarge abhängt, weil das klassische Kreditgeschäft im Vergleich mit der Vermögensverwaltung eine eher ­untergeordnete Rolle spielt.

Obwohl der Banken- und auch der Versicherungssektor in Liechtenstein daher weniger anfällig gegenüber dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld ist, sind die jüngsten Entwicklungen dennoch mit zunehmenden Herausforderungen in Bezug auf die Profitabilität für die kommenden Jahre verbunden.

Welche Konsequenzen ­müssen die Kundinnen und Kunden ­diesbezüglich befürchten?

In Liechtenstein gingen die ­Banken bisher sehr vorsichtig damit um, die Negativzinsen an die Einleger respektive Kunden weiterzugeben. Mit den Entscheidungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Freibetrag der Banken zu erhöhen, hat sich der Druck auf die Profitabilität zuletzt eher abgeschwächt, weil die Banken ­weniger Negativzinsen an die SNB abführen müssen.

Die internationalen Finanzmärkte haben sich im vergangenen Jahr sehr volatil entwickelt. Nach einem massiven Einbruch im März 2020 haben ­viele Kurse neue Höchststände ­verzeichnet. Wie weit stellen die ­hohen Bewertungen ein Risiko für die Banken dar?

Auf globaler Ebene haben sich die Finanzmärkte zunehmend von den realwirtschaftlichen Entwicklungen entkoppelt. Ungeachtet der tiefen Rezession in der Realwirtschaft haben die Finanzmarktturbulenzen seit Mai 2020 nachgelassen, die impliziten Volatilitäten sind zurückgegangen und die Aktienmärkte haben sich kräftig erholt.
Die Risikoprämien an den Interbank- und Anleihenmärkten sind auf dem niedrigsten Stand seit Jahren, was insbesondere durch die zunehmende Überschuss­liquidität begünstigt wird. Die Verschlechterung der Kreditqualität an den Anleihen- und Kreditmärkten birgt aus heutiger Sicht erhebliche Risiken. Trotzdem sind auch in diesem Bereich in Liechtenstein keine starken Auswirkungen zu erwarten.

Die liechtensteinischen ­Banken verwalten vor allem ­Vermögen für ihre Kunden, Gewinne und Verluste aus diesen Anlagen treffen daher die Kundenportfolios und nicht die Banken, zumindest nicht direkt.
Zwar profitieren die Banken auch hierzulande von ­einem positiven Finanzmarkt­umfeld, die Effekte sind aber nur ­indirekter Natur. Auch die massive Finanzmarkt-Korrektur im letzten Frühjahr hatte daher auf die Gewinne oder die Kapitalisierung der Banken kaum Auswirkungen.

In den vergangenen zwölf Mona­ten kam es zu ­Übernahmen im Privatbanken-Sektor. Ist eine solche Entwicklung auch im Fürstentum respektive bei den liechtensteinischen Banken zu erwarten?

Der liechtensteinische Bankensektor wird insbesondere durch drei große Akteure – LGT Bank, Liechtensteinische Landesbank und VP Bank – geprägt. Diese Institute streben nach eigenen Angaben in Zukunft eine Wachstumsstrategie an, welche auch Übernahmen im Ausland beinhalten kann.
Eine Konsolidierung des Banken­sek­tors bei den anderen Akteuren ist jedoch nicht auszuschließen. Die Anzahl der bewilligten Banken in Liechtenstein ging von 17 Ende 2014 auf 13 Banken Ende 2020 ­zurück.

Braucht eine Privatbank in Liechtenstein eine bestimmte kritische Größe, um nachhaltig erfolgreich zu sein?

Aus der Literatur ist bekannt, dass sich eine Privatbank leichter tut, wenn sie eine gewisse kritische Größe erreicht hat. Von solchen Skaleneffekten – und auch von der damit verbundenen Bekanntheit und Reputation – profitieren in Liechtenstein insbesondere die drei größten Player im Bankensektor.
Bei mittelgroßen und kleinen Privatbanken kommt es auf das Geschäftsmodell an. Es gibt durchaus kleine Privatbanken, die sehr erfolgreiche Nischenplayer sind, und mit dieser Spezialisierung auch eine gesunde Profitabilität sicherstellen können.

Asiatische Konzerne und Finanzholdings bekunden seit einiger Zeit ein hohes Interesse an schweizerischen und liechtensteinischen Banken. Ist das Fürstentum offen für solche Akteure?

Die FMA prüft bei einem Wechsel in der Aktionärsstruktur den Hintergrund des Eigentümerwechsels und legt dabei höchste Maßstäbe bezüglich Geschäftsmodell, Fachkompetenz und Finanzkraft der Aktionäre respektive der zuständigen Organe gemäß gesetzlicher Vorschriften an.
Während die drei größten Banken in Liechtenstein in den vergangenen ­Jahren eher dadurch in Erscheinung traten, dass sie selber ­Zukäufe im Ausland ­tätigten, gab es in der jüngeren Vergangenheit bei kleineren ­Instituten Interesse von ­asiatischen Akteuren, was teilweise auch in Übernahmen ­resultierte.

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Aus dem Börse Social Magazine #53
(Mai 2021)





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