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ESG - Die gelebte Praxis zählt

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Die VBV hat sich schon sehr früh dem Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz verschrieben. VBV Generaldirektor und Vorsorgekassen CEO Andreas Zakostelsky hat noch viele Ideen, wie man mit einem ESG-Investmentansatz noch mehr Impulse setzen kann.

Die VBV Vorsorgekasse gibt es seit dem Jahr 2002. Das war kurz nach dem Platzen der New Economy-Blase. Damals hat kaum jemand an nachhaltige Investments gedacht. Die Verantwortlichen bei der VBV schon.  

Andreas Zakostelsky: Ja, damals wurde man noch ein wenig dafür belächelt. Heute ist das aber ganz anders. Aber grundsätzlich war die Überlegung im Jahr 2002, also im Gründungsjahr der Vorsorgekasse, Werte für unsere Kunden und für die gesamte Gesellschaft zu schaffen. Wir haben uns bewusst so positioniert, um zu zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen. Heute haben wir in Summe 3 Mio. Kunden bei der Vorsorgekasse und verwalten ein Volumen von mehr als 4 Mrd. Euro, da kann man mit kleinen Impulsen Großes bewirken und hohe Aufmerksamkeit erzielen. Mit unserer nachhaltigen Ausrichtung, sowohl in der unternehmerischen Praxis, also auch bei der Veranlagung, wollten wir uns bewusst ein Alleinstellungsmerkmal bewahren und diesbezüglich ein Leuchtturm-Unternehmen sein.

…diese Strategie hat ihnen bis heute bereits eine Menge Auszeichnungen und Gütesiegel eingebracht.

Ja, wir haben unter anderem den Klimaschutzpreis und den Staatspreis für Unternehmensqualität erhalten und wurden im Vorjahr bereits zum dritten Mal in Folge als beste Vorsorgekasse laut Verein für Konsumenteninformation ausgezeichnet. Auch unsere Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte haben bereits mehrere Auszeichnungen erhalten. Wir freuen uns sehr darüber, weil damit unsere Strategie und unsere Bemühungen honoriert werden. Speziell beim Staatspreis für Unternehmensqualität ist das Prüfungsverfahren ja sehr komplex, intensiv und gründlich. Da wird die gesamte Unternehmensstruktur, vom Management bis hin zum Informationsfluss mit den Mitarbeitern, unter die Lupe genommen und die Umsetzung des Qualitätsmanagements genau verfolgt.

Apropos unter die Lupe nehmen: Sie messen seit einigen Jahren den CO2-Fußabdruck ihrer nachhaltigen Aktivitäten und Veranlagungen. Wie liegen Sie?

Mit der Unterzeichnung des Montreal Carbon Pledge Abkommens im Jahr 2015 - wir waren übrigens damals die ersten Finanzdienstleister im deutschsprachigen Raum, die das Abkommen unterzeichnet haben - haben wir uns verpflichtet, den CO2-Fußabdruck unserer Aktieninvestments jährlich zu messen und zu veröffentlichen. Im abgelaufenen Jahr  konnten wir unseren CO2-Fußabdruck erneut deutlich verringern. So sanken die absoluten Emissionen um weitere 57.000 Tonnen. Das ist objektiv schon eine gute Entwicklung. Unser Ziel ist es, zumindest ein Drittel unter dem Wert des MSCI World zu liegen, das haben wir 2018 erreicht.

Das heißt, jedes Investment wird auf Herz und Nieren auf Nachhaltigkeitsaspekte geprüft.

Kann man so sagen. Unser Ethikbeirat, der aus acht angesehenen Experten besteht, evaluiert tatsächlich jedes geplante Investment und berät sich diesbezüglich. Die Meetings finden ungefähr einmal im Quartal statt. Es wird jedes Produkt vorgestellt, mit den Positiv- und den Ausschluss-Kriterien verglichen und die Ratings dahinter geprüft. Dann wird diskutiert, ob etwas gegen ein Investment spricht. Zusätzlich wird unser Portfolio auch einmal jährlich von dem externen Prüfer ÖGUT gecheckt. ÖGUT zeigt auf, wie sie ihr Rating begründen und wir schauen uns anschließend an, was man anpassen kann.

Es gibt bereits viele Nachhaltigkeits-Ratings und Gütesiegel. Kann man sich auf alle verlassen?

Großteils schon, aber ein gewisser Wildwuchs auf dem Gebiet ist bereits bemerkbar. Man muss schon wissen, welche Ratings und Gütesiegel glaubwürdig sind. Es wäre sicher vorteilhaft, wenn es auf dem Gebiet mehr Struktur gebe. Dann wäre die Kraft der Gütesiegel insgesamt stärker, weil die Menschen etwas damit verbinden. Wenn es unzählige davon gibt, verliert das eindeutig an Aussagekraft.

Kommen wir zu den nachhaltigen Veranlagungsprodukten. Ist das Thema ESG (Anm.: Environmental, Social and Corporate Governance) ihrer Meinung nach bereits ausreichend in der Finanzszene angekommen? 

Ich würde sagen, das Thema ist jetzt einmal angekommen, aber man könnte noch viel mehr Initiativen setzen und wird sie auch setzen müssen. Große Banken und Versicherungen haben das Thema aufgegriffen und können eine große Hebelwirkung erzielen. Wir als Branche, also österreichische Vorsorge- und Pensionskassen, haben in Summe Assets von 33 Mrd. Euro. Es tut sich etwas. Es muss aber noch viel weiter gehen.

Sie haben einen erkennbaren Teil der Assets in Österreich investiert. Wie liegt Österreich im internationalen Vergleich? Wie sind die Rahmenbedingungen?

Es gibt international und in Österreich immer mehr Produkte, die nachhaltig ausgerichtet sind. Es gibt sicher Länder, die vor uns sind, wir sind aber im guten Schnitt unterwegs. 

Aber gerade in Österreich ist uns ein Bereich besonders wichtig, nämlich die Investition in die Realwirtschaft, die sich sozialen Themenstellungen wie Infrastruktur, sozialen Immobilien, zB Alten- und Pflegeheime, Kindergärten oder auch Bildungseinrichtungen und Studentenheime bzw. auch Infrastruktur widmen. Da könnte man von den Rahmenbedingungen, sprich von den Investmentmöglichkeiten für Vorsorgekassen, einige Lockerungen in Österreich fordern. 

Wie ist hier der Status Quo bei den Rahmenbedingungen?

Mit 1. Jänner 2019 sind für Pensionskassen in einer EU-Richtlinie die starren quantitativen Grenzen aufgehoben worden. Bisher war es so, dass diese maximal 70 Prozent in Aktien investieren durften. Aufgrund der EU-Richtlinie sind diese quantitativen Regelungen aufgehoben worden, und es gibt jetzt keine Beschränkung mehr. Aber diese 70 Prozent-Quote war bisher nur eine theoretische, weil Pensionskassen in guten Aktienjahren höchstens 40 Prozent in Aktien investiert waren und in schwächeren Jahren zwischen 25 und 30 Prozent. Die EU-Regelung hat aber auch vorgesehen, dass sich jede Pensionskasse selbst Leitlinien definieren muss, diese bei der FMA einreichen und von der FMA approbieren lassen muss. Und die FMA prüft dann auch die Einhaltung. Der Aufwand für die Pensionskassen ist jetzt natürlich größer, aber es zahlt sich aus. Denn so sieht man ein unterschiedliches Verhalten in verschiedenen Marktlagen sowie ein unterschiedliches Risikomanagement.

Die Vorsorgekassen sind da wesentlich starrer aufgestellt, weil sie als Sonderkreditinstitute gelten und unter das Bankwesen-Gesetz fallen. Da gibt es eine überbordende Komplexität, da könnte man sicher eine gewisse Liberalisierung verlangen, um mehr in Impact Investing-Themen investieren zu können.

Sind Sie in die vorher genannten sozialen Einrichtungen wie Pflegeheime, Kindergärten etc. investiert?

Ja, wir sind in diese Bereiche investiert. Wir haben als Gruppe seit dem Jahr 2010 zB insgesamt 2000 Pflegeplätze geschaffen. Und auch der Bereich nachhaltige Immobilien ist uns wichtig. In diesem Jahr haben wir etwa in die Grazer  “Smart City” investiert. Das klima.aktiv-zertifizierte Projekt versteht sich als multifunktionales Wohn- und Geschäftszentrum. Es entstehen 252 Wohneinheiten und 4.600 m2 Büro- und Geschäftsflächen - insgesamt mit einer Fläche von 24.800 m2.  Das Projekt ist in Richtung ‚Zero Emission‘ geplant.

Das Thema Pflege liegt Ihnen besonders am Herzen. Sie haben auch eine konkrete Idee diesbezüglich, eine Art Pflegevorsorge.

Es müsste hier einmal die Grundsatzentscheidung gefällt werden, ob alles der Staat machen soll – also Gesundheit, Pensionen, Pflege – oder, ob es auch hier Ergänzungen geben soll. Der Grundstock unseres Modells wären die Vorsorgekassen, weil es die schon flächendeckend gibt. Es gibt eingespielte Inkassowege, die keine neue Verwaltungsbürokratie notwendig machen würden und somit Kosten gespart werden können. Die Grundidee ist, dass es seitens Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen gewissen Beitrag gibt, der bis zum Pensionsantritt veranlagt wird und dann als Pension, wenn keine Pflege in Anspruch genommen werden muss, oder als Pflegezuschuss im Falle eines Pflege-Bedarfs, verwendet werden kann. Durch die hohe Ansparzeit, könnte aus kleinen Beträgen hier Vieles zusammenkommen.

Ein für die heimischen Börsenotierten relevantes Thema ist der von der VBV erfundene VÖNIX (VBV Österreichischer Nachhaltigkeits-Index). In diesem Jahr haben Sie beim Wiener Börsepreis eine eigene VÖNIX-Kategorie eingeführt. Was waren die Beweggründe dafür?

Die Gründung des VÖNIX im Jahr 2005 ist aus dem Gedanken entstanden, möglichst viele Unternehmen auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Mittlerweile ist das Thema breiter geworden - aufgrund der klimatischen Veränderung, die wir ja alle wahrnehmen. Aber auch durch Persönlichkeiten wie Greta Thunberg. Es bedarf immer wieder starker Persönlichkeiten, die bei Themen vorangehen. 

Jedenfalls hört man bei Investoren oft die Frage, wieviel Performance eine nachhaltige Ausrichtung eines Unternehmens kostet? Ich sage dann immer “keine”, denn es bringt sogar einen Performance-Vorteil, wenn man nämlich die Risikokomponente mit betrachtet. Eine Investition in nicht nachhaltig wirtschaftende Unternehmen kann schon inkludieren, dass diese Firmen und ihre Produkte stärker geächtet werden. Da gibt es große Reputationsrisiken. Auch wenn man die Performance von ATX Prime und VÖNIX langfristig vergleicht, dann liegt der VÖNIX vorne.

Mit dem neuen VÖNIX-Preis wollen wir einfach noch mehr Aufmerksamkeit für das Thema schaffen. Eine Idee ist auch, den VÖNIX-Preis noch weiter zu attraktivieren und eine Kategorie einzuführen, die jenes Unternehmen vor den Vorhang holt, das sich im abgelaufenen Jahr am stärksten verbessert hat. Das wäre ein Ansporn für alle. Ist aber zunächst nur eine Idee.

Grundsätzlich kann man aber sagen, dass alle Unternehmen, die im VÖNIX gelistet sind, in einer guten Richtung unterwegs sind. Eine gelebte Unternehmenspraxis ist sehr wichtig.

Apropos Performance: Sind Negativzinsen ein großes Thema bei der VBV?

Ist sicher ein Thema, aber es gibt einen großen Bauchladen an festverzinslichen Wertpapieren, also sowohl Staatsanleihen aber auch Corporate Bonds. Ich finde ja, dass speziell Immobilien eine gute Ergänzung, quasi ein Substitut für den Staatsanleihen-Bereich, sind. Niedrige Zinsen sind zwar eine Herausforderung, es ist aber falsch zu glauben, dass man in der aktuellen Zinsphase, die wahrscheinlich noch eine Weile anhalten wird, in der kapitalgedeckten Vorsorge  in Zukunft kaum Rendite erwirtschaften wird können. Erstens: Was heißt Niedrigzinsphase? Das betrifft vorwiegend Staatsanleihen. Mit Corporate Bonds hat man bis 2018 aber durchaus Rendite erzielen können. Darüber hinaus gibt es nicht nur Staatsanleihen im Euroraum, es gibt schon auch Staatsanleihen in Ländern, wo man keine Niedrigzinsphase hat. In diesen Fällen muss man mit dem Risiko umgehen können. Im Großen und Ganzen spielt das Thema Streuung eine große Rolle. Diversifikation im Portfolio ist jedenfalls das Um und Auf, dann gibt es auch eine Rendite in der sogenannten Niedrigzinsphase.

Sie haben zuvor das Fridays for Future-Aushängeschlid Greta Thunberg erwähnt. Wie sehen Sie die Bewegung?

Extrem positiv und extrem wichtig. Ich war bei der ersten Fridays for Future-Veranstaltung am Wiener Heldenplatz mit dabei. 

Und abschließend: Ende September stehen Nationalrats-Wahlen in Österreich an. Ein Wunsch an die künftige Regierung?

Die neue Regierung sollte an Anreizsysteme denken. Eine Idee wäre zB eine steuerliche Begünstigung bei einem Investment in Finanz-Produkte, die gewisse ESG- oder Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Das könnte seitens der Politik sicher auf offene Ohren stoßen.

Text: Christine Petzwinkler   Fotos: Michaela Mejta

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