Und wieder einmal Neues an dieser Stelle zum Prospektrecht: Aufmerksame Leser dieser Kolumne werden sich erinnern, dass an dieser Stelle im März bereits die erforderliche Novelle des Kapitalmarktgesetzes (KMG) vor dem Hintergrund der mit der Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129) europaweit harmonisierten Prospektvorschriften andiskutiert wurde. In Kürze ist es nun soweit. Die neuen Prospektvorschriften werden vollumfänglich ab dem 21. Juli 2019 in allen Mitgliedstaaten der EU verbindlich anzuwenden sein. Zeit somit auch für eine finale Fassung des angepassten KMG.
Doch was erwartet Emittenten und Anleger ab 21. Juli? Wie sehen Prospekte künftig aus? Wer mit grundlegenden Änderungen eines Prospektdokuments rechnet, irrt. Der Prospekt bleibt, was er ist. Ein zentrales Informations-, Haftungs- und Enthaftungsdokument, je nach Betrachtungsweise: So dient er für Anleger in Wertpapiere und Veranlagungen als zentrales Informationsdokument im Fall eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren und/oder der Zulassung von Wertpapieren zu einem geregelten Markt. Feingeschliffen werden mit dem neuen Prospektregime vor allem die anwendbaren Mindestinhalte eines Prospekts, je nach Wertpapiertypus, der Umfang und die Gestaltung der Zusammenfassung sowie die Risikofaktoren. Gerade in den Kapiteln Zusammenfassung und Risikofaktoren sind die grundlegendsten Neuerungen beheimatet. Die Zusammenfassung soll kürzer, kompakter und fokussierter werden, um Anlegern tatsächlich auf wenigen Seiten einen kompakten, intensiven Überblick zu geben. Für Risikofaktoren sehen die neuen Regelungen vor, dass innerhalb bestimmter Gruppen von Risikofaktoren der Emittent die wesentlichsten Risiken vorreihen muss. Vorbei also bald die Zeit, in der in das Kapitel Risikofaktoren jegliche erdenkliche Risiken – teilweise ungefiltert übernommen aus Prospekten anderer Emittenten – in beliebiger Reihenfolge dargestellt werden. Von Emittenten wird künftig gefordert, reflektierter eine Reihung der Risiken vorzunehmen und im jeweiligen Risikofaktor sowohl in quantitativer als auch qualitativer Sicht zu erläutern, mit welchen Auswirkungen im Fall des Eintritts bestimmter Risiken auf den Emittenten zu rechnen sein wird. Gerade auf diese Punkte werden die Aufsichtsbehörden bei der Prospektprüfung jedenfalls ein strengeres Augenmerk legen.
Das Wesen des Prospekts als Haftungsdokument bleibt selbstverständlich ebenso erhalten. Insbesondere Emittenten (jedoch in bestimmten Fällen auch die Zulassung von Wertpapieren zu einem geregelten Markt mitbeantragende Banken) haften für aufgenommene Informationen im Prospekt, um die Informationsfunktion des Prospekts zu wahren. Wie auch bisher können fehlerhafte und unvollständige Prospektinformationen zu einem Prospekthaftungsanspruch eines geschädigten Anlegers führen. Verkannt wird hingegen oftmals die Enthaftungsfunktion, die mit einem Prospekt verbunden ist. Die Prospektinformation ist, neben der Regelpublizität und der Ad hoc-Publizität, das zentrale Instrument dafür, durch umfassende und zutreffende Information zu einer Enthaftung des Emittenten im Fall des Eintritts eines Schadens auf Anlegerseite zu führen. Je präziser, umfänglicher und verständlicher Prospekte abgefasst sind, desto stärker wird im Fall einer späteren zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Prospekt dessen Enthaftungsfunktion sein.
Zusammengefasst bleibt somit nicht „alles beim Alten“, wohl aber verändern sich nicht die Grundelemente des Prospektdokuments und dessen Aufgaben. Für Emittenten und Berater stehen jedoch spannende Monate ins Haus, in denen stark beobachtet werden wird, wie die verpflichtenden Neuerungen von den ersten Emittenten, die nach dem neuen Regime Prospekte billigen lassen, umgesetzt werden.
Mag. Christoph Moser, Rechtsanwalt/Partner, Weber & Co, E-Mail Adresse c.moser@weber.co.at
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