Mit einem mutigen Statement hatte sich heuer in Alpbach Willibald Cernko, Chief Risk Officer der Erste Group, zu Wort gemeldet. Start-ups kämen zwar in der Gründungsphase an die benötigten Finanzmittel, für das endgültige Durchstarten nach Überwindung der Anfangshürden fehle es jedoch am nötigen Risikokapital; dies, obwohl, so Cernko, eigentlich genügend Geld vorhanden wäre. Damit meinte er jene Milliarden, die in österreichischen Stiftungen gebunkert sind. Mangels steuerlicher Attraktivität „würden viele gerne raus aus den Stiftungen, aber das ist nicht leistbar. Man sollte vermögenden Leuten einen roten Teppich ausrollen“, wird Cernko in der PRESSE zitiert und bedauert die in Österreich vorherrschende Meinung dazu: „Man kann den Reichen doch keine Zuckerl geben“.
Eine “verwegene“ Aussage, das mit dem roten Teppich. Doch wer mit dem anlässlich solcher Sager üblichen Geheul in Politik, Medien und Bevölkerung gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Das reflexartige Wettern gegen die Reichen ist weitgehend ausgeblieben. Vielleicht lag das bloß an der sommerlichen Unaufmerksamkeit der Wächter unserer Sozialdemokratie.
Man darf Cernko nicht unterstellen, er wolle Erleichterungen für jene, die keine oder zu wenig Steuern gezahlt haben. Vorschläge dahingehend gab und gibt es immer wieder, wenn darüber diskutiert wird, wie die „armen Reichen“ ihr Geld aus den ausländischen Stiftungen, zB Liechtenstein, zurückholen können. Aber das haken wir ab. Seit der (für unseren Fiskus sehr angenehmen) Umsetzung des Abkommens von 2013 herrscht hier einigermaßen Ruhe.
KöSt und KESt. Wir reden von österreichischen Stiftungen, bei denen die Rückzahlung des Stiftungsvermögens erheblich Geld kostet. Im Grunde ist dies die 27,5prozentige KESt, Details und Abweichungen von der „normalen“ steuerlichen Linie seien an dieser Stelle einmal dahingestellt. Die freud- und fruchtlose Diskussion der Doppelbesteuerung, zuerst werden erwirtschaftete Erträge „verKöStet“, dann, bei der Ausschüttung, noch einmal „verKEStet“, wollen wir hier auch nicht aufwärmen. Wir reden über ein volkswirtschaftliches Thema. Das Geld in den Stiftungen, wir dürfen von einem hohen zweistelligen Milliardenbetrag ausgehen, liegt derzeit vielerorts brach und bringt kaum einen Nutzen für die österreichische Wirtschaft. Warum also nicht ein Modell andenken, bei dem es steuerlich Vorteile gibt, sofern die Mittel tatsächlich in die österreichische Wirtschaft fließen und dort für einen bestimmten Zeitraum gebunden sind?
Gedankenspiel. So radikal erscheint mir der Ansatz gar nicht. Wichtig wäre nur, auch allen anderen, also den nicht reichen Investoren (jenen ohne Stiftungen) entsprechende Zuckerln anzubieten. Das hieße, Kapitalerträge aus welcher Ecke auch immer steuerlich zu begünstigen, wenn sie im Rahmen eines noch auszutüftelnden Modells in unsere Wirtschaft gepumpt werden und dort eine definierte Zeit lang bleiben müssen. Wäre das nicht allemal besser, als Kapital zu „importieren“, beispielsweise aus China, und damit einen Ausverkauf unserer tollen Unternehmen zu riskieren?
Ein willkommener Nebeneffekt eines entsprechenden Modells wäre vielleicht, dass Österreich sich weiter von der Kredit-lastigen Finanzierungsstruktur der heimischen Unternehmen verabschiedet und den Weg für ein ausgewogen Kapitalmarkt-finanziertes System freimacht. Österreichs Privatwirtschaft ist gut aufgestellt. Und Geld verdienen kann man als Investor im Moment ohnehin fast nur mit Beteiligungen (Aktien) oder soliden Corporate Bonds (wo sind sie?).
Beobachter und Kenner der österreichischen Finanzwelt haben in Sachen KESt von der neuen Regierung einiges an Maßnahmen erwartet bzw. erhofft; beispielsweise die Rückkehr auf den 25-Prozent-Satz. Kurzfristig kosten die meisten solcher Maßnahmen Geld, das im Steuertopf fehlt. Die Frage ist allerdings, ob die österreichische Volkswirtschaft mittel- bis langfristig nicht von Steuererleichterungen profitiert. Und von unserer Regierung erwarten wir ja mittel- bis langfristige Planung.
zum Autor
Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.
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