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Finanzmarkt auf Sicht - Das Individualgeschäft wird zurückgedrängt

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Eine der Auswirkungen von MIFID II war bereits vor der Jahreswende deutlich spürbar: Heimische Groß-Banken drängen das Individualgeschäft, also den Handel mit Einzel-Aktien, zurück. Spezielle Beratung bieten sie in diesem Geschäftsfeld so gut wie nicht mehr an. Zu groß ist offenbar die Angst, in eine Haftung zu geraten, jetzt, da alles dokumentiert, protokolliert und aufgezeichnet werden muss. Die Institute setzen lieber auf ihre hauseigenen Vermögensverwaltungen und Fonds-Produkte. Da mutet Eduard Bergers Aussage in der Februar-Roadshow des BSN geradezu anachronistisch an, und zwar im positiv­sten Sinne: Kunden, die Aktien kaufen möchten, sind in der Wiener Privatbank willkommen. Das war früher mal eine Selbstverständlichkeit.

Schwierige Zeiten für die Kleinen. Eine direkte Konsequenz für den Markt wird wohl sein, dass Small- und Mid-Caps (wir nennen sie hier liebevoll die „Kleinen“, und das ist keineswegs respektlos gemeint) mehr und mehr in der Luft hängen. Die großen Player stehen in der Auslage. Für sie gibt es Research, sie sind in Fonds und Baskets, sie sind liquide, sie sind „zertifiziert“, also Underlyings für derivative Produkte. Die Kleinen dagegen geraten noch mehr in die Versenkung. Research ist bekanntlich aufwändig und teuer. Wer soll bei den Kleinen dafür zahlen? Andererseits geht ohne Research gar nichts. Wenig Analyse, wenige Nachrichten bedeuten logischerweise auch immer Unsicherheit. Und „unsichere“ Aktien kauft niemand.

Dilemma für Market Maker. Werden sich in diesem Szenario überhaupt noch Market Maker für die Kleinen finden? Schließlich hätten die ständig das Risiko, dass ein einzelner Marktteilnehmer „mehr“ zu einem dieser Titel weiß und ihn entsprechend pusht, in welche Richtung auch immer. Der „ahnungslose“ Market Maker ist in solchen Fällen stets der Dumme. Er läuft von vornherein hinterher. Nach unten findet er im schlimmsten Fall kaum Käufer, um aus seiner Position wieder heil rauszukommen; wenn geht, ohne „Kurzhaarschnitt“.

Für Fonds werden die „undurchsichtigen“ Kleinen kaum mehr eine Rolle spielen, es sei denn, es gäbe sogenannte Spezialsituationen. In den ETFs sind sie zwar ihrer Gewichtung entsprechend drin. Aktiv kümmert man sich dort jedoch noch weniger um sie. Denken wir an ein Crash-Szenario: Wer schaut auf Nebenwerte, wenn es bei den Großen kracht? Das ETF-Programm arbeitet Index-getriggert und schmeißt diese Titel „technisch“ raus, egal zu welchem Preis. Wo aber gibt es dafür jetzt Käufer? Die betroffenen Papiere unterliegen unvorhersehbaren Schwankungen und sind im schlimmsten Fall nur mit absurden Abschlägen handelbar. Der Market Maker muss Angst vor völlig irren Kursen haben. Warum sollte er sich das antun? Das Problem ist natürlich nicht neu. Es wird in der Zukunft nur weiter verschärft.

Geschäft mit den Kleinen? Aber sehen wir’s nicht so negativ. Liegt darin nicht auch eine Chance für an Nebenwerten interessierte Kunden? Ja, möglicherweise, aber woher sollen die kommen, wenn Banken keine Beratung für Einzeltitel mehr machen (dürfen)? Allenfalls finden sich hier und da ein paar besonders gewitzte Trader (ich will sie bewusst NICHT als Insider bezeichnen), die mit den Stiefkindern des Marktes „spielen“; natürlich nur so lange, bis die Aufsicht das unterbindet.

Nachdem das Träumen ja auch auf dem Kapitalmarkt nicht verboten ist, könnten wir eine andere Lösung ins Spiel bringen: einen Basket (oder gar Fonds?) für Nebenwerte, beispielsweise mit hoher Dividendenrendite. Standardisiertes, kostengünstiges Research (ist ja bei den Kleinen nicht ganz so komplex wie bei den Big Playern) und mittelfristige Ausrichtung; also keine Trading-Variante. Kauft das jemand? Oder reden wir da von einer Illusion? Wir werden sehen. Ösis und Piefke sind traditionell leider keine Aktienkäufer, sondern eher Sparbuch-Fans, selbst in Zeiten, in denen die Sparzinsen gegen Null gehen. Wer sich indes ernsthaft um die Wiederbelebung des Dritten Marktes bemühen möchte, der wird an diesem Thema nicht vorbeikommen. 

 

zum Autor

Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.

Kontakt: gerald.duerrschmid@boerse-social.com

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Aus dem Börse Social Magazine #14
(Februar 2018)





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