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Privatanleger unerwünscht

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Politiker und diverse Experten loben sich selbst wegen der Umsetzung von MiFID II, weil damit eine wesentliche Verbesserung des Anlegerschutzes gelungen sei. Die Realität bei den betroffenen Anlegern und Anbietern ist eine andere. Die Kunden werden von den Banken und Finanzdienstleistern vorgeladen, müssen eine Vielzahl von Papieren unterschreiben, die Gespräche werden aufgezeichnet. Es werden eine Fülle von teilweise sehr ins Detail gehenden Informationen abverlangt. Erfahrene Käufer von Wertpapieren werden durch die gesetzlichen Vorgaben wie Unmündige behandelt. Es ist so, wie wenn Verkehrsunfälle durch eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung für Private von 20 km/h und Verschärfungen bei einer regelmäßig abzulegenden umfassenden Führerscheinprüfung eingedämmt werden sollen. Das Ziel wird damit sicher erreicht, aber ist das sinnvoll?

Markt reagiert. Die Anbieter und der Markt haben bereits auf die neue Situation reagiert: die Angebote wurden drastisch reduziert, die Kosten bewegen sich nach oben und kompetente Informationen werden wegen behaupteter Haftungen und hoher Strafandrohungen weniger. Ja, es ist wesentlich einfacher und lukrativer, sich nur mit institu­tionellen Anlegern - allen voran Fonds - auseinanderzusetzen. Sie ordern hohe Volumina, entscheiden sich rasch und haben ausreichendes einschlägiges Basiswissen. Sie arbeiten nicht mit ihrem eigenen Geld, sondern zumeist mit dem Geld von privaten Anlegern, die keine wesentlichen Rechte haben und dankbar sein müssen, wenn sie Ausschüttungen erhalten bzw. Kurssteigerungen sich ergeben.

Beispiel gefällig? Die Aktien der Bawag wurden fast zur Gänze bei institutionellen Investoren platziert. Daher gab es keine Inserate, werbliche Aktivitäten bzw. Veranstaltungen für das Retail-Publikum, das allerdings ohnedies schwierig und unangenehm sein kann, wenn der Kurs nach Börseneinführung um einige Prozent nachgibt.

Prospekt wird gespart. Obwohl Wandelanleihen oder Hybridanleihen wie zuletzt bei Immofinanz, Buwog und UBM interessante Produkte für private Anleger sind, werden diese in letzter Zeit fast nur mehr bei spezialisierten Fonds platziert. Am einfachsten werden Anleger mit der hohen Stückelung von 100.000 Euro „ausgebremst“, weil dann kein aufwändiger, mühsam zu erstellender, kostenintensiver Kapitalmarktprospekt mehr notwendig ist. Auch Kapitalerhöhungen, wenn ein Bezugsrechtsausschluss gegeben ist, werden wie zuletzt bei der seit der Sanierung sehr erfolgreichen S & T mit einem deutlichen Abschlag vom Börsenkurs an  große „Player“ verkauft.

Aktien werden gemieden. Seit der Finanzkrise und den bitteren Erfahrungen mit  Meinl European Land, AvW, A-Tec, u. a. haben viele Menschen resigniert und meiden Veranlagungen in Aktien. Es wird mit Zähneknirschen das Geld auf das Sparbuch gelegt, obwohl seit Jahren ein Realverlust hingenommen werden muss - zur Freude der verschuldeten Staaten, Länder, Gemeinden und Unternehmen. Die einschlägige Berichterstattung wurde reduziert, die Teilnehmerzahlen auf den Hauptversammlungen sind zurückgegangen. Die Zunahme von unsachlichem „Shareholder Activism“, der durch Aktionen zulasten der gemeinsamen Gesellschaft, aber verstärkt durch schlechtes Benehmen wirtschaftliche Vorteile erzwingen will, ist für Gesellschaften ein immer wieder genanntes Motiv und Begründung, sich von der Börse zurückzuziehen.

In Wien ist diese Entwicklung unübersehbar: Der Kurszettel ist in den letzten Jahren durch Übernahmen, Delistings und Squeeze Outs geschrumpft. Die Börse reflektiert nicht die Erfolge der Realwirtschaft. Sich abkapselnde, erfolgreiche  Familienunternehmen und Ableger von internationalen Konzernen dominieren unsere Wirtschaft. Es gibt eine neue Regierung. Bisherige Aussagen sind sehr vage und gut klingende Überschriften. Auf konkrete Maßnahmen und Vorschläge müssen wir noch warten. Es kann eigentlich nur besser werden.

Es ist sinnlos, sich über mehr Billig-Touristen zu freuen, die vor allem Impulse für den Niedriglohnsektor Gastronomie und Reinigung bringen, wenn Wien bzw. Österreich als Standort für Unternehmenszentralen unattraktiv ist. In einigen Jahren - wenn es so weiter geht - wird die älteste europäische Börse geschlossen und die verbleibenden Werte werden als Anhängsel in München, Frankfurt, Amsterdam, Zürich und London gehandelt.

Autor: Wilhelm Rasinger

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(Februar 2018)





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