Ich stimme der Verwendung von Cookies zu. Auch wenn ich diese Website weiter nutze, gilt dies als Zustimmung.

Bitte lesen und akzeptieren Sie die Datenschutzinformation und Cookie-Informationen, damit Sie unser Angebot weiter nutzen können. Natürlich können Sie diese Einwilligung jederzeit widerrufen.






Katzenjammer nach der Wienwert-Insolvenz (Gerald Dürrschmid)

4378 Zeichen

Wienwert ist insolvent. Das ist weiß Gott keine gute Nachricht, nicht für die Anleger, die einen Schaden erleiden werden, und nicht für unseren Markt; schon gar nicht für das Corporate-Bond-Segment. Von 45 Millionen Euro an Verbindlichkeiten sollen allein 35 Millionen auf die etwa 900 Anleihegläubiger entfallen. Angestrebt wird ein Sanierungsverfahren, die Rede ist von 20- oder 30-Prozent-Quoten. 

So weit, so schlecht. Inzwischen schießen Schuldzuweisungen wie Pilze aus dem Boden, eine vertraute Begleiterscheinung von „Skandalen“ am Kapitalmarkt. Politiker betonen die SPÖ-Nähe der Wienwert, werfen der FMA Versagen vor und bemängeln, dass der ORF kürzlich noch Werbung von Wienwert gesendet hat. Die diversen Plattformen (Facebook und Co.) springen munter auf. Da wird das MEL-Desaster in Erinnerung gerufen, Auer von Welsbach, die Alpine-Anleihen und natürlich sind wieder die Banken schuld. Wienwert-Vorstandschef Gruze, so erfahren wir aus den sozialen Medien, habe bereits vier Unternehmens- und drei Privatinsolvenzen hinter sich. Nichts wird ausgelassen. Sogar ein Katalog mit Forderungen an den Gesetzgeber ist eilig hervorgeholt: unter „Verbesserung der Präven­tion“ werden „toxische Finanzprodukte“ mit Zigaretten verglichen.  

Rundumschlag. Sind diese Reaktionen angemessen? Ist es wirklich in Ordnung, die Äußerung von FMA-Chef Harald Ettl, das Risiko sei „für Kundige erkennbar gewesen“, als „zynische Themenverfehlung“ zu bezeichnen? Wienwert hat in Zeiten niedrigster Zinsen mit hohen Erträgen geworben. Das muss nicht zwangsläufig verdächtig sein, sollte aber aufhorchen lassen. Jedenfalls ist das ein Umstand, den man in seine Überlegung einbeziehen sollte, ehe man das Produkt kauft. Banken sind heute übervorsichtig in der Beratung. Seriöse Berater haben ihre Kunden vor der Veranlagung in Wienwert sicher gewarnt. Was kann man mehr tun? Was genau hätte die FMA tun sollen? Im Rahmen ihrer Möglichkeiten hat sie so gehandelt, wie es die Kapitalmarktregeln vorsehen bzw. zulassen. Das gilt auch für die sogenannte Prospektprüfung. Wienwert bzw. die Verantwortlichen der Unternehmensgruppe wurden zudem von der FMA für ihre unzulässige Werbung bestraft und dies wurde, ebenfalls gesetzeskonform, veröffentlicht. Das konnte man schon im Sommer vergangenen Jahres googeln. Bleibt der ORF. Sollen die Verantwortlichen dort künftig Bonitätsprüfungen durchführen, ehe sie einem Unternehmen die Werbung auf ihrem Sender erlauben?

Liberal und sozial. Das Muster ist bekannt. Solange alles paletti läuft, wollen wir ein möglichst liberales System, auch auf dem Kapitalmarkt. Hinfort mit dieser Flut von Gesetzen, wir sind ausreichend in der Lage, die Zusammenhänge zu beurteilen und uns selbst zu schützen. Dann passiert etwas und wir rufen nach mehr Regulierung und Aufsicht. Weg mit der Eigenverantwortung, der Staat muss uns schützen. Ein Gedanke kommt mir stets in solchen Situationen: Wenn es um Finanzprodukte geht, wimmelt es nur so von Regularien und Regulatoren. Wenn hingegen Leute ein Haus bauen, das sie sich nicht leisten können, wenn sie ein Auto leasen, das die Hälfte ihres Einkommens auffrisst, wenn sie bei Amazon und Co. so lange ihrem Bestellwahn nachgeben, bis sie in die Privatinsolvenz schlittern, dann ruft das allenfalls ein paar Konsumentenschützer auf den Plan, deren mahnende Stimme schnell verhallt.

Man wird genau prüfen müssen, was bei Wienwert wirklich passiert ist, ob die Pleite zu verhindern gewesen wäre, ob Verantwortliche ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Das wird passieren. Ich habe großes Vertrauen in unser Rechtssystem. Den geschädigten Anlegern wünschen wir selbstverständlich, dass sie so viel wie nur irgendwie möglich von ihrem Geld zurückkriegen. Aber lassen wir die Kirche im Dorf. Wir brauchen nicht noch ein paar Gesetze in Sachen Anlegerschutz. Selbst das beste kann niemanden von uns „absolut“ schützen. Wir müssen eigenverantwortlich handeln, bei der Amazon-Bestellung ebenso wie beim Veranlagen unserer Ersparnisse. 

 

zum autor

Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.

Kontakt: gerald.duerrschmid@boerse-social.com

Aus dem "Börse Social Magazine #13" - 1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro. Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4


Seiten und Bilder aus dem Magazine (Navigieren mit Klick oder den Cursor-Tasten, Wischen am Smartphone)
BSM #13

Sample page 1 for "BSM #13"


Random Partner

Novomatic
Der Novomatic AG-Konzern ist als Produzent und Betreiber einer der größten Gaming-Technologiekonzerne der Welt und beschäftigt mehr als 21.000 Mitarbeiter. Der Konzern verfügt über Standorte in mehr als 45 Ländern und exportiert innovatives Glücksspielequipment, Systemlösungen, Lotteriesystemlösungen und Dienstleistungen in mehr als 90 Staaten.


>> Besuchen Sie 68 weitere Partner auf boerse-social.com/partner







Aus dem Börse Social Magazine #13
(Jänner 2018)





Börse Social Magazine Abo

1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro.
Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4 gesamt. Das Abo endet nach Ablauf automatisch.
by the way: Die Heftrücken aneinandergereiht werden im Bücherregal den ATX TR-Chart ergeben, der rote Balken ist stets der Stand vom Monatsultimo.
>> Abo bestellen


Prime Content Magazine