boersenradio.at: In unserem letzten Gespräch – das war zu den Quartalszahlen im August – hatte ich Sie gefragt, warum denn die Zahlen bei den Aktionären nicht so gut ankamen. Das war eigentlich meckern auf hohem Niveau, muss man sagen. Die Aktie, die ist in diesem Jahr schon mehr als 30 Prozent gestiegen, allein in den vergangenen Wochen kam nochmal 20 Prozent dazu. Diesmal muss ich die Frage sozusagen andersrum stellen: Woher kommt denn der Schwung?
Scheuch: Also ich glaube, dass das natürlich das auf internationale Entwicklungen zurück zu führen ist. Es ist immer entscheidend, vor allem bei einer Aktie wie die Wienerberger, was Anglo-Amerikaner machen, ja. Und von uns aus gesehen haben natürlich die Amerikaner einen großen Anteil an der Wiener Börse und wenn die die Aktie als positiv bewerten oder als positiv sehen und reingehen, kommt natürlich durchaus ein starker Schwung zustande.
Und das sind nicht nur irgendwelche Amerikaner, sondern auch die großen Finanzinvestoren, hab‘ ich gesehen. Der Finanzinvestor Fidelity beispielsweise 8,74 Prozent, damit ist er bei Ihnen eingestiegen. Was ist das für ein Signal für Sie?
Ein sehr positives. Natürlich sind das alles Aktionäre, die wir regelmäßig sehen über das Jahr verteilt, die natürlich unsere Strategie kennen, die unsere Entwicklung sehr detailliert verfolgen. Und da fühlt man sich als Management schon sehr bestätigt, wenn diese großen, sehr, sehr guten Aktionäre und langfristig orientiert sich im Unternehmen engagieren.
Haben die denn andere Vorstellungen als heimische Investoren wie die Zukunft aussehen soll?
Ich glaube nicht. Sie sind da professioneller unterwegs. Sie sind internationaler, schauen sich gewisse Regionen an, zum Beispiel Zentral-Ost-Europa. Hier die positive wirtschaftliche Entwicklung, auch der Wohnbau, die Infrastruktur und sehen dann ein Unternehmen Wienerberger als ein sicheres und interessantes Investitionspotenzial und gehen dann auch rein.
Es gibt sowieso Themen, die gefallen jedem Aktionär, zum Beispiel wenn Preise und Margen erhöht werden, was bei Ihnen geschehen ist. Die Quartalszahlen, die kommen erst Anfang November. Ich möchte trotzdem etwas über operative Themen sprechen: Wie gut wird sich das auf den Gewinn auswirken?
Also müssen wir mal sagen: Wir haben zu Halbjahr eine gute Entwicklung gesehen, ja. Wir werden auch den Trend auch das zweite Halbjahr weiterverfolgen, das ist ganz klar. Man muss sich immer natürlich die Entwicklungen ansehen, Quartal für Quartal. Aber grundsätzlich bin ich hier gut gestimmt, was die Zahlen betrifft.
Wir haben in der Vergangenheit immer mal auch über Währungen gesprochen. Das waren dann meisten das britische Pfund oder die türkische Lira, die wir angesprochen haben bezüglich Währungen. Wieso müssen wir über den Euro sprechen? Der war es ja, der in den vergangenen Wochen doch ordentlich angezogen hat. Wird sich das in irgendeiner Form in Ihrem Geschäft widerspiegeln?
Also, was die Exchange-Risks betrifft, glaub‘ ich, wird das im überschaubaren Rahmen bleiben, wie Sie schon angesprochen haben, heuer; weil natürlich auch der Euro angezogen hat aber andererseits der Exposure in den anderen Werten überschaubar ist.
Ein weiteres Thema, welches wir in der Vergangenheit auch immer wieder angesprochen hatten sind die Rohstoffkosten. Da ging es vor allen Dingen um das Kunststoffgranulat, das Ihnen in der Vergangenheit auch immer mal zu schaffen gemacht hat. Wie sieht das jetzt aktuell gerade aus, Stand Oktober 2017, Gewinn-Messe Wien?
Das Kunststoffgranulat entwickelt sich durchaus sehr volatil, heuer. Das macht uns in der Tat zu schaffen, weil am Anfang des Jahres hat es einige Lieferengpässe gegeben, die dazu geführt haben, dass die Preise wirklich signifikant gestiegen sind. Ich darf nur verweisen, dass wir auch natürlich die Hurricanes hatten - jetzt im September kam es durch Produktionsausfälle, vor allem in Texas heraus, wieder international zu Lieferengpässen. Das heißt, hier haben wir heuer sicherlich mit einer durchaus punktuellen Volatilität im Bereich der Rohstoffpreise zu kämpfen.
Ja, und ein weiteres Thema, über das wir auch immer wieder mal sprechen, was ich auch noch mal ansprechen möchte, ist: Politik. Vor allem der Brexit war da etwas, über das wir häufiger gesprochen haben. Da gibt es Stand jetzt: nichts Neues, aber in Österreich gibt es Neues. Wir hatten da gerade eine Wahl, es wird eine neue Regierung geben. Stand jetzt können wir da eigentlich noch gar nicht darüber sprechen. Die Sondierungsgespräche laufen, aber Ihre Erwartungen können wir ja schon mal ansprechen. Was erwarten Sie sich von einer neuen Regierung?
Die Wienerberger natürlich als internationales Unternehmen, die hier in Wien tätig ist und mit 10 Prozent des Umsatzes in Österreich durchaus einen relevanten Anteil hat in diesem kleinen Land, erwartet sich von jeglichen Regierungsformen stabile, langfristig orientierte Investitionspläne. Das heißt, vor allem wenn es um die Infrastruktur geht, hier Maßnahmen zu setzen, das ist einmal wichtig. Und das Zweite: Wenn wir über den Wohnungsneubau sprechen, hier auch diesen auf einem guten, nachhaltigen Niveau zu halten. Das ist wichtig. Und den Menschen die Möglichkeit zu geben, hier langfristig zu investieren. Ich glaube, das sind wesentliche Faktoren, die wir von Wienerberger aus fordern würden, was eine neue Regierung zu tun hätte.
Nächstes Thema: Expansion, Wachstum. Das bedeutet bei Ihnen häufig auch Zukäufe. Da müssen wir zuerst mal Rumänien nennen. Da sind Sie beim Hintermauerziegel-Produzent Brikston Construction Solutions SA eingestiegen. In der Pressemeldung wurden da vor allem regionale Vorteile hervorgehoben in Rumänien. Warum wollten Sie sich denn gerade ausgerechnet in Rumänien verstärken?
Rumänien ist für uns ein starker Wachstumsmarkt. Wir sind hier auch sehr lange schon verankert, das heißt, fast 20 Jahre in diesem Markt, haben eine führende Position und wollen die natürlich auch regional noch entsprechend ausbauen. Das Unternehmen in Iasi, im Norden des Landes ist für uns eine sehr gute regionale Ergänzung und stellt somit sicher, dass wir flächendeckend in Rumänien tätig sein können.
Okay, das war das Spannende an der Region. Was hat Sie am Unternehmen überzeugt?
Das Unternehmen ist ein sehr, sehr effizientes, gut geführtes Unternehmen mit tollem Management, das sehr gut in die Wienerberger Struktur passt. Und vor allem das Produktsortiment ist sehr ergänzend für unser eigenes, schon im Land vorhandenes und somit haben wir dort nicht nur eine starke neue Kapazität dazubekommen, sondern auch eine gute Basis für neues Wachstum.
Auch in Österreich gab es Zukäufe: das Hintermauerziegelwerk Brenner. Was war da denn ausschlaggebend?
Ausschlaggebend war hier Brenner ist ein sehr leistungsstarker Standort im Süden Österreichs. Mit dem können wir wiederum regional Friaul, aber auch Kärnten, Steiermark und Slowenien abdecken. Wir können aber auch – und das ist für uns wichtig - dort Hochwärmedämmziegel produzieren und mit unserem Sortiment ergänzen, somit auch wiederum hier Verbesserungen in der Marktbearbeitung sicherstellen.
Ja gibt es weitere Expansionspläne? Beziehungsweise da frag‘ ich mal anders herum: Gibt es denn noch Regionen, wo Sie sich auch gerne verstärken würden?
Durchaus. Wir haben natürlich dadurch, dass wir in 30 Ländern tätig sind, da wir eine klare Strategie verfolgen, hochwertige Produkte und der Wertschöpfungs-Verstärkung, die wir da in den einzelnen Ländern durchführen wollen, gibt es hier im Regionalbereich aber auch was die Produkte betrifft – das haben wir ja auch bei der Akquisition in Belgien gesehen, bei den Rohren – wenn wir in ein eher noch hochmaschigeres Unternehmen und in die Produkte investieren, hier dieses reinzunehmen in unser Unternehmen, um unsere Präsenz zu stärken. Und das werden Sie in den nächsten Jahren durchaus noch häufiger bei der Wienerberger sehen.
Ja, das war der anorganische Wachstumsteil, den wir quasi besprochen haben. Der organische, der wird wahrscheinlich erst spannend, wenn dann am 8. November die Zahlen kommen. Zur Prognose werden Sie mir so viel wahrscheinlich auch nicht sagen. Aber dann frage ich doch einfach mal ganz generell: Jetzt, zwei Wochen, knapp bevor die Zahlen kommen, wie läuft’s?
Naja, schauen Sie, es läuft so plangemäß, wie wir es gesehen haben. Natürlich gibt es immer wieder – wenn Sie auch auf Nordamerika jetzt kommen – nasses Wetter oder Hurricanes, das müssen Sie natürlich immer wieder einbeziehen, aber grundsätzlich gibt es hier einen klaren Trend. Den hab‘ ich auch gezeigt: Wohnungsneubau, positiver Trend in Europa und auch die Infrastruktur-Ausgaben werden sich durchaus erhöhen, was die einzelnen Regionen wie Nordeuropa oder auch Osteuropa betrifft.
Ja, dann sind wir gespannt auf Ihre Zahlen und wünschen viel Erfolg für die nächsten Wochen und Monate. Herr Doktor Scheuch, vielen Dank!
Danke schön.
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