Mit „Green Financing“ (Weber & Co.) bzw. „Impact Investing“ (4-your-biz) waren zwei große September-Konferenzen im grünen Bereich.
Ein Fall für ein Roundtable mit Veranstaltern und Wiener Börse.
Aus zwei grünen Event-Tagen in der zweiten September-Hälfte machten wir für diese Ausgabe einen grossen Media Green Day. In den Räumlichkeiten von Weber & Co. beim Wiener Rathaus trafen Gastgeber Christoph Moser, Karsten Wöckener (White & Case), die am gleichen Tag in Wien einen B2B-Green Bond-Event veranstalteten, auf Wiener Börse Anleihen-Mastermind Florian Vanek und „Impact Investing Konferenz“-Macherin Susanne Lederer . Magazine-Herausgeber Christian Drastil moderierte diesen Green Day Roundtable.
Drastil: Christoph, danke für die Gastfreundschaft in Deinen Räumlichkeiten. Ihr habt heute eine Veranstaltung, die sich der Finanzierung von „grünen Projekten“ widmet. Vielleicht in ein paar eigenen Worten: Was erwartet die Gäste da heute am Nachmittag und was bewegt Weber & Co., das zu tun?
Christoph Moser: Sehr gerne. Unsere Veranstaltung soll den bislang im Bereich Green Bonds in Österreich schlummernden Markt unterstützen und insbesondere Marktaufklärungsarbeit leisten. Das Verständnis zum Schlagwort Green Bond ist noch nicht sehr ausgeprägt. Das heißt: Jeder, der in der Finanzwirtschaft tätig ist, hat den Begriff schon einmal gehört. Was sich aber genau dahinter versteckt und was das insbesondere für Emittenten und für begleitende Banken bedeutet, das wissen die wenigsten. Die wenigen Transaktionen, die es bislang in Österreich gab, haben eine gewisse Marktpräsenz erreicht. Wir versuchen mit der Veranstaltung einen Schritt weiter zu gehen und echtes Verständnis für das Thema zu schaffen: Was steckt dahinter? Was sind die Anforderungen, die mit einer Green Bond Emission verbunden sind. Was muss ich als Emittent oder als begleitende Bank im Detail beachten? Wir haben eine spannende Gruppe an Partnern gefunden. White & Case, die Börse Luxemburg und die Climate Bond Initiative, die alle das Thema Green Bonds aus verschiedenen Blickwinkeln schon sehr umfassend betreut haben. Darum geht es im Kern bei der heutigen Veranstaltung.
Drastil: Da wünsche ich viel Erfolg. Wir haben diese Nummer jetzt auch für eine Retail-Veranstaltung aufbereitet. Vielleicht in kurzen Worten für den Anleger, die noch nicht so firm sind mit dem Begriff: Was sind Green Bonds?
Moser: Das Wesentliche beim Green Bond ist die Mittelverwendung. Normalerweise werden bei Anleihe-Emissionen immer allgemeine Unternehmenszwecke als Mittelverwendung für Anleiheemissionserlöse angegeben. Das heißt, der Emittent sammelt Geld ein und verwendet es als herkömmliche Finanzierung bzw für allgemeine Gesellschaftszwecke. Beim Green Bond ist es anders: Ich als Anleger weiß, was mit dem aufgenommenen Geld, das unter anderem von mir beigesteuert wird, genau passiert. Es wird im Blick auf besondere Kriterien für sogenannte „grüne Projekte“ nachhaltig verwendet. Es gibt eine sehr klare und genaue Überprüfung dieser Mittelverwendung. Das heißt, ich kann als Anleger üblicherweise sicher sein, dass mit dem Geld die versprochenen Leistungen tatsächlich auch durchgeführt werden. Der Anleger kann damit - und ich glaube das ist ein interessanter Nachhaltigkeitsgedanke - mit seinem Investment, das natürlich aus Renditeüberlegungen eingegangen wird, auch die Mittelverwendung beeinflussen. Ich investiere gerne in ein Projekt, das den Stempel „grün“ zurecht trägt.
Drastil: Vielen Dank mal. Herr Wöckener, Sie sind heute ebenso am Panel dabei und auch der Moderator der Veranstaltung. Worüber werden Sie heute Nachmittag berichten? Und bitte ein paar Worte zu Ihrem Hintergrund. Sie sind ja beide von der rechtlichen Seite, Weber & Co. bzw. White & Case ...
Karsten Wöckener: Sehr gerne, ja. Zunächst vielen Dank für die Einladung zu diesem Roundtable. Ich bin Partner der internationalen Kanzlei White & Case in Frankfurt und berate Unternehmen, Banken oder andere Marktteilnehmer bei nationalen und internationalen Debt- oder Equity- bzw. Corporate Finance Transaktionen. White & Case ist einer der Ausrichter der heutigen Green Finance Veranstaltung. Ich werde das die Veranstaltung abschließende Panel moderieren. Dazu haben wir Vertreter von der Investoren- und Emittentenseite, von einer platzierenden Bank, von der Börse Luxemburg sowie einem Rating und Second Party Opinion Provider eingeladen, so dass wir das Thema Green Bond bzw. Green Finance im weiteren Sinne auch von allen Facetten beleuchten werden. White & Case berät regelmäßig bei Green Bond Transaktionen. Nicht nur mit unserem Frankfurter Team, sondern sehr stark auch aus unserem Londoner, Mailänder und Pariser Büro heraus bzw. auch unseren skandinavischen Teams. Wir verfügen mit Tallet Hussain in unserem Londoner Büro über eine spezialisierte Environmental Counsel, was uns von anderen Kanzleien absetzt. Wir sind mit unserem europäischen Core Team aber nicht nur bei der Transaktionsberatung aktiv, sondern engagieren uns auch substantiell über Verbandsarbeit, innerhalb der Working Group der International Capital Markets Association, sind ein sehr aktives Mitglied der Climate Bond Initiative und haben uns sehr früh des Themas Green Finance angenommen. Dies bereits 2014 zum Beispiel im Rahmen der Begebung und Platzierung eines ersten Austrian Corporate Green Bond, wo wir den Verbund beraten haben.
Drastil: Oh, 2014 war das sogar schon, wie die Zeit vergeht. An die 500 Millionen Euro kann ich mich noch erinnern. Gibt es sonst noch Trophy-Transaktionen, die Sie spontan nennen würden?
Wöckener: Ja, sicher: wir haben z.B. die Investoren bei „Meerwind“ beraten, einer der ersten grünen Projektfinanzierungen, die 2016 als „Green Project Bond of the Year“ ausgezeichnet wurde oder bei Senvion, dem ersten deutschen Green High Yield Bond oder auch beim Green Bond von SNCF Réseau.
Drastil: Ich habe in der Vorbereitung weiters von Covestro, Degussa, Infineon gelesen - lauter Namen, die in Österreich ebenso sehr sehr geläufig sind. Vielen Dank mal. Susanne, Ihr habt dieser Tage ebenfalls eingeladen für eine große Veranstaltung im September. Für mich hat das alles irgendwie gut zusammengepasst. Auch bei Dir bitte um Definition: Environment Social Governance. Was ist die Idee der Veranstaltung? Ihr habt da ganz hochkarätige europäische Speaker dabei. Und vielleicht auch noch ein paar Worte zu Euch ...
Susanne Lederer: Wir haben es betitelt als „Impact Investing Conference“. Ich würde sagen, dass Green Bonds ja auch im Bereich Social-Impact-Investing beheimatet sind. Generell werden darunter jegliche Investitionen oder Veranlagungen verstanden, die der Gesellschaft einen „social impact“, also einen sozialen Mehrwert bieten. Uns ist dieses Thema ein besonderes Anliegen. Wir arbeiten mit institutionellen Investoren in Österreich, beraten diese auch, das sind die Pensionskassen, die Mitarbeitervorsorgekassen ganz stark, auch Banken, die - sage ich jetzt einmal - einen Schritt weiter noch davon entfernt sind leider. Und uns ist es ein besonderes Anliegen, dass die, die wirklich „real money“ investieren, für uns alle, für die Gesellschaft - gerade Pensionskassen bzw. Mitarbeitervorsorgekassen - einfach wirklich etwas Gutes damit bewirken. Wir wissen ja alle, die Finanzrendite ist in den letzten Jahren geschrumpft - und das wird glaube ich auch noch ganz lange anhalten. Institutionelle Investoren achten daher auch immer mehr darauf, dass es neben der Finanzrendite auch eine soziale Rendite gibt, die auch wirklich zu quantifizieren ist und bewertet werden kann. Natürlich ist jetzt die Quantifizierung schwierig vorzunehmen. Weil was ist es wert - ich weiß nicht - ein modernes Abfallbewirtschaftungssystem für die Gesellschaft zu entwickeln oder Schulen aufzubauen oder so. Aber wir wissen alle, dass es eine Gesellschaft enorm voran bringen kann. Uns ist es ein Anliegen, dies den Institutionellen einfach ein bisserl mehr bewusst zu machen und sie darauf hinzuweisen: „Hey, ihr habt Verantwortung und könnt viel bewirken. Für ein Land, für eine Gesellschaft. Indem ihr die Gelder in die richtige Richtung investiert.“ Und das war der Auslöser für diese Veranstaltung. Wir haben da versucht auch verschiedene Richtungen abzudecken. Wir haben eine Senior Consultant von UNPR, die einfach über die UN-supportet principles for responsible investment erzählen wird, und über ESG in credit ratings, was das bedeutet. Wir haben dann GIIVX das erste Tool der GIIF, Global Impact Investing Foundation, die mit der UNIDO sowie der Republik Österreich eine Kooperation abgeschlossen haben, in der es auch darum geht, Wien wirklich zum Impact Investing Hub zu machen. Die haben da sehr große Ziele vor. Die Europäische Investitionsbank haben wir eingeladen, um ihre Aktivitäten zu schildern. Und dann noch zwei Assetmanager, die ESG sehr erfolgreich in ihren Investmentprozess integrieren. Also einen Emerging Market Manager und einen europäischen High Yield Manager, die das sehr aktiv umsetzen im Portfoliomanagement und die wirklich in diese Richtung investieren. Die sollen einfach erzählen, wie kann man im Emerging Market Bereich ESG überhaupt umsetzen. Man möchte aufs erste glauben ‚geht gar nicht‘ - aber geht sehr wohl.
Drastil: Sehr spannend. Ich freue mich darauf. Aber wir sehen uns eh vor Ort. Florian, auch Dir danke für das spontane Kommen. Die Wiener Börse hat dieser Tage anleihenlastige Presseinfos, gut so: Die 100-Jährige, ein Green Bond. Wie viele Green Bonds gibt es nun insgesamt an der Wiener Börse?
Florian Vanek: Also bis jetzt ist es mit der Hypo Vorarlberg der zweite Green Bond an der Wiener Börse. Der erste kam 2014 - wie schon gesagt wurde - von der Verbund AG. Die Hypo Vorarlberg habe ich - als ich das erfuhr - angesprochen mit der Bitte, dass sie den Green Bond bei uns listen. Es ist immer ein Wettbewerb zwischen den Börsen, so wie die Anwälte auch Wettbewerb untereinander haben. Die internationalen Investoren tendieren oft nach Luxemburg und wir haben gebeten, Wien zu nehmen und bieten ihnen einen gewissen Mehrwert – nämlich einen Publizitätseffekt, dass wir das auf der Website prominent dargestellt haben bei uns mit einem Link zur Hypo Vorarlberg. Die Hypo Vorarlberg hat eine ausgezeichnete PR auf ihrer Website, wo sie wirklich alle Green Bond Kriterien und Zulassungskriterien, die sie da durchgemacht haben, darstellen. Ich würde zu den Green Bonds auch die Social Bonds dazuzählen. Letztlich alles, das einen Impact für die Gesellschaft hat. Daher auch eigentlich die Microfinance-Bonds. Wir hatten bis jetzt drei Microfinance-Bonds in der Geschichte der Wiener Börse gehabt. Einen von der Erste Bank und zwei von Microfinance-Finanzierern. Zwei sind ausgelaufen, der dritte ist im Dritten Markt seit 25. April dieses Jahres handelbar.
Drastil: Nicht so schnell auslaufen wird - und da ein kleiner Sidestep - die 100-Jährige, die seit heute notiert. Vielleicht auch da ein paar Worte dazu. Es war eine Aussendung wert, also wird es etwas Wichtiges sein für die Wiener Börse. Welchen Stellenwert hat so eine Emission, die man sich auch außerhalb der Community aufgrund der Size und aufgrund der Laufzeit natürlich merkt?
Vanek: Christian, Du hast die richtigen Worte verwendet: „Die man sich merkt.“ Ich wurde einen Tag nach dem Launch im Freundeskreis, die sonst oft gar nichts mit dem Kapitalmarkt zu tun haben, angesprochen. Florian, da gibt es eine 100-jährige Bundesanleihe. Das hat die Bundesfinanzierungsagentur wirklich perfekt vermarktet. Denn klar ist es ein Vermarktungsthema. Denn laut Bundesfinanzierungsagentur gab es noch nie einen Staat mit einer 100-Jährigen. Das kann ich nicht beurteilen, das ist deren Aussage. Es gibt natürlich ewige Anleihen. Die Perpetuals, aber die können ja gecallt werden. Die werden sogar sehr oft gecallt. Das ist der Unterschied. Was natürlich spannend ist: 2,1 Prozent Rendite für 100 Jahre. Wenn einmal das Zinsniveau anders ist, wissen wir genau, dass der Kurs natürlich weiß Gott wie weit unten sein wird. Es ist aber letztlich kein Papier, das viele Privatanleger kaufen, sondern vielmehr Banken, Versicherungen und sehr viele ausländische Investoren. Ein bisschen untergegangen ist neben der Hundertjährigen die Fünfjährige, die schon bei der Emission eine Negativrendite hatte: -0,165 Prozent. Auch im Zusammenhang dessen ein Appell an die Medien, die richtige Wortwahl immer zu verwenden. Es wird oft geschrieben: Negativverzinsung, dann glauben die Leute, es gäbe einen negativen Zinssatz. Das ist technisch gar nicht möglich. Null Prozent Verzinsung mit einem Ausgabekurs von über 100.
Moser: Zur Frage, was ist Social Impact Investing und was suchen Anleger? Ich denke da auch an ein gemeinsames Projekt mit White & Case, das wir vor knapp drei Jahren betreuten. Es ging dort um verbriefte Kreditforderungen eines Microfinance-SPV und um die Idee, in Entwicklungsländern Mikro-Kredite in größeren Volumen vergeben zu können. Es war insbesondere auch deswegen ein sehr spannendes Projekt, weil ganz andere Investorengruppen engagiert waren. Investoren, die sich ganz anders am Kapitalmarkt verhalten, unterschiedliche Investitionsansätze und -Richtlinien haben und auch im Fall einer Restrukturierung völlig andere Maßstäbe anwenden als herkömmliche Investoren. Unter den Investoren waren z.B. etliche Kirchenbanken bzw. den Kirchen nahestehende Institute. Daraus lässt sich schön ableiten: Für jedes Produkt gibt es ganz eigene Käufer- und Investorenschichten. Das ist das Spannende. Sonst sprechen wir immer von „dem Investor“. Wer ist „der Investor“? Zu Beginn der Diskussion wurde über Retail-Anleger gesprochen. Für mich ist diese Diversifikation von verschiedensten Anlageklassen das Spannende. Zielgerichtet kann für verschiedene Investorenschichten genau das richtige Produkt abgebildet werden. Social Impact Investing oder Green Investing sind dabei wesentliche Bausteine.
Drastil: Vor allem für die Institutionellen, bei denen auch schön langsam ein gewisser softer Druck herrscht, in Zukunftsthemen und nachhaltige Bereiche zu investieren. Das Wort Luxemburg ist gefallen: Du hast gesagt, in Luxemburg ginge das so super-easy-schnell mit den Zulassungen, aber die FMA holt auf. Das war vor zwölf Monaten. Hat die FMA weiter aufgeholt?
Moser: Es gibt dabei zwei Aspekte: Der eine betrifft die Prospekt-Billigung. In diesem Bereich ist die FMA vom Blickwinkel der Serviceorientierung mittlerweile auf dem Niveau der Luxemburger Aufsichtsbehörde CSSF. Hier wie dort kann man sehr schnell und sehr zielorientiert einen Börsenprospekt, also einen Zulassungsprospekt und/oder Angebotsprospekt billigen lassen. Die FMA hat für mich aber einen wesentlichen Vorteil: Sie ist im Billigungsverfahren die deutlich aktivere Behörde. Sie steuert sehr wertvolles Feedback als Billigungsbehörde bei, was im Interesse des Emittenten und aller beteiligten Banken und Rechtsberater ist. Auch, was die Aufmachung des Prospekts, dessen Darstellungen, Verständlichkeit und Lesbarkeit betrifft, wird von der FMA sehr lösungsorientiert im Billigungsverfahren kommentiert. Das würde ich als Vorteil der FMA gegenüber der Luxemburger Aufsichtsbehörde sehen. Der zweite Aspekt, den es zu beleuchten gibt: Investorenseitig ist eine Billigung in Luxemburg verbunden mit einem Listing an der Luxemburger Börse immer noch ein sehr starker Trend. Die Luxemburger Börse wird international als viel stärkerer Handelsplatz von institutionellen Anlegern wahrgenommen als Wien. Nicht falsch verstehen, die Wiener Börse macht hier großartige Arbeit. International hat die Luxemburger Börse jedoch einfach eine sehr sehr breite Markt- und Investoren-Akzeptanz.
Wöckener: Das kann ich nur unterstützen, ohne dabei die Marktposition der Wiener Börse zu schmälern. Wir beraten zahlreiche Banken und Corporates im Rahmen ihrer Refinanzierungsprogramme; Covestro, BMW, Evonik, Conti, Metro um nur einige zu nennen. All diese Programme sind in Luxemburg gelistet und nicht in Frankfurt, obwohl es deutsche Unternehmen sind. Die Luxemburger Börse ist, wie Christoph Moser zutreffend sagt, letztendlich ein anerkannter Hub für Corporate-Bonds. Ich meine, dass die Chance für die Wiener Börse eher im speziellen Nischenbereich bzw. einem starken Konnex liegt. Dass die Hypo Vorarlberg zum Glück mit dem Green Bond an die Wiener Börse gegangen ist, als erster Green Bond eines österreichischen Finanzinstituts, ist richtig und sollte hoffentlich Nachahmer finden. Da besteht der bezeichnete Konnex. Mit einem Blick Richtung Italien ist das der Wiener Börse ebenfalls gelungen und so wird es sicherlich weitere Ansatzpunkte und Geschäftsfelder geben, in denen sich die Wiener Börse engagieren kann und erfolgreich ist. Vielleicht ja auch über die Schaffung eines eigenen Segments für Nachhaltigkeits-Bonds.
Vanek: Ja, internationale Investoren sehen Luxemburg als ersten Hub. Ich glaube, es ist am schwierigsten, die Denke zu ändern. Du kannst rationale Argumente haben, günstiger sein. Wir sind günstiger als die Luxemburger Börse. Vor allem im MTF (= Multilateral Trading Facility) sind wir wesentlich günstiger. Im Geregelten Markt haben wir einen Cap bei den Jahresgebühren von 7800 Euro. In Luxemburg zahlst du für die dreißigste Euro-Anleihe noch immer die volle Jahresgebühr. Und deshalb versuchen wir seit Jahren und seit heuer verstärkt mit meinem neuen Kollegen Matthias Szabo internationale Emittenten, Anwaltskanzleien, Banken zu „bearbeiten“. Auf uns aufmerksam zu machen. Und wie Sie sagen, haben wir in Italien schöne Erfolg erzielt. Wir haben 61 italienische Anleihen gelistet: Darunter ist eine Telecom Italia, der AC Milan, börsenotierte Gesellschaften bis hin zu kleinen Familienunternehmen. Wenn man mal wo mit dem Fuß drinnen ist in der Tür, dann geht’s. Luxemburg kann ich auch nur beipflichten, Hut ab, wirklich super die Börse. Luxemburg hat einen Vorteil: Da ziehen alle an einem Strang. Von der Finanzmarktaufsicht, das SSF über die Börse über die Politik. Es gibt einen Newsletter „Luxembourg for Finance“. Die ziehen an einem Strang. Das sehe ich in Österreich nicht so ganz. Von der Politik - es war schon noch schlechter unter Bundeskanzler Faymann – trotzdem; ich sags ganz offen, könnte der Kapitalmarkt mehr Unterstützung erfahren. Und die Börse Luxemburg ist toll mit den Green Bonds. Ich hab vorher nachgeschaut auf deren Website. Super aufgemacht. 130 Green Bonds, Social Bonds. Die haben einfach eine andere Power. Das ist völlig klar. Wir sind ein Zweieinhalb-Leute-Team für Anleihen. In Luxemburg sind das etwas mehr.
Drastil: Ich glaube Luxemburg punktet ja auch, weil man nicht so als Nationalstaat wahrgenommen wird wie Österreich oder Deutschland mit den Börsen Wien oder Frankfurt. Luxemburg hat einfach eine spezielle Rolle im Kapitalmarktverbund in Europa. Eine Frage noch ...
Vanek: … entschuldige, da möchte ich einhaken. Ich verwehre mich gegen dieses Klischee: ,Wir wollen eine internationale Börse‘. Die meisten Investoren brauchen einen geregelten Markt. Ob der geregelte Markt in Lettland oder in Spanien, Luxemburg oder Wien ist, ist letztlich völlig egal. Wenn ich von kleineren Banken bei uns vom Treasury höre ,wir wollen eine internationale Börse‘. Ganz offen, auch die Telekom Austria sagt das. Dann frage ich: Aha, die Telecom Italia ist bei uns und ihr geht nach Luxemburg. Sind wir euch zu wenig international?
Drastil: Ich glaube, die Emittenten meinen, sie wollen einen einfachen und pragmatischen Zugang und sagen, sie wollen eine internationale Börse. Vielleicht sind es das Procedere und lokale Politikverdrossenheit rundherum, es spielt halt leider nicht nur die Börse in der Wertschöpfungs- und Strukturkette. Eine andere Frage an Dich Florian: Im Equity-Bereich haben wir jetzt durch die Baader Bank viele Neulinge in den global market bekommen, perfekt für das #goboersewien-Thema. Die Baader Bank ist ja im Duo mit der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank auch bei den Bonds ein großer Liquiditätsbereitsteller. Ist es da ebenso üblich, dass eine Anleihe an sieben, acht verschiedenen Börsen notiert, wie ist das beim AC Milan?
Vanek: Bei den Italienern - ich will das auch noch mal betonen - sind es primär Private Placements mit hoher Stückelung, für die es keinen Prospekt gibt, wo auch kein Umsatz stattfindet. Die brauchen das Listing nur wegen der „Eurobond tax exemption“ – das bedeutet, dass die Quellensteuer bei einer Börsenotiz nicht abgezogen wird. Die meisten der italienischen Anleihen, die wir im Dritten Markt haben, notieren nichtmal in Italien.
Moser: Es gibt sehr wohl auch Dual-Listings. Einige Emittenten, die wir betreuen, unterhalten parallele Listings in Luxemburg und in Wien. Das ist nicht ungewöhnlich.
Vanek: Die OMV zum Beispiel. Und dann gibt’s noch einen dritten Part von österreichischen Unternehmen; jene, die von deutschen Brokern an die Stuttgarter Börse gebracht werden. Da spielt der Emittent gar nicht mit, das wird von lokalen Maklern einfach dann dort in den Handel einbezogen. Du wirst alle großen österreichischen Bonds an der Stuttgarter Börse auch finden – ohne dass es der Wille der Emittenten war.
Drastil: Also ähnlich wie beim global market in Wien eigentlich. Ich finde das großartig. Das bringt zusätzliche Visibilität und ist einfach toll. Eine Frage an Susanne: Wir reden über Luxemburg, über Wien, also über Börsenotizen. Wie wichtig ist in deiner Welt das Thema Börsenotiz eines Wertpapiers?
Lederer: Sehr wichtig. Es ist eines der größeren Noch-Hindernisse, wirklich jetzt Institutionelle wie Pensionskassen in Richtung Impact Investing zu bringen. Die sagen alle, schön und gut. Ich würde jetzt in diese Wasserkraftwerke zum Beispiel investieren, aber ich hätte das gern als Note, als Bond strukturiert. Das wäre noch nicht das Problem. Es gibt Anbieter, die machen das aus dem Effeff. Aber viele der Institutionellen Anleger hätten dann auch gerne ein Rating dazu. Das wird dann schwierig, weil Ratings sind natürlich enorm teuer. Hier entstehen Due-Diligence-Kosten, die in die mehreren Hunderttausende gehen können. Besonders gerade bei diesen Erneuerbare-Energie-Projekten, Sonne, Wind, Wasser, wo wir mit Aquila Capital arbeiten, die viele Notes strukturieren. Aber eben aus ökonomischen Gründen meist ohne Ratings – die Österreicher haben da Berührungsängste – sie wissen oft nicht, wo einbuchen, wo zuordnen. Da sind wir wieder bei dem, was bereits gesagt wurde, dass in Österreich nicht alle an einem Strang ziehen. Wir hören von so vielen Banken, sie würden das sofort und gern kaufen, aber sie müssen sich dann rechtfertigen und auseinandersetzen mit der Österreichischen Nationalbank und der FMA. Das wollen sie nicht. Wenn man zur FMA geht und diskutiert, hört man „von uns aus können das gerne alle kaufen, aber wir müssen das überprüfen, was der Gesetzgeber vorschreibt.“ Wir waren natürlich auch bei den Ministerien und dort ist dann wirklich völliges Chaos. Ich kann gar nicht sagen, woran das wirklich liegt. Aber ich glaube, es liegt an der österreichische Politik, also an der Struktur, weil dort natürlich viele sitzen, die viel zu weit von den Marktteilnehmern entfernt sind. Das ist in Österreich wirklich ein bisschen suboptimal. Und jeder spielt dem anderen den Ball zu.
Drastil: Wenn ich jetzt mal die erste halbe Stunde so mitnehme: Es gibt super Ideen. Es gibt viele Bewegungen und viele Initiativen. Die Summe der gelisteten Produkte und auch Zugang zum Markt ist noch verbesserungswürdig. Was kann man tun? Wer kann sich kümmern? „Die Politik“ ist ein dehnbarer Begriff.
Moser: Ich glaube es sind viele Rädchen, die ineinandergreifen. Das ist auch das Wesentliche. Wenn es um ein Wertpapier geht, muss ich eigentlich beim Investor anfangen. Gibt es für ein Produkt eine Zielgruppe? Wenn ja, wie muss das Produkt genau ausschauen? Aus verschiedensten Gründen – können unterschiedliche Investoren nur in bestimmte Arten von Wertpapieren investieren bzw unterliegen genau definierten Anlagegrundsätzen. Es ist eine Welt von sprichwörtlichen Boxen und Kastel. Nur wenn das Wertpapier in eine solche Box hineinpasst, kann der jeweilige Anleger investieren. Wenn es nicht genau passt, ist das für ihn eine verschlossene Box. Auf Ebene des Investors muss ich daher beginnen. Alles danach ist in Wahrheit Marketingarbeit, Aufklärungsarbeit, Strukturierungsarbeit, Dokumentation etc. – aber eigentlich muss man am Ende der Geschichte beginnen. Und das ist letztlich der Investor. Wenn den Investor das Produkt nicht interessiert, dann sind das viele schöne Überlegungen, und am Ende hat man nichts dabei gewonnen. Da kommt man zum Schluss: „Da wurde am Investor vorbei strukturiert”.
Drastil: Frage an den internationalsten Vertreter in dieser Runde: Die Size. Ab wann geht es los, dass ein Green Bond eines halbwegs mittelgroßen Emittenten Sinn macht, um ihn überhaupt zu begeben? Sprechen wir da von 100 Millionen Minimum oder geht es auch darunter los?
Wöckener: Ich glaube gar nicht, dass das grüne Element einen nennenswerten Einfluss auf das Mindestemissionsvolumen hat. Oder, dass man sagen kann, ein Unternehmen benötigt mindestens 50 Millionen Euro Kapitalbedarf, damit es einen Green Bond platzieren kann. Vielmehr bestehen auch bei Green Bonds die allgemeinen Anforderungen, die sich auch für Investoren in herkömmliche Anleihen stellen. Investoren haben bestimmte interne Vorgaben bzw. Investment-Guidelines, was die Emissionsgröße des Investments angeht – dies hängt häufig mit einer Liquiditätserwartung an das Instrument zusammen, d.h. je höher das Emissionsvolumen desto höher die potentielle Liquidität. Das führt dazu, dass bestimmte Banken wiederum Bondtransaktionen - ob grün oder herkömmlich, erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen betreuen, Privatplatzierungen einmal ausgenommen. Green Bonds haben aber selten ein Emissionsvolumen von mehr als 500 Millionen. Dies hängt jedoch meines Erachtens eher damit zusammen, dass der Kapitalbedarf für die sogenannten „eligible green projects“ – also die Projekte, für die Emissionserlöse spezifisch und verbindlich verwendet werden sollen, kein größeres Volumen hergeben oder sonst nicht mehr administrierbar wären. Eine regulatorisch getriebene Obergrenze für Green Bonds in Bezug auf das Emissionsvolumen gibt es aber nicht – ausschlaggebend sind die Marktfaktoren. Ein anderer Punkt, bei dem sich Green Bonds von herkömmlichen Bonds unterscheiden, ist, dass die Ticket-Größe des einzelnen Investors regelmäßig kleiner ist als bei herkömmlichen Bonds. Dies kann zu Investoren-Diversifikation führen, einem maßgeblichen Grund für Unternehmen, einen Green Bond zu begeben.
Vanek: Natürlich gibt es keine harte Untergrenze bei der Size. Aber es gibt ja die Kosten der Zertifizierung, die ist ja wahrscheinlich unabhängig vom Volumen. Wo es unter einem bestimmten Volumen für den Emittenten zu teuer wird.
Wöckener: Absolut. Der Umstand, dass sich ein Green oder Social Bond erst ab einem bestimmten Emissionsvolumen wirtschaftlich für den Emittenten lohnt, ist richtig – dies gilt natürlich bedingt auch für herkömmliche Anleihen.
Drastil: Wo liegen diese Größen ungefähr? Bei der sie sagen, dass ist uns jetzt eventuell doch eine Nummer zu klein?
Lederer: Ich kann es nur aus meiner Erfahrung sagen. Aquila Capital verbrieft Sachwerte. Mindestens 25-30 Millionen, besser noch 50, wo begonnen werden kann. Hier sind es natürlich illiquide Assets, die im Vorlauf bewertet werden müssen und das kostet einfach viel. Also besser angesetzt bei 50 Millionen.
Moser: Die Rechtsberatungskosten sind ein Baustein von vielen. Selbiges gilt für die Zertifizierungskosten. Wir erlebten erst unlängst bei einem Projekt, dass Kosten im Vergleich zur Size nicht immer von Aussagekraft sind. Es ging dabei um einen Pre-IPO Convertible (Wandelschuldverschreibung). Betrachtet man die Size der Transaktion, wird man sich fragen, ob die Transaktion kostenseitig Sinn macht. Aus bestimmten Überlegungen des Unternehmens machte es aber auf jeden Fall Sinn. Überlegungen zu einer möglichen Emission kann man nicht einzig an einer gewissen Size festmachen. Der eine Emittent überlegt z.B. neue Investorengruppen mit einem Green Bond anzusprechen und nimmt hierfür höhere Transaktionskosten in Kauf, etwa um eine Diversifikation in seinem Investorenportfolio zu erzielen. Manche Unternehmen verwenden Green Bonds auch als Marketingmaßnahme. Unabhängig von Green Bonds sind die Anleiheemissionen von Tesla für mich ein gutes Beispiel für Marketing. Investoren entwickelten eine ungeheure Nachfrage nach einem Wertpapier, das nichts anderes als eine Schuldverschreibung ist, noch dazu von keinem sehr solventen Schuldner. Es gab dennoch eine unglaubliche Nachfrage am Markt. Ich unterstelle hier bewusst, dass viele Anleger die Tesla-Phantasie im Auge hatten, aber nicht darüber nachdenken, was diese Phantasie für das Schuldverschreibungswertpapier bedeutet. Dort macht ein Investment aus meiner Sicht bei diesem Kupon und dem Chance/Risiko-Verhältnis eigentlich gar keinen Sinn. Aber viele Investoren wollten in ein Unternehmen investieren, das für sie grün/zukunftsträchtig ist - wie auch immer man das jetzt bewertet. Dem einen ist das offensichtlich mehr wert. Kosten einer Transaktion können für manche Emittenten marketingmäßig somit durchaus Sinn machen, insbesondere, um das Unternehmen oder dessen Produkte indirekt mit zu bewerben.
Drastil: Susanne, wo ist das Interesse und die Ausbildung, das Know-how, das Rechtliche, die Freude am Impact Investing in Green Bonds auf der Welt am stärksten? Aus welchen Regionen kommen diese Produkte, kommt die Nachfrage, kommen die Ideen, die Inspiration?
Lederer: Amerika kann ich schlecht beurteilen. In Europa sind das ganz eindeutig die nordischen Länder. Die sind absolute Vorreiter. Norwegen und Schweden sind ganz stark. Deutschland auch und darum denken wir, dass es in Österreich wirklich großen Aufholbedarf gibt. Die APG, die holländische Pensionskasse, die europaweit die größte ist, hat schon 2014 begonnen, bis zu 500 Millionen nur in Wasserkraft zu investieren. Diejenigen, die sich in nordischen Ländern bewegen, werden erschlagen von Geldern von institutioneller Seite für diese Projekte. Und von Österreich kommt da nichts, nichts, nichts! Es ist so schade, dass sich da so wenig tut. Skandinavien ist da ganz stark und selbst Deutschland geht ganz stark in die Richtung.
Drastil: Wir sehen in den Filings, dass der größte Investor in den ATXPrime der norwegische Staatsfonds ist. Hast du Erfahrungen von Investoren, was Anleihen betrifft? Gibt es Meldepflichten?
Vanek: Es gibt keine Meldepflichten. Wir wissen jetzt nur bei diesen Größeren, die über ein Syndikat begeben werden, wie bei der Vorarlberger Hypo, welche Banken in dem Syndikat sind. Das waren einige westeuropäische Banken beim Green Bond der Hypo Vorarlberg - aber an wen die das dann weiter verkaufen, das verschließt sich unserer Kenntnis völlig. Es gibt keine Veröffentlichungspflichten. Wegen Green Bond: Es gibt ja etliche Emissionen, wie von der WEB Windenergie, das ist einer der größten Windkrafthersteller in Österreich oder die PV-Invest in Kärnten, die sind jetzt nicht zertifiziert, aber sind de facto ein Green Bond, weil sie in Wind- oder Solarenergie investieren. Da sind Investoren natürlich - Retail - lokale, die auch die Firmen kennen. Es wäre vielleicht eine Anregung, diese Firmen dazu zu bringen, sich zertifizieren zu lassen. Ist die Frage, ob es ihnen was bringt.
Drastil: Zu internationalen Vorbildern bei Emissionstätigkeiten: Deutschland kann man auf jeden Fall nennen, glaube ich ...
Wöckener: Der deutsche Markt ist im Hinblick auf die Emittentengruppe von Green Bonds noch sehr stark durch Finanzinstitute bestimmt. Berlin Hyp, Münchner Hyp, NRW Bank und weitere, die mehr oder weniger regelmäßig grüne Pfandbriefe nach deutschem Pfandbriefgesetz emittieren, begründen den Großteil des Emissionsvolumens. Auf der Corporate-Seite ist Deutschland meines Erachtens im internationalen Vergleich noch zurückhaltend. Da mag es diverse Gründe dafür geben. Die Kosten mögen einer davon sein, das Niedrigzinsumfeld ein anderer. Sollten sich aber bestimmte Marktfaktoren ändern oder gar eine Förderung des Produkts kommen (dazu sprechen wir gleich noch), werden wir auch bei Corporates eine stärkere Emissionstätigkeit verbuchen können.
Moser: Bei vielen Emittenten ist der Green Bond ein Element einer Gesamtfinanzierungsstruktur. Unsere Kanzlei betreute in den letzten zwei Jahren drei Anleiheemissionen einer internationalen, brasilianischen Unternehmensgruppe, die von einer österreichischen Zweckgesellschaft begeben wurden. Eine davon war ein Green Bond. Man sieht: Für ein bestimmtes Projekt – gab es im Hinblick auf die Use of Proceeds, die Verwendung der Erlöse, einen nachhaltigen Einsatzzweck. Daher entschied man sich für einen Green Bond. Aber auch diese Unternehmensgruppe hat nicht so viele Einsatzmöglichkeiten im Nachhaltigkeitsbereich, die sich für einen Green Bond eignen. Hier sehe ich die Chance, Corporates darauf hinzuweisen, an dieses Instrument zu denken, falls ein einzelnes Projekt die Kriterien der Mittelverwendung für einen Green Bond erfüllen würde. Dann öffnet man weitere Möglichkeiten der Finanzierung. Dass jetzt Unternehmen, wie WEB Windenergie oder andere, selbst als grün wahrgenommen werden, ist schön und wäre sicher eine Idee für Green Bonds. Aber ich glaube, auch jeder Industriebetrieb hat Chancen und Potenziale für eine grüne Emission, wenn Ideen geweckt werden. Spannend ist daher, das Thema diesen Unternehmen nahezubringen und nicht nur den naheliegenden, die ohnehin im Bereich von Green Technology bzw. Nachhaltigkeit tätig sind.
Drastil: Das sehe ich zum Beispiel auch als absolute Missing-Link-Information, dass da die Ideengebung einfach noch nicht so weit gediehen ist. Insofern gut, dass es solche Veranstaltungen gibt. Regulatorisch ist sicher ein ganz großes Wendejahr. Inwieweit spielt MiFID im Themenstrang des heutigen Roundtables eine Rolle?
Wöckener: Genauso, wie es bei herkömmlichen Anleihen auch reinspielt. Das Element „green“ oder „social“ wird in keiner Weise von MiFID besonders beeinflusst.
Drastil: Im Bereich Research ist MiFID ein Riesenthema. Wie wichtig ist es für Bonds, ein breites Research zu bekommen? Es gibt ein paar Häuser, die Credit-Research relativ brav machen. Es gibt andere, die machen dies gar nicht. Was sind die Wünsche? Rating ist da nicht weit weg.
Vanek: Die Erste Group macht ja regelmäßig Research über Domestic Corporate Bonds, auch über internationale. Hat auch vor ein paar Wochen einen eigenen Special-Report über Green Bonds herausgebracht. Aber die Erste steht da so ziemlich alleine da.
Wöckener: Es sind etliche Banken, die sich in dem Bereich engagieren und verschiedene Reports und Marktstudien herausgeben. Das Thema „Reporting“ ist ja auch eines für den Emittenten, denn aus den Green Bond Principles oder auch kurz GBPs ergeben sich bestimmte Reporting-Verpflichtungen gegenüber dem Investor und ggf. der Börse. Auch wenn es keine verbindlichen gesetzlichen Anforderungen gibt sondern Europa den Weg der „Self-Regulation“ geht, sollten sich Emittenten von Green Bonds den selbstverpflichtenden Anforderungen der GBPs unterwerfen und diese über die gesamte Laufzeit des Bonds befolgen. Dazu zählt auch das Reporting. Das bedeutet, dass ich mich als Emittent verpflichte, meinen Investoren regelmäßig Mitteilungen zu machen, ob und wie die Emissionserlöse nachhaltig verwendet werden.
Drastil: Sehen Sie die Emittenten da in einer stärkeren Berichterstattungs- oder Informationspflicht als bei herkömmlichen Verwendungszwecken?
Wöckener: Ja definitiv. Das erwartet der Anleger und darf es auch erwarten. Zwar ist ein Green Bond zunächst eine Anleihe, also ein herkömmliches Kapitalmarktinstrument - aber das Element, das die Emissionserlöse für bestimmte „eligible green projects“, die der Emittent zuvor definiert, verwendet, ist substantiell und macht das Produkt aus. Insofern kann der Anleger auch erwarten, dass ihm während der Laufzeit auch Informationen zur Verfügung gestellt werden, auf deren Grundlage er nachhalten kann, ob die Emissionserlöse entsprechend verwendet wurden und wie sich die Projekte entwickeln. Natürlich gibt es eine große Bandbreite bei den Emittenten, wie sie diesen „Verpflichtungen“ gegenüber dem Investor nachkommen.
Drastil: Gibt es Best-Practice-Beispiele? Sicher ist jedes Projekt verschieden, das ist klar. Welche Schlagzahl erwartet man sich da ungefähr an Informationen als spezieller Investor?
Wöckener: Das ergibt sich aus den Green Bond Principles. Man kann mehr machen, sollte aber nicht weniger unternehmen als es die GBPs vorgeben, sonst besteht das Risiko, aus gewissen Börsensegmenten herausgenommen zu werden oder man bekommt schlechte Presse. Zwar sind die GBPs selbstverpflichtende Grundsätze und somit kein bindendes Recht, dennoch gilt der Grundsatz: Enttäuscht man Investoren, kann sich das Reputationsrisiko materialisieren – ggf. kann dies sogar eine Haftung auslösen.
Drastil: Wer kontrolliert das?
Wöckener: Gute Frage. Das ist einer der großen und durchaus kontroversen Diskussionspunkte. Wir haben in Europa keine verbindliche Regulierung des Green oder Social Bond. Im Gegensatz zu China und Indien, wo es bestimmte gesetzliche „Frameworks“ gibt, die bestimmte regulatorische Anforderungen begründen und natürlich zu rechtlichen Konsequenzen führen können, wenn ich mich als Emittent nicht an das Regelwerk halte. In Europa haben wir hingegen ein System der Self-Regulation. Hier besteht bei Nicht-Befolgung oder „Mis-labelling“ bzw. „green washing“ „lediglich“ ein Reputationsrisiko, was immens sein kann, wenn ich mich nicht an diese bestimmten freiwilligen Anforderungen halte. In bestimmten Konstellationen und abhängig vom jeweiligen nationalen Recht kann man natürlich auch an Prospekthaftung denken.
Vanek: Da ist dann mehr die Presse, die einen als schwarzes Schaf an den Pranger stellen könnte. Das wird kein Unternehmen tun, das macht Negativ-Schlagzeilen.
Moser: Ein normaler Corporate Bond geht heute in der medialen Berichterstattung unter. Berichte beschränken sich auf technische Details und gehen nicht auf die Entwicklung eines Unternehmens ein. Der Green Bond ist hingegen eben auch ein Marketing-Tool, wo man einen Schritt weitergehen möchte als bloß ein weiteres Finanzprodukt zu emittieren. Verletze ich als Unternehmen jedoch die Prinzipien und insbesondere die Angaben zur Mittelverwendung, so kann das Thema auch negativ wie ein Bumerang zurückkommen. Ich gehe damit ein wesentlich höheres Risiko im Fall einer Non-Compliance ein, als wenn ich sonstige Transparenzvorschriften aus einer Anleihe verletze. Das muss jedem Emittenten bewusst sein, wenn ich mich auf dieses Social-Impact-Investment einlasse, muss ich auch dafür fit sein, man muss diese Anforderungen auch tatsächlich erfüllen wollen.
Wöckener: Es ist ja nicht so oder noch nicht so, dass der Emittent bestimmte Zusicherungen im Rahmen der Anleihebedingungen oder des Übernahmevertrags geben würde, die, wenn sie dann nicht eingehalten werden, zu bestimmbaren Konsequenzen führen würden: womöglich zu einem Kupon-Step-Up oder einem Kündigungsrecht des Investors. Soweit ist der Markt (noch) nicht und muss es derzeit auch nicht sein. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich auch das Niedrigzinsumfeld und die hohe Nachfrage auf Investorenseite gepaart mit noch zu geringer Marktbefriedigung: es gibt noch zu wenig Green und Social Bond Emissionen. Dies kann sich aber ändern, wenn besagte Faktoren sich ändern oder Investoren bestimmter auftreten und diese Zusicherungen fordern.
Drastil: Wenn ich jetzt an die Wiener Börse gehe und sage: „Ich habe da einen Green Bond, den ich gerne listen möchte“. Von wem hole ich mir den Stempel, dass es überhaupt ein Green Bond ist?
Vanek: Im Gegensatz zu Luxemburg gibt es noch kein eigenes Segment. Es bedarf schon einer gewissen Menge, dass man ein eigenes Segment eröffnet. Was ich aber in Kürze realisieren will, ist, dass man Green Bonds herausfiltern kann auf unserer Website. Das heißt, wenn man unter Anleihe-Kategorien sucht, dass dann auch eine eigene Kategorie Green und Social Bonds drauf ist. Wo jetzt die vier gelisteten drinnen sind: BKS-Bank und Kommunalkredit gibt es neben Verbund und Hypo Vorarlberg. Wir können nicht die Einhaltung der Kriterien überprüfen, das tun Dritte. Im Fall Hypo-Vorarlberg haben sie zwei Externe, die das vorher überprüft haben, ob die „green“ sind.
Lederer: Und müssen die einen Bestätigungs-Vermerk oder ähnliches darauf haben?
Vanek: Guter Hinweis. Ich kann nur formell und nicht materiell prüfen.
Wöckener: Das ist der Unterschied zwischen einer Aufnahme des Bonds in einem herkömmlichen „nicht-grünen“ Segment und einer Notierung in einem speziellen „grünen Segment“, welches die Aufnahme von Green Bonds nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Solche Segmente werden zum Beispiel von der Luxemburger Börse und der Londoner Börse organisiert. Für ein Listing in einem solchen grünen Segment müssen, wie gesagt, bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Soweit ein Emittent jedoch den Vorgaben der GBPs entspricht, so wird er damit in der Regel auch die Voraussetzungen eines solchen grünen Segments der Börse erfüllen. Eine der Voraussetzungen ist die Veröffentlichung einer sogenannten Second-Party-Opinion. Das ist der Report, auf den Sie gerade Bezug genommen haben - im Falle der Hypo Vorarlberg erfolgte die „Zertifizierung“ durch oekom. Bei dem Social Bond der Kommunalkredit hat die Emittentin Sustainalytics beauftragt, den Report zu verfassen. Es gibt diverse Dienstleister, die einen solchen Report verfassen und der Emittent ist im Grundsatz frei, wen er auswählt. Dies erfolgt regelmäßig in enger Abstimmung mit den platzierenden Banken. Der Prozess ist mittlerweile ziemlich standardisiert und erstreckt sich über mehrere Wochen, beginnend mit der Auswahl der „eligible green projects“ und schließt in der Regel mit der Veröffentlichung des Reports ab.
Vanek: Das regt mich an, wenn genug Emittenten da sind, zusätzliche Kriterien zu verlangen, damit man dort aufgenommen wird.
Moser: Zu den Kriterien will ich noch eines ergänzen: Vor allem aus haftungsrechtlicher Sicht. Wer wird am intensivsten darauf schauen, wie die Nettoemissionserlöse verwendet werden sollen? Es ist die begleitende Bank. Die begleitende Bank ist im Vertriebsweg letztlich einer Haftung ausgesetzt bzw übernimmt in gewissen Teilen Risiken. Sie wird typischerweise im Prozess mit der strengste Kontrolleur sein. Sie wird das Risiko nur nehmen und die Schuldverschreibungen vertreiben, wenn tatsächlich sichergestellt ist, dass die Kriterien des Green Bonds eingehalten werden. Da wird genau hingeschaut, denn es ist auch für die Bank ein Reputationsrisiko – neben dem Haftungsrisiko.
Drastil: Bitte noch ein abschließendes Wort, wo wir jetzt sind, wo der Markt hingeht, wo vielleicht die Stolpersteine liegen?
Vanek: In den letzten Jahren haben wir den Aufschwung der Nachhaltigkeitsfonds erlebt, die am Anfang in Österreich ein Mauerblümchen-Dasein geführt haben. In Österreich sind wir mit vielen Entwicklungen, international gesehen nie die first mover. Ich glaube das Thema kommt jetzt in Österreich an und ich hoffe, dass es ein breiteres Thema wird, auch bei Retail-Investoren. Dass wir mehr Emissionen sehen, die dann auch mehr Investoren finden und die dann auch an die Wiener Börse kommen.
Lederer: Da, wo wir hinwollen ist, dass es keinen Institutionellen in Österreich mehr gibt, der nicht einen Teil der Gelder im Bereich social impact investiert. Und dass es keine Stolpersteine mehr gibt. Und mit denen haben wir jetzt hauptsächlich zu tun. Und da sehen wir die Regulatorien, die Aufsicht, den Gesetzgeber auch in der Pflicht. Man hat das Gefühl, die meisten Institutionellen fürchten sich schon so, da irgendwo anzustreifen, weil der Aufwand immer mehr wird, immer umfangreicher. Meiner Meinung wäre hier die Gesetzgebung gefordert, Institutionellen Anlegern Anreize zu bieten, in diese Bereich zu investieren oder vielleicht sogar vorzuschreiben, dass x Prozente ihrer Gelder, die sie verwalten, in diese Bereiche zu investieren sind. Irgendwie in der Art. Oder dass man sagt, es muss nicht unbedingt ein Bond sein mit einem Investment Grade Rating. Das darf auch anders verpackt sein. Viel zu tun.
Wöckener: Wir sehen von Jahr zu Jahr neue Rekord-Emissions-Volumen im Bereich der Green und Social Bonds. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich dies so fortsetzen wird – getrieben durch die hohe Anzahl an zu finanzierenden Projekten der Nachhaltigkeit im öffentlichen Bereich aber auch in der Privatwirtschaft. Entsprechend unterstützt durch die hohe Nachfrage auf Investorenseite. Den größten Spagat, den wir in Europa gehen müssen, ist auf der einen Seite die „Self-Regulation“, das Self-Labelling. Und ich bin ein großer Verfechter davon, das beizubehalten. Wir würden das Produkt wieder verkleinern, wenn wir eine starke Regulierung für Emittenten einführen würden. Und auf der anderen Seite brauchen und haben wir starke Kriterien mit den Green Bond Principles - aber diese müssen weiterentwickelt werden, gewisse Marktstandards müssen weiter etabliert und gefestigt werden, um auch den Anforderungen, die grüne Investoren haben, gerecht zu werden. Wenn wir dem Ganzen einen richtigen „Boost“ geben wollen, müssen wir an spezifische steuerliche oder regulatorische Erleichterungen für diese Produkte denken. Fiele die steuerliche Behandlung auf Emittenten- und/oder Investorenseite - verglichen mit herkömmlichen Anleihen - vorteilhaft aus oder gäbe es für regulierte Emittenten wie Finanzinstitute spezifische regulatorische Erleichterungen gegenüber herkömmlichen Anleihen, Stichwort Kapitalunterlegung, so wäre ein weiterer Anreiz für Marktteilnehmer geschaffen, der zu weiteren Steigerungen der Emissionsvolumina von Green und/oder Social Bonds führen würde. Solche Maßnahmen hängen vom Willen der Politik ab, diese Produkte zu fördern. Ich würde mir dies zweifelsfrei wünschen.
Moser: Ich kann allen nur zustimmen. Man muss in den Köpfen der Menschen Nachfrage wecken, Bewusstsein und Interesse erzeugen. Das macht dieses Thema vor allem aus. Überzeugungsarbeit muss geleistet werden. Flankierend sind viele Schritte erforderlich. Aber nur wenn es in den Köpfen der Menschen klick macht, wird es funktionieren, ähnlich wie bei der Mülltrennung. Wenn man es einmal macht, dann bleibt man dabei. Auch als Investor. Wenn mich dieses Produkt überzeugt hat, dann werde ich weiter in diesem Segment investieren. Zur Unterstützung und Überzeugungsarbeit kann jeder Involvierte beitragen: Als Börse, als Berater, als Rechtsberater, als Journalist, als Marktteilnehmer – wer auch immer damit zu tun hat. Spread the word. Und hoffentlich auf eine starke Nachfrage in den nächsten Jahren.
Drastil: Ich sehe es zudem als Chance, mit diesem Thema an neue Investorenschichten für den Kapitalmarkt heranzukommen. Danke an alle.
Text: Christian Drastil Fotos: Michaela Mejta
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