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Die IR-Website - A Window of Opportunity

Die IR-Website - A Window of Opportunity - Börse Social Magazine #04

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Eine Analyse des Webauftritts österreichischer börsenotierter Unternehmen durch die FH St. Pölten.

Die IR-Website hat als Informationsquelle für Investoren und Analysten in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. In einer Studie des IRClub und des DVFA aus dem Jahr 2015 wurden Analysten und Investoren befragt, welche Informationsquellen für sie relevant sind, und welche Quellen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Es zeigt sich, dass auch in der Finanzkommunikation bzw. der IR traditionelle Printmedien den Onlinemedien Platz machen müssen. Rund 60% der befragten Investoren und Analysten gaben an, dass die IR-Website eine wichtige Quelle ist, aber nur 16% räumten klassischen Fachmedien in Printformat Bedeutung ein. Unter Onlinequellen rangiert die IR-Website neben Blogs, Social Media Plattformen und Message Boards klar an erster Stelle. Über 90% halten die IR-Website für wichtig, wenn es darum geht, brauchbare Informationen für Investitionsentscheidungen zu bekommen.  

Rivel Research Group hat im Juni 2016 Investoren in den USA und in Europa befragt, inwieweit Websites ihre Entscheidung beeinflussen, in ein Unternehmen zu investieren. 64% gaben an, dass die Website bei der Investitionsentscheidung eine Rolle spielt, für 19% sogar eine wesentliche. Die Qualität und das Design der Website schaffen Vertrauen – oder das Gegenteil. Oft ist die Website der erste Berührungspunkt mit einem Unternehmen, und somit ein Schlüsselfaktor der Investor Relations.

Eine Umfrage des IR-Magazine aus dem Jahr 2014 vergleicht die Aussagekraft der IR-Websites von US- und europäischen Unternehmen und zeigt, wo Buy-Side- und Sell-Side-Professionals Handlungsbedarf sehen. In beiden Regionen sieht gut ein Drittel der Befragten keinen Handlungsbedarf. Sie finden auf IR-Websites alles, was sie brauchen. Die restlichen zwei Drittel wünschen sich verstärkt Archivinformationen, Web Conferences (16%) und Präsentationen (15%).  Von 10% der Befragten wir auch die Navigation als verbesserungsfähig genannt. 

Im Lichte der Befunde wollten wir einen genaueren Blick auf die IR-Websites von österreichischen börsenotierten Unternehmen werfen. Dazu haben wir eine Vollerhebung durchgeführt und 61 IR-Websites analysiert. In den meisten Fällen (57 Unternehmen oder 93%) verfügen die Unternehmen über eine eigene IR-Website, bei nur 4 Unternehmen (7%) sind die relevanten Informationen auf der Unternehmenswebsite verfügbar, wobei auch diese Unternehmen der Analyse unterzogen wurden.

Erfolgstreiber. Wir haben drei Hauptkategorien als Erfolgstreiber von IR-Websites identifiziert: (1) welche Informationen werden auf der IR-Website publiziert (Information), (2) wie wird die Information aufbereitet (Usability), und (3) wie ist die IR des Unternehmens über die Website mit der Außenwelt verbunden (Konnektivität). Dabei wurden in der Auswertung die Bereiche Information und Usability mit einem Faktor von 0.4 stärker gewichtet als der Bereich Konnektivität (Gewichtungsfaktor 0.2). Diese Verteilung basiert auf Sekundärstudien, welche die Bedeutung der einzelnen Attribute für Investoren untersucht haben. Dabei wurden die Information und das Design als besonders wichtig hervorgehoben (siehe Rivel Research Group, 2016). In allen drei Hauptkategorien wurden Subbereiche definiert und anschließend bewertet. Eine Übersicht aller Kategorien, den Bewertungsansatz sowie die Generierung des Score zeigt Tabelle 1. (Bild re.) 

Wir haben auf Basis der Literatur und der gesetzlichen Anforderungen sieben Pflichtinformationen definiert. Das sind der Geschäftsbericht, Informationen zur Hauptversammlung, Ad hoc Meldungen, Corporate Governance, Directors‘ Dealings, Aktionärsstruktur und der Finanzkalender. Diese sieben Punkte sollten idealerweise alle IR-Websites beinhalten, daher wurde die Benchmark mit 7 Punkten festgesetzt. Darüber hinaus werden vom Kapitalmarkt weitere Informationen gefordert. Dazu zählen z.B. Informationen zum Management, der Unternehmensstrategie, Fact Sheet oder die Equity Story. Diese können als Best Practice gesehen werden, weshalb auch die Benchmark mit  9 Punkten festgesetzt wird. Auf IR-Websites werden unterschiedliche Informationen über einen längeren Zeitraum zur Verfügung gestellt. Insbesondere Geschäftsberichte, Ad hoc Meldungen, aber auch Präsentationen und Conference Calls. Idealerweise werden alle 4 Kategorien abgedeckt, daher wird die Benchmark mit 4 definiert. Die Historie ist zum Teil durch gesetzliche Anforderungen bestimmt. Im Idealfall werden Geschäftsberichte der letzten 10 Jahre und Ad hoc Meldungen der letzten 5 Jahre bereitgestellt, soweit vorhanden. Aus dem gewichteten Durchschnitt dieser beiden (Gewichtungsfaktor je 0.5) ergibt sich eine Benchmark von 7,5 Punkten. Wenn Unternehmen Geschäftsberichte und Ad hoc Meldungen länger oder darüber hinaus weitere Informationen rückblickend zur Verfügung stellen, wird es in der Bewertung positiv berücksichtigt.

Wenn eine IR-Website interaktiv ist, kann sie 1 Punkt bekommen, ansonsten 0. Wir haben im Vorfeld sieben Interaktionsformate festgelegt. Diese sollten für eine optimale Finanzkommunikation alle, am besten in Kombination, auf IR-Websites vertreten sein. Daher wird die Benchmark mit 7 festgelegt. Bei Sprachen erhalten die Unternehmen 1 Punkt, wenn die IR-Website sowohl auf Deutsch (weil gesetzlich vorgesehen) als auch auf Englisch (weil Sprache der Finanzwelt) verfügbar ist bzw. noch in weiteren Sprachen. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, bekommt die IR-Website keine Punkte. Um die Navigation der Website zu testen, haben wir bei jeder IR-Website fünf potentielle Privatanleger ersucht, das Unternehmensergebnis 2015 zu suchen. Währenddessen haben wir die Zeit gestoppt. Aus diesen fünf Werten haben wir den Durchschnitt berechnet, wobei wir kaum Ausreißer hatten – entweder es fanden sich alle Probanden leicht zurecht, oder es erschien allen schwierig. Haben im Schnitt die Probanden weniger als 20 Sekunden gebraucht, um das Ergebnis 2015 zu finden, erhielt die IR-Website 3 Punkte, bei einer Suchzeit von mehr als 20 und weniger als 40 Sekunden 2 Punkte und bei mehr als 40 Sekunden 1 Punkt. Was sich nicht bestätigen konnte: je umfassender die Information, umso schwieriger die Navigation. Diese Ausrede können Unternehmen jedenfalls nicht gelten lassen. 

Social Media. Wenn Unternehmen mit anderen Websites verbunden sind (zB mit der Website der Wiener Börse, um den aktuellen Aktienkurs zu zeigen), werden sie als interaktiv eingestuft und bekommen 1 Punkt, sonst 0 Punkte. Bei Social Media haben wir unterschieden, ob ein Unternehmen auf Social Media verlinkt, unabhängig davon, wie viele Social Media Kanäle letzten Endes bedient werden. Bei einer prinzipiellen Social Media Präsenz bekommt eine IR-Website 1 Punkte, sonst 0. Wichtig ist, dass die Möglichkeit einer Verknüpfung nicht nur von der IR-Website bestehen können muss, sondern auch von der Corporate Website, wenn dies beim Besuch der IR-Website ersichtlich und zulässig ist. Was nicht Gegenstand der Analyse war: die qualitative Bewertung der Social Media Präsenz. So kann eine Verlinkung zu einer Social Media Plattform bestehen, die Plattform wird jedoch redaktionell nicht bearbeitet. In dem Fall ist die Verlinkung eher kontraproduktiv.

Bei der Kontaktbewertung war die höchst mögliche Anzahl von 2 Punkten dann zu erreichen, wenn ein Nutzer der IR-Website direkten Kontakt zum IRO herstellen kann und die dafür erforderlichen Informationen auf der Website findet. Wenn der Kontakt in indirekter Form via Kontaktformular möglich ist, wurde 1 Punkt vergeben, bei keinem Kontakt 0 Punkte. Insgesamt kann ein Maximalscore von 16.60 Punkten erreicht werden.  

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

∂ Gesetzlich vorgesehene Informationen werden von 90% der Unternehmen über die IR-Website kommuniziert. Weitere Informationen, die international zum Standard gehören,  stellen aber nur knapp 20% im umfassenden Ausmaß zur Verfügung. 

• Equity Story und Fact Sheets sind auf österreichischen IR-Websites nur selten zu finden.

÷ Rückblickend werden v.a. Geschäftsberichte (100%) und Ad-Hoc-Mitteilungen (93%) zur Verfügung gestellt, wobei der Archivzeitraum bis zu 25 Jahre reicht. Aufholbedarf besteht bei Conference Calls.

≠ Die Möglichkeiten an Interaktionsformaten werden noch nicht im vollen Ausmaß genutzt. Die meisten Unternehmen bereiten die Informationen als Text auf und stellen sie zum Download bereit. 70% verwenden Charts und Bilder. Weitere Formate (Podcasts, Infografiken, Videos) nutzen nur wenige, wobei sich zeigt, dass interaktiv aufbereitete Information am besten rezipiert werden. 

≡ Die Navigation wird von Privatanlegern in 18% als ausgezeichnet bewertet, in 44% als gut. Trotzdem haben sie in 38% der IR-Websites verhältnismäßig lange gebraucht, um Informationen auf der IR-Website zu finden. 

≈ Nur zwei Drittel aller IR-Websites unterstützen andere Mobile Devices wie Mobile Phones und Tablets. Dies zu beheben ist relativ leicht und in Anbetracht der Nutzungsgewohnheiten von Onlinemedien unerlässlich.

… Zu Social Media Plattformen verlinken nur 52% der Unternehmen, d.h. die Hälfte der Unternehmen ist nicht in sozialen Medien präsent. Facebook und Twitter werden am stärksten genutzt, mit deutlichem Abstand LinkedIn, Xing, Google+ und YouTube. Wenn Unternehmen soziale Plattformen redaktionell bespielen, ist es wichtig zu wissen, wo Anleger am ehesten Informationen suchen würden. Hier zeigt sich, dass LinkedIn und XING seit 2011 massiv an Relevanz gewonnen haben und für IR-Zwecke wichtiger sind als Facebook.

 Bei 72% der Unternehmen kann der/die IR-Verantwortliche direkt kontaktiert werden. In knapp 20% der Unternehmen kann die IR via Kontaktformular angesprochen werden. Nur 5 (bzw. 8%) der Unternehmen geben keine Kontaktdaten an.

⎯ Die Qualität einer IR-Website hängt stark damit zusammen, auf welchem Markt Unternehmen notieren. Fast alle Unternehmen im prime market wurden als ausgezeichnet oder gut bewertet, wohingegen alle im mid oder standard market gelistete Unternehmen starke Verbesserungspotentiale aufweisen.

Studie mit Palfinger als Sieger: http://boerse-social.com/virtuellemesse/presentation/virtuellefinanzmarktmesse/diverse/3096#bild_63622 

Autorin:

Prof. (FH) Mag. Monika Kovarova- Simecek
FH-Dozentin / Lecturer
Department Medien und Wirtschaft
Fachhochschule St. Pölten GmbH 

Aus dem "Börse Social Magazine #4" - 1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro. Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4



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Aus dem Börse Social Magazine #04
(April 2017)





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