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Thomas G. Winkler, UBM: Knock on Wood

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Thomas G. Winkler, CEO der UBM, hat sich vor eineinhalb Jahren ganz bewusst auf den Holzweg begeben und will der führende Holzbaudeveloper Europas werden. Warum er vom Erfolg der Strategie überzeugt ist, führt er im BSM-Interview detailverliebt aus. Die Aktionäre mögen die neue Equity Story.

Lieber Herr Winkler, am 5. Oktober gab es bei der UBM-Aktie 5,9 Prozent Plus, den bisher stärksten Handelstag des Jahres. Ein Trigger war, dass Ecovadis die UBM im ESG-Rating mit Gold ausgezeichnet hatte. Auch wenn die Volumina nicht hoch waren und sicher kein Großer reingegangen ist, nehm ich das zum Anlass für den Einstieg: Wie wichtig sind Ihnen solche Ratings?

Thomas G. Winkler: Für uns ist das ESG-Rating allein schon deshalb wichtig, weil es einen ESG-Link zu unserer Anleihe und Hybrid-Anleihe gibt. Das Rating bestimmt die Höhe des Kupons. Ecovadis ist das zweite Rating, weil man nie weiß, ob eines ausfällt. Wir haben nun Prime Status bei ISS und Goldstatus bei Ecovadis, schrammten da nur knapp an Platin vorbei. Wir zählen bei Ecovadis zu den Top 2 Prozent in der Branche und zu den Top 5 Prozent gesamt, dies von 75.000. Das zeigt, dass wir unseren Slogan „green. smart. and more“ leben.

Kommen die Leute von Ecovadis eigentlich physisch vorbei, um so ein Rating zu recherchieren?

Physisch nicht, das läuft über Fragebögen und virtuelle Analystengespräche, gesamt haben wir 71 von 100 Punkten bekommen, bei ISS war es ebenfalls ein Fragebogen mit mehr als 100 Fragen. 

Die Aktie läuft year-to-date gut, ist mit rund 25 Prozent im Plus. In der Vergangenheit waren Sie immer, wenn ich Sie gefragt habe, mit dem Aktienkurs unzufrieden. Und jetzt? 

Das ist nach wie vor so, denn der Konsensus der Analysten sieht uns ja bei 53 Euro je Aktie. Wir haben aufgrund hoher Volatilität leider einen Abschlag, denn die Hard Facts würden höhere Kurse anzeigen. Wir notieren 30 Prozent unter Buchwert und haben ein KGV von nur 10. 

Verstehe ich, vielleicht gefällt Ihnen folgende Sicht besser: 17 Unternehmen aus dem ATXPrime sind mindestens 25 Jahre an der Börse, die UBM ist mit einem Plus von etwas mehr als 600 Prozent in dieser Hinsicht aktuell die Nummer  4 hinter Verbund, Lenzing und Mayr-Melnhof.

(lacht) Gefällt mir viel besser, es ist auch ein illustrer Kreis. Der Verbund ist führend bei grüner Energie, Lenzing (Anm.: Winkler war vor seiner UBM-Zeit u.a. Vorstandsmitglied bei Lenzing) Weltmarktführer bei aus nachhaltiger Produktion hergestellten Fasern und Mayr-Melnhof ist in einem Land, das aus 50 Prozent Wald besteht, super aufgestellt. Da sind wir stolze Nummer 4 mit dem Ziel, noch weiter hinauf zu kommen.

Nun möchte ich noch ein kleines Manko ansprechen: Das Volumen in der UBM-Aktie ist verglichen mit dem Vorjahr um 35 Prozent zurückgegangen. Man weiss ja, dass ESG-Shareholder eher Buy & Hold denken. Kann das eine Begründung für den Rückgang beim Volumen sein?

Wir haben eher das Problem, dass wir noch klein sind und Small Caps haben es durch MiFID II noch schwerer. Viele Institutionelle haben durch die Abspaltung aus der Porr UBM-Aktien bekommen, deren Risikoleute sagten dann, da müssen wir raus, weil zu markteng. Das hat zu einer Umpositionierung hin zu Privaten geführt. Die sind weniger aktiv, halten die Aktie und freuen sich über die Dividenden. Instis verstehen unter langfristig 18 Monate, Private 18 Jahre. Wir bemühen uns aber, den Umschlag für die Aktie über Investorenkonferenzen zu erhöhen. 

Sind ESG-Fonds und -ETFs dann überhaupt ein Thema?

Zunächst wollen wir mal nächstes Jahr in den VÖNIX. Das ist ein Index, für den wir Berechtigung haben. Um Fonds bemühen wir uns natürlich ebenfalls,  deutsche Institutionelle bauen wieder Positionen auf, die sie in der Pandemie reduziert haben. Bei uns geht viel über Blocktrades, Instis wählen ja gerne den OTC-Weg. 

Sie erwähnten 18 Monate. Das ist zufällig auch jener Zeitraum, mit dem sie jetzt mit der Holz-Story im Markt sind. Sie nennen den Anspruch, der größte Holzbaudeveloper in Europa zu werden. Wer ist da Konkurrenz?

Das ist alles am Beginn, insofern ist es schwer, von Konkurrenz zu sprechen, ein paar Kitas bzw. Schulen sind im Holzbau errichtet worden. Aktuell ist jeder Mitbewerber eher Verstärker des Themas. Holzbau ist gekommen, um zu bleiben. Denn es ist ja so: Was glauben Sie, wieviel der globalen Emissionen von CO2 machen Hochbau und Immobilien aus?

Keine Ahnung, rund 10 Prozent?

38 Prozent sind es. Und wieviel von diesen 38 Prozent entfallen auf den Bestand, für den wir als Developer ja nur indirekt verantwortlich sind?

Hmm ...

Es sind drei Viertel. Das heißt, wir sind für den Rest verantwortlich als Developer. Aber das Viertel, das wir beeinflussen können, Zement und Stahl, sind bei der Verbauung für sechs Prozent  der gesamten globalen CO2-Emissionen zuständig. Die vielgescholtenen PKWs kommen auf 10 Prozent.  Und da bringen wir Holz ins Spiel: Mit Holzbau können wir diese sechs Prozent deutlich reduzieren. Wir machen daher künftig alles, was möglich ist, in Holzbau. Also komplett anders, als wir es in den vergangenen 25 Jahren gemacht haben. Das heißt, gewohnte Wege verlassen und etwas Neues machen.  Sogar in Amerika sind nur die  Einfamilienhäuser aus Holz, nicht der mehrgeschossige Wohnbau. Das ist überall am Beginn, weswegen es auch nur Friendly Competitors gibt. Einer davon ist Garbe, die machen das  Roots im Hamburger Hafen, das höchste Holzhochhaus Deutschlands. Im Hafen, das ist mutig, denn Holz sollte nicht nass werden und ist auch als Aussenfassade nicht geeignet; Stichworte Feuchtigkeit und Schallschutz.  Also baut man Holz hybrid mit dünner Betondecke. Erfahrung haben auch BIG/ARE, die schon Schulen aus Holz gebaut haben. Wir haben die Baranygasse in Wien 22 fertig und den Timber Pioneer in Frankfurt am Start. Es ist ja so: Wir sind wie alle anderen von der Pandemie kalt erwischt worden als damals größter Hoteldeveloper in Europa. Wir sind in zwei Wochen Klausur zum Fazit gekommen, dass wir die Krise nicht im Griff haben. Also entschieden wir, dass das FAZ-Tower-Nebengebäude kein Hotel werden kann. Die Partner, deren Aktien sogar 80 Prozent gefallen sind, sagten „klar“ und alle haben die Stranded Costs akzeptiert. Dann wollten wir gleich radikal gehen und einen Holzbau machen. 

Wie sehen Sie das HoHo in der Seestadt?

Ich habe größten Respekt, das war seiner Zeit voraus. Der Nachteil eines Hochhauses ist aber, dass es einen Kern gibt, mit dem man nichts anfangen kann, vom dem aus man alles erschließen muss. Das für mich subjektiv schönste Hochhaus im 1. Bezirk ist der Ringturm, aber die Funktionalität ist problematisch, weil die Hälfte für Treppen, Lift und Fluchtwege draufgeht. Beim Holz müssen wir von Grund auf neu denken.  Der Holzbauer liefert Module zu, das ist eine neue Aufgabe. Wir lernen das beim Timber Pioneer kennen, dieser soll gleichzeitig mit dem FAZ Tower fertig werden, obwohl noch nicht Baustart war. Wir können mit Holz schneller bauen und danken dabei auch der Stadt Frankfurt für das extreme Entgegenkommen .

Sie haben angesprochen, dass eine Holzfassade problematisch ist. Wird man den Timber Pioneer optisch von aussen als einen solchen Holzpionier erkennen können? 

Nein, von aussen wird es ein relativ konventionelles Gebäude. Innen drin wird man sich wohlfühlen. Es wird besser als Gewohntes riechen, aber nicht die Anmutung einer Almhütte haben.

Timber Pioneer ist ein guter Name. Ich mag Ihnen, wenn sie jetzt ein Holzbau-Pionier sind, auch noch einen Chart zeigen, nämlich den Holzchart mit seinen extremen Anstiegen. Da kommen nur wenige Aktien und Cryptos mit. Wie sehr und in welcher Form sind Sie künftig von diesem Chart abhängig?

(blickt auf den Chart) Hier sieht man die Disruption der Lieferkette. Wir kennen das aus der Vergangenheit: Nur in Ausnahmefällen musste man einen Hedge machen, zB auf Stahl oder jetzt auf Holz, die Entwicklung ist auch auf den Zollstreik Kanada (USA zurückführen. In den meisten Gegenden, wo Holzbau relevant ist, wächst jedoch mehr Holz nach als vorhanden.

zB hierzulande …

Genau, Deutschland 1/3 Holz, Österreich noch mehr.

Und um grün zu sein, müssten Sie natürlich lokale Sourcen wählen, Holz aus Deutschland.

Genau. So machen wir das auch. Und es ist klar, dass wir Holz von hier und kein Tropenholz verbauen. 

Dann zum Claim „green. smart. and more“. Green heißt bei Euch jetzt Holz und das haben wir ausführlich besprochen. Bitte um ein paar Worte zum S, zum Smart?

Smart wird bei uns ein Standard sein, in dem ein Käufer eines Bürogebäudes -  immer wenn Holz möglich ist, wird es Holz sein - einen Standardkatalog mit Bausteinen Intelligenter Gebäude, kurz BIG, bekommen wird. Da geht es um Luftmenge und -Qualität, Licht, auch Temperatur und Belegung werden gemessen. Die erste Reaktion ist da meist: „Hamma schon,“ sowas ist ein großer Bremsfaktor. Es mag ja sein, dass das banal klingt, aber da ist noch so extrem viel Platz nach oben. Geschwollen daherreden über Smart Offices tun die Leute ja schon seit Jahrzehnten.  Aber Erweiterungsbausteine wie die Sensorik bei den Jalousien, automatische Nummerntaferlerkennung für die Öffnung der Garage sind schon gut, das kann man sich wie bei einem App-Store dazuordern.  Der Aufzug hat einen Chip, der sich merkt, wie oft gefahren wird. Aufzughersteller hatten bisher hohe Wartungsdeals, mit Internet of Things sorgen wir bei Smart für effizientere Kommunikation, was geringere Kosten bedeutet. Der Aufzug sagt dem Saugroboter, dass heute nichts los war, der Saugroboter spricht auch mit Türkontakten, ob jemand drin war, ebenfalls wegen dem Saugen. Die nächste Stufe ist das lernende Büro. Wenn ich weiss, dass am Mittwoch Nachmittag aus welchem Grund auch immer stets weniger Leute da sind, kann man früher Heizungen und Geräte zurückfahren. 

Braucht das nicht einen Showroom?

Braucht es und haben wir / machen wir. Wobei das eigentlich Spannende sieht man dann via Cloudlösung.  Wir sind stets gespannt, welche Algorithmen wir da lernen können.

Sie sind ja Developer. Kann man so ein Know-How überhaupt weitergeben, wenn das Gebäude verkauft ist?

Ja, natürlich. Man übergibt ja an den zukünftigen Eigentümer und der hat Interesse, die Betriebskosten runterzukriegen. 

Also geht es mehr um Betriebskosten denn um James Bond? 

Um James Bond geht es überhaupt nicht, es geht um Wohlbefinden, ein neues Arbeiten auch in Konkurrenz zum Home-Office. Als erstes braucht man eine bessere und schnellere Internetverbindung als zu Hause. Green ist bei der UBM Holzbau, Smart heißt Standardisierung. Man kann sich darauf verlassen, dass neue und refurbished Büros mit guter Glasfaserkabel-Leerverrohrung ausgestattet sind.

Und More?

Das „…and more“ war mir ein Anliegen.  Es geht um eine Geschichte, da hab ich auch viel von unserer neuen Kollegin Martina (Anm.: Maly-Gärtner, seit 9/2021 Vorstandsmitglied) gelernt. Es geht um die Geschichte, die wir erzählen können. Da lacht mich gerne mal wieder wer aus, wenn ich vom Specht spreche, den man im Lift hört, aber genau daran werden sich die Leute erinnern. Weiters Ästhetik, neuhochdeutsch Look & Feel.  Das Gebäude, in dem wir sprechen, ist aus 2001 und von seiner Ästhetik her von außen durchaus überschaubar. Ich wollte es aber drinnen wohnlicher, wollte auch die eine oder andere Couch, das trägt zum Wohlbefinden bei. Last, but not least, geht es um die Erweiterung durch die Customer Experience.  Sehr stolz sind wir zB auf voco The Hague, ein ehemaliges Bankgebäude mit 300 Jahren Geschiche.  Man muss einfach freundlich begrüßt werden, man braucht eine freundliche Rezeption. Je schöner die Umgebung ist, desto mehr können wir das Wohlfühlen steigern. Das haben wir aus dem Hotelgeschäft gelernt. Oder die Lounge, da kann man auch von zu Hause mitgebrachtes Essen essen.

Und hier bei der UBM kommt Sodawasser aus der Leitung, hab ich auch noch nie gesehen ...

Genau. Wir wollen den MitarbeiterInnen was bieten. Früher reichte eine Anstellung. In Zukunft ist es so, dass die Kombination aus green. smart. and more.

punktet. More sind zusammengefasst drei Dinge: Storytelling , Look & Feel und Customer Experience.

Heuer haben wir mit CFO Patric Thate gesprochen, heute mit Ihnen und Sie erwähnten Frau Maly-Gärtner. Fehlt noch einer aus dem Vorstand, Martin Löcker …

… und er ist der Wichtigste beim Thema Green. Wie man an seinen Fingern erkennen kann, hat er eine duale Ausbildung, er ist gelernter Tischler. Martin ist unser Mr. Green. Er war es auch, der meinte, wir sollen uns was trauen. Und so hatten wir in der Baranygasse auf seinen Input hin einen von sieben identischen Bauteilen aus Holz gemacht.  Wir wollten schauen, um wieviel teurer das ist. War nur geringfügig teurer.

Barany im 22. Bezirk war wirklich der Ursprung? 

Ja.

Sie sind schnell, disruptiv, radikal. Ist das manchen Investoren vielleicht zu schnell, disruptiv, radikal? 

Nein. Im Gegenteil hat man das geschätzt.  Der Blick in die Glaskugel hat gepasst, weil gut recherchiert, und weil wir eben mit einer Alternative aufwarten konnten.  Der FAZ-Tower wurde schon mit dem 32,5-fachen der Jahresmiete an Hanse Merkur verkauft. Das geht nicht, wenn ein 350-Zimmer-Hotel dranhängt oder eine jahrelange Baustelle droht. Freilich darf man nie die Rahmenbedingungen ignorieren. Dann schließt sich der Kreis mit dem Glück des Anpassungsfähigen. Unsere ESG-Strategie funktioniert.

Text: Christian Drastil   Fotos: supersusi.com

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