28.01.2015, 5911 Zeichen
"A.T. Kearney prognostiziert für 2015 einen Anstieg der M&A Aktivitäten im Öl- und Gassektor
Aktuelle Studie zeigt: Unternehmen müssen Chancen durch fallende Ölpreise für Fusionen und Übernahmen nutzen
Wien, 28. Jänner 2015 - Die globale Unternehmensberatung A.T. Kearney prognostiziert in ihrer neuesten Studie für 2015 eine erhebliche Zunahme der M&A Aktivitäten (Mergers & Acquisitions) im Öl- und Gassektor. Auslöser ist der Sinkflug des Ölpreises, der nach dem Höchststand von 115 US-Dollar Ende Juni 2014 auf unter 50 US-Dollar pro Barrel Brent gefallen ist. Der enorme Preisdruck verursacht Cashflow-Probleme, deshalb müssen Ölfirmen jeder Größe klare Reaktionen auf die Situation zeigen – sowohl kurz- als auch langfristig. Erfahrungsgemäß werden die Unternehmen mit M&A-Aktivitäten reagieren, um die Wettbewerbslandschaft zu ihren Gunsten zu formen.
Nach einem eher verhaltenen Jahr 2013 nahmen 2014 M&A-Transaktionen in der Öl- und Gasindustrie um 30 Prozent zu und beliefen sich Ende 2014 auf einen Transaktionswert von über 440 Milliarden US$. Angesichts des weiter sinkenden Ölpreises und der Entscheidung der OPEC gegen eine Drosselung der Fördermengen werden 2015 noch intensivere M&A-Aktivitäten in der gesamten Wertschöpfungskette stattfinden. Diese strategischen Deals sind für die Unternehmen wichtig, um Wertzuwächse zu erzielen und sich für kommende Marktturbulenzen zu rüsten.
„Strategische M&A-Ansätze sind entscheidend, um dem immensen Kosten- und Cashflow-Druck zu begegnen, dem die Öl- und Gas-Unternehmen ausgesetzt sind. Unsere Analysen und Gespräche mit Führungskräften aus der Branche haben gezeigt, dass in den kommenden sechs bis zwölf Monaten wahrscheinlich eine neue Übernahmewelle über die gesamte Wertschöpfungskette rollen wird“, erklärt Richard Forrest, globaler Leiter der Beratungssparte Energie und Prozessindustrie bei A.T. Kearney und Co-Autor der Studie.
Forrest weiter: „Das Zeitfenster für diese Chance ist unter Umständen kürzer als gedacht und hängt von den Erwartungen an den Ölpreis ab. Firmen mit starkem Cashflow und gesunder Bilanz können Chancen nutzen, andere dagegen müssen Strategien entwickeln, um einfach nur zu überleben.“
Chancen für alle Player der Öl- und Gasbranche
Sämtliche Player in der Branche können von einem strategischen M&A-Ansatz profitieren, darunter nationale und internationale Ölfirmen, unabhängige Ölunternehmen und Dienstleister (Oil Service Companies) sowie Finanzinvestoren.
Dr. Tobias Lewe, Partner und Leiter der europäischen Beratungssparte Energie und Prozessindustrie bei A.T. Kearney kommentiert: „Wir erwarten das wertmäßig größte M&A-Volumen und die meisten Deals im Upstream-Segment – also im Bereich Exploration und Produktion. Außerdem rechnen wir mit erheblichen Wertzuwächsen im Midstream-Bereich und bei den Ölservice-Unternehmen. Gerade im Bereich Ölservices könnten sich für die innovative deutsche Technologieunternehmen, die die Gunst der Stunde nutzen, gute Wachstumsmöglichkeiten ergeben. Für alle Sektoren gilt: Firmen, welche die Chancen dieses schnelllebigen und volatilen Markts am besten antizipieren und nutzen, werden ihre Position gegenüber ihren Konkurrenten wesentlich stärken.“
Internationale Ölfirmen werden ihr Portfolio optimieren
Bei internationalen Ölfirmen wird auch weiterhin die Optimierung ihrer Portfolios im Mittelpunkt stehen. 2015 könnten auch vermehrt Downstream- und nicht zum Kerngeschäft gehörende Vermögenswerte veräußert werden, um die Finanzierung von geplanten Upstream-Aktivitäten zu ermöglichen und Cashflow-Erfordernissen gerecht zu werden. Megadeals zur Erzielung von Skalen- und Synergieeffekten sind zwar nicht auszuschließen, werden aber die Ausnahme bleiben, wenn sie denn überhaupt stattfinden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass internationale Ölfirmen zum Ausbau ihrer Positionen in ihren jeweiligen Bereichen in erster Linie auf selektive Akquisitionen setzen werden. M&A-Aktivitäten nationaler Ölfirmen werden sich an den nationalen Interessen der Regierungen der Länder orientieren, in denen sie tätig sind. Dabei üben kurzfristige inländische Erfordernisse und innenpolitischen Zielsetzungen oft ebenso starken Einfluss aus wie wirtschaftliche und geschäftliche Strategien.
M&A-Erfolg unabhängiger Ölfirmen von mehreren Faktoren abhängig
Eine weitere Schlussfolgerung der Studie ist, dass der M&A-Erfolg unabhängiger Ölfirmen von der Bilanzstärke und den Asset-Risiken im Zusammenhang mit höheren Break-Even-Ölpreisen bestimmt wird. Die risikofreudigeren Finanzinvestoren nutzen vielleicht die Chance für einen Markteintritt; aber der aktuelle Margendruck, die niedrigen Ölpreise und die schleppende Nachfrage dürften auf einige Anleger eher abschreckend wirken.
Finanzinvestoren werden sich wahrscheinlich im Ölfeldservice-Sektor einkaufen oder Downstream-Desinvestitionen von internationalen Ölfirmen erwerben. Ganz Zuversichtliche engagieren sich unter Umständen außerhalb des traditionellen reifen Produktionssektors und kaufen Upstream-Assets.
Großes Konsolidierungspotenzial bei Ölservice-Unternehmen
Ölservice-Unternehmen werden angesichts des anhaltenden Margendrucks bei ihren Kunden auch weiterhin zu kämpfen haben. Diese Entwicklung wird auch für die Serviceanbieter Auswirkungen haben. Es besteht ein großes Konsolidierungspotenzial, und kapitalkräftige Investoren werden weiter aktiv sein. Zudem könnten Newcomer wie z. B. große Engineering-Unternehmen strategische Schritte für einen Markteintritt in Erwägung ziehen.
Tobias Lewe resümiert: „Unternehmen, die genügend Weitblick besitzen, sich den First-Mover-Vorteil zu sichern, können erhebliche strategische Gewinne in einem Wettbewerbsumfeld erzielen, das sich als hochdynamisch erweisen wird.“
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