10.10.2024, 10747 Zeichen
Wien (OTS) - - 2023: Sinkende Auftragseingänge, rückläufiger Export
- Status Quo 2024: EEI stark unter Druck, Konjunktureinbruch,
Stellenabbau - Deindustrialisierung im Vormarsch
- Forderungen nach Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts
und der globalen Wettbewerbsfähigkeit
- Elektro- und Elektronikindustrie unverzichtbar für Dekarbonisierung
und Digitalisierung
- Produzierende Industrie Garant für Versorgung der Bevölkerung mit
lebensnotwendigen Gütern und Ressourcen
Für die österreichische Elektro- und Elektronikindustrie war das Jahr
2023 besonders herausfordernd. Der Aufholeffekt nach der Corona-
Pandemie lief im Jahr 2023 endgültig aus und die im Zuge der
geopolitischen Krisen nachlassende internationale
Wirtschaftstätigkeit setzte der Branche zu. Vor allem die hohen
Energiepreise in Europa und die rückläufige Nachfrage aus dem Ausland
erschwerten die Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen. Während die
Produktion im Vergleichszeitraum 2022 noch stark gestiegen war (+16,2
Prozent), lag die abgesetzte Produktion 2023 bei einem Wert von 24,61
Mrd. Euro und damit einer Steigerung von nur noch moderaten + 5,0
Prozent . Die aktuellen Zahlen der Statistik Austria vom Mai 2024
zeigen ein deutlich drastischeres Bild: einen Rückgang des
Produktionswerts von 6,5 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum
bzw. preisbereinigt eine Veränderungsrate von -9,2 Prozent.
Im Gegensatz zu 2022 verzeichneten im Jahr 2023 nur noch ausgewählte
Sparten stärkere Zuwächse: Während Produkte aus der Mess-, Kontroll-
und Prüftechnik sowie sonstige elektrische Ausrüstungen gute
zweistellige Steigerungsraten erzielen konnten, verzeichneten die
elektronischen Bauelementen einen Rückgang von -1,0 Prozent. Die
Zahlen vom Mai 2024 zeigen für den Bereich der elektronischen
Bauelemente, die immerhin 27,4 Prozent Anteil am Produktionswert der
EEI haben, bereits einen Rückgang von 11,5 Prozent verglichen zum
Vorjahreszeitraum.
Die allgemein schwierige Lage schlägt sich auch bei den
Auftragseingängen nieder. Verglichen mit dem Niveau des
Vergleichszeitraums 2022 zeigte sich 2023 ein Rückgang von -4,8
Prozent. Die aktuellen Zahlen vom Mai 2024 sind noch deutlicher mit
einem Minus von 11 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum. Die
Auswertung der Folgemonate liegt noch nicht vor. Eine Trendumkehr ist
nicht in Sicht.
Die Zahl der festangestellten Beschäftigten konnte 2023 noch gehalten
werden und erreichte zum Jahresende mit 74.291 Beschäftigten ein
leichtes Plus von 3,5 Prozent. Dass sich 2024 auch hier die
Vorzeichen geändert haben, machen aktuelle Zahlen deutlich: Während
die Zahl des Eigenpersonals im Mai 2024 noch konstant blieb, wurde
Fremdpersonal um fast 30 Prozent abgebaut. Das sind rund 1.500
Arbeitsplätze weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die
Medienmeldungen der letzten Monate belegen diesen Negativtrend:
Bedeutende EEI-Unternehmen mussten heuer bereits Personal abbauen
bzw. Kurzarbeit anmelden.
Eine kürzlich vom FEEI durchgeführte Branchenumfrage unterstreicht
dies: alle antwortenden Unternehmen geben an, dass die hohen Lohn-
und Gehaltskosten zu den wettbewerbsschädlichsten Faktoren zählen,
gefolgt von massiven Auftragsrückgängen und Bürokratieaufwand. EU-
weit liegen Österreichs durchschnittliche Arbeitskosten 2023 an
dritter Stelle - nur Belgien und Dänemark sind noch teurer.
Die stark exportorientierte Branche verzeichnet auch bei der
Exportquote im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (84,5 Prozent) ein
Minus und schließt Ende 2023 bei 83,9 Prozent. Der 2023 im Ausland
erwirtschaftete Umsatz lag bei 23,9 Mrd. Euro. Nach wie vor stellt
der EU-Raum mit einem Anteil von 63,5 Prozent den wichtigsten
Exportmarkt für die Branche dar. Allerdings zeigt sich hier
verglichen zum Vorjahr ein Rückgang von 2,7 Prozent . Betrachtet man
die einzelnen Staaten, ist weiterhin Deutschland der bedeutendste
Exportpartner der österreichischen EEI mit einem Anteil von 29,8
Prozent. Der Anteil der EEI-Produkte an den Gesamtausfuhren
Österreichs belief sich 2023 auf 9,9 Prozent. Gemessen an der
abgesetzten Produktion stellte die Elektro- und Elektronikindustrie
auch 2023 die drittgrößte Industriesparte in Österreich dar.
„Die Auswirkungen der vielfältigen Krisen, die hohe Kostenbelastung
der letzten Jahre und der massive Nachfragerückgang schlagen sich nun
auch in Zahlen nieder“, sagt FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun im Rahmen
der heutigen Jahrespressekonferenz. „Das ist doppelt tragisch, denn
wir sprechen hier nicht nur von bislang sicheren, qualifizierten und
gut bezahlten Jobs, die das heimische Bruttoinlandsprodukt und damit
unser aller Wohlstand erhöhen. Ein Fehlen von Arbeitskräften in
diesem Bereich führt auch dazu, dass wir die digitale und grüne
Transformation nicht schaffen werden“, gibt Hesoun zu bedenken. Die
Elektro- und Elektronikindustrie liefert dringend nötige Produkte,
Dienstleistungen und Innovationen, die Energie optimal nützen, und
bietet effektive Lösungen für eine wettbewerbsfähige, kohlenstoffarme
Industrie in Europa. „Die EEI gilt nicht umsonst als Branche der
Zukunft. Wer sich hier engagiert, gestaltet aktiv eine positive
Zukunft für uns alle mit“, so Hesoun.
Auch für die stete Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Gütern
wie Wasser, Strom oder medizinische Versorgung braucht es die
produzierende Industrie. Sie gewährleistet die Aufrechterhaltung
kritischer Infrastruktur - wobei Cybersecurity immer stärker in den
Fokus rückt. Um die Bedeutung und Wertschöpfung der produzierenden
Industrie in Zahlen festzumachen, hat der FEEI eine Studie beim
Industriewissenschaftlichen Institut in Auftrag gegeben. Diese soll
zudem aufzeigen, wie sich die Branche und damit die heimische
Volkswirtschaft entwickeln, wenn gezielt Maßnahmen zur Stärkung der
produzierenden Industrie im Inland gesetzt werden bzw. eben nicht
gesetzt werden. Die Ergebnisse der Studie werden in wenigen Wochen
präsentiert werden.
Der von der Bundesregierung kürzlich beschlossene Made in Europe-
Bonus ist hier ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Top-
Up Förderung von bis zu 20 Prozent - abhängig davon, wie viele
europäische Komponenten in neuen PV-Anlagen verbaut werden -
ermöglicht es, Wertschöpfung im Land zu halten und die eigene
Energieversorgung und kritische Infrastruktur sicherzustellen. Doch
es braucht deutlich mehr.
Forderungen nach Maßnahmen zur Standortstärkung
Als eine wesentliche Ursache der sinkenden Wirtschaftsleistung
identifiziert Hesoun die hohe und deutlich über dem EU-Schnitt
liegende Inflation in Österreich in den letzten drei Jahren. Das hat
die Unternehmen unter enormen Kostendruck gesetzt: hohe Zinsen,
erhöhte Energiepreise und hohe Lohnkosten in Kombination mit einem
massiven Nachfragerückgang.
„Vonseiten der Gewerkschaft war der Druck in den Verhandlungen
massiv, entsprechend hohe Kollektivverträge abzuschließen, um die
Teuerung abzufedern. Wir haben auf die daraus resultierenden Gefahren
hingewiesen und den Sozialpartnern dargelegt, wie wichtig es ist, für
beide Seiten tragbare Lösungen zu finden. Ich erinnere an meinen
Appell in der letztjährigen Jahrespressekonferenz. Jetzt tritt ein,
wovor wir gewarnt haben“, sagt Hesoun mit Blick auf den Stellenabbau
in mehreren Industriebetrieben im Land und der einsetzenden
schleichenden Deindustrialisierung. „Die hohen Lohnabschlüsse in
Kombination mit anderen erhöhten Kosten und dem massiven
Nachfragerückgang kann sich für unsere Industrie mittelfristig nicht
ausgehen. Unsere Unternehmen stehen im globalen Wettbewerb. Die
Arbeitskosten in Österreich liegen EU-weit an dritter Stelle - von
Ländern in Asien oder den USA nicht zu sprechen. Am Ende des Tages
muss ein Unternehmen aber gewinnbringend geführt werden. Ist das
nicht möglich, wird in andere Teile der Welt verlagert und es werden
Jobs abgebaut,“ so Hesoun. Unternehmen stellen sich nicht mehr die
Frage, ob es sich noch rentiert, in Österreich zu investieren; sie
ziehen den Standort schlicht nicht mehr in Erwägung oder wandern ab.
Es geht längst nicht mehr darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken,
sondern Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Der FEEI plädiert
daher für eine rasche Senkung der Lohnnebenkosten , einen Abbau der
überbordenden Bürokratie , adäquate und nachhaltig angelegte
Förderungen sowie die Stärkung und den Ausbau von Infrastruktur.
Dekarbonisierung und Digitalisierung müssen forciert werden, wobei
Technologieoffenheit ein wichtiger Pfeiler ist und Cybersecurity noch
stärker in den Fokus genommen werden muss. Zudem gilt es,
Grundlagenforschung in Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu übersetzen,
Know-how aufzubauen bzw. zu stärken und im Land zu halten und somit
Resilienz zu sichern. Darum wird eine 4% F&E-Quote gefordert, für die
es dringend Unterstützung aus Bundesmitteln von zumindest 6,8 Mrd.
Euro im Zeitraum 2027 bis 2029 braucht. Und schließlich benötigt die
Branche eine neue und den aktuellen Gegebenheiten entsprechend
sinnvolle Herangehensweise an künftige
Kollektivvertragsverhandlungen.
Weiterhin Fachkräftemangel
Trotz der einbrechenden Zahlen und dem Abbau von Stellen in der EEI
bleibt der Mangel an Fachkräften bestehen. Neben Bemühungen zur
Entlastung der Unternehmen, zur Wiedererlangung der
Wettbewerbsfähigkeit und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts ist
der Aufbau von qualifizierten Arbeitskräften essenziell. „Die Elektro
- und Elektronikindustrie bietet viele spannende Jobs, die im
Hinblick auf Dekarbonisierung und Digitalisierung auch dringend
notwendig sind. Arbeitskräfte in der EEI gestalten die Zukunft mit
und sind Taktgeber der Innovation . Das vermitteln wir mit einer
gemeinsam mit Branchenpartnern ins Leben gerufenen Kampagne #
JoinTheFuture , die seit Herbst 2023 gezielt Jugendliche anspricht
und Neugierde für Technik weckt“, erklärt FEEI-Geschäftsführerin
Marion Mitsch. Gab es lt. WKO-Lehrlingsstatistik im September 2023 in
der EEI 1.263 Lehrlinge, waren es im September 2024 bereits 1.343.
Das ist ein Zuwachs von mehr als 6 Prozent. Für Mitsch ist klar: „Es
braucht weiterhin mehr Ausbildungsplätze im MINT-Bereich, die
Attraktivierung des zweiten Bildungswegs, den Ausbau von
Kinderbetreuungsplätzen sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung
des qualifizierten Zuzugs.“
Über den FEEI
Der FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie vertritt
in Österreich die Interessen des zweitgrößten Industriezweigs mit
rund 300 Unternehmen, rund 74.000 Beschäftigten und einem
Produktionswert von 24,61 Milliarden Euro (Stand 2023). Gemeinsam mit
seinen Netzwerkpartnern - dazu gehören u. a. die Fachhochschule
Technikum Wien, UFH, die Plattform Industrie 4.0, Forum
Mobilkommunikation (FMK), der Verband Alternativer Telekom-
Netzbetreiber (VAT) und der Verband der Bahnindustrie - ist es das
oberste Ziel des FEEI, die Position der österreichischen Elektro- und
Elektronikindustrie im weltweit geführten Standortwettbewerb zu
stärken. www.feei.at
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