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24.11.2012, 5728 Zeichen

(Von: Tim Schaefer)

Wirklich schade, dass die Printmedien so leiden. Ich finde es bedauerlich, dass die FTD geschlossen wird. Es sind die teuren Druck- und Vertriebskosten, es sind die ausbleibenden Werbekunden, die sinkenden Auflagen. Leider wollen die Menschen nichts mehr ausgeben für gute Informationen. Der Zeitgeist schreit nach billig oder gratis.

Print-Abonnenten haben im Netz mit all den Blogs und Portalen tausende Alternativen. Aber die Qualität ist dort ein großes Problem.

Ich bin wegen der hohen Qualität ein großer Anhänger der Printmedien. Ich halte täglich die Druckausgabe der „New York Times“ in der Hand, lese jede Woche „Barrons“

Manchmal kaufe ich das „Wall Street Journal“. Ich liebe die Printtitel. Ohne die „Times“ habe ich einen schlechten Tag. Mir würde etwas fehlen. Manchmal bin ich froh, wenn mein Urlaub vorbei ist – nur weil ich die „Times“ vermisse. Ich kann verschmerzen, wenn ich schwarze Finger von ihr bekomme.

Print-Journalisten machen sich intensiv Gedanken, worüber sie schreiben. Es gibt so viele Informationen, viel zu viele - wir werden regelrecht zugeschüttet. Deshalb können die überfrachteten, schnellen Medien Internet, Funk und Fernsehen mit den Tages- und Wochenzeitungen nicht mithalten. Seriöse Printtitel sind der beste Informationslieferant.

Im Fernsehen wird so viel Informationsmüll verbreitet, Infohappen, die keinen Wert haben.

Seit drei Jahren höre ich ununterbrochen diesen Satz im Fernsehen: „Aktien fallen wegen der Eurokrise“. Das würde doch niemand täglich in die Zeitung drucken. Kurse sinken wegen der „Gewinnmitnahmen“. Oh ja, was sind eigentlich „Gewinnmitnahmen“? Was hat dieser Blödsinn für einen Mehrwert? Alles Papperlapapp!

Es wird so viel Unsinn verbreitet. Kurse steigen und fallen. So ist das nun mal an der Börse. Jede Minute, je Stunde schwanken die Preise. Den Grund zu suchen, warum die Kurse gerade steigen oder sinken, ist die größte Dummheit, die Journalisten machen können. Es wäre so, als ob wir nach der Ziehung der Lottozahlen über die Gewinner-Zahlen endlos diskutieren würden. Man könnte ja auch ein Buch über die gezogenen Lottozahlen schreiben.

Wer von Printmedien ins Web abwandert, dem kann ich nur den Tipp geben, auf den sogenannten „Bestätigungsfehler“, Englisch "confirmation bias", zu achten. Es ist unsere Neigung, Informationen so auszuwählen, so zu suchen und so zu interpretieren, dass sie unsere Erwartungen immer brav erfüllen. Anders ausgedrückt: Wir lesen immerzu unsere Lieblingsblogs, die schreiben, was wir lesen möchten, wovon wir selbst felsenfest überzeugt sind.

Dabei ist es verdammt wichtig, Dinge zu hinterfragen. Lesen Sie Informationen, die Ihre eigenen Erwartungen widerlegen. Ab und zu kann das nicht schaden. Sonst können Sie einer Selbsttäuschung unterliegen. Auch lohnt es sich, Ihre Annahmen (über Aktien oder was auch immer) mit Freunden zu diskutieren.

Wenn Aktionäre von ihrem Unternehmen begeistert sind, meiden Sie kritische Analysten. Sie hassen sie regelrecht. Da nahm die Deutsche Bank im Jahr 2008 das Kursziel für Solarworld von 38 auf 28 Euro zurück, schon bewerteten 14 Leser den Artikel mit dem „mangelhaft"-Rating. Das ist reiner Selbstbetrug. Heute zählt der Solarkonzern zum Reich der Pennystocks.

Lesen Sie viel, vor allem unterschiedliche Perspektiven. Das kann Ihnen die Augen öffnen.

Ich finde es witzig, alte Nachrichten zu lesen. Lesen Sie mal heute den Unsinn, der auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 verbreitet wurde. Die meisten Prognosen treten doch nie ein. Vor allem lagen all die Schwarzseher daneben. Auf dem Höhepunkt der Krise kriegen diese Mahner die höchsten Einschaltquoten. Daher können Sie den Weltuntergangsirrsinn in Talkshows verbreiten. Sie machen den Menschen Angst. Dabei wäre es besser, Optimismus zu verbreiten. Wenn die Nacht am dunkelsten ist (an der Börse), beginnt der Tag.

Es gibt ganz wenige, die recht mit ihren Prognosen behalten. Aber selbst diejenigen Experten, deren Prognosen eintreten, treffen nicht bei allen Aspekten ins Schwarze. So sah der Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini, auch „Dr. Doom“ genannt, die Immobilienkrise in den USA schon im Jahr 2006 kommen. Dafür warnt er seit Jahren vor dem Kollaps der Euro-Zone. Er warnt vor dem Chaos, vor dem Run auf die Banken. Bislang hat sich das nicht bewahrheitet.

Seien Sie also sehr vorsichtig, wenn Sie Prognosen, Kursziele und so weiter sehen. Das einzige, was sich wohl behaupten lässt, ist: Der Fortschritt macht das Leben insgesamt seit Jahrhunderten angenehmer. Die Menschen werden im Schnitt älter, die Wirtschaft und die Börse wachsen auf lange Sicht. Mehr kann man eigentlich nicht vorhersagen.

Warren Buffett macht in der Regel keine Prognose, er sträubt sich davor. Trotzdem ist er einer der besten Anleger weltweit. Auf Sicht von fast 50 Jahren steigerte er das Eigenkapital seiner Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway um ca. 19 Prozent p.a.

Um es mit den Worten von Charlie Munger, dem Vize-Chef von Berkshire Hathaway, zu sagen: „Investing is where you find a few great companies and then sit on your ass.” - "Investieren bedeutet, Du findest ein paar großartige Firmen und sitzt anschließend auf Deinem Arsch." Vergessen Sie alberne Prognosen beziehungsweise den Blick in die Glaskugel. Lassen Sie sich nicht nervös machen.

Gute Medien führen uns in diese Richtung, weil sie die Schleusentore nur aufmachen, wenn sie wichtige Informationen für uns haben. All den Rest ersparen sie uns. Sie haben die besseren Redakteure und die hilfreichen Redaktionskonferenzen, in denen jeder einzelne Journalist seine Themen und Thesen mit den anderen diskutieren muss, bevor irgend etwas zu Papier gebracht wird. Diese Runden sind ein Qualitätsfilter. Ein Segen. Wie schade FTD!


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    Oh nein, FTD! Warum Printmedien von Vorteil sind (Tim Schaefer)


    24.11.2012, 5728 Zeichen

    (Von: Tim Schaefer)

    Wirklich schade, dass die Printmedien so leiden. Ich finde es bedauerlich, dass die FTD geschlossen wird. Es sind die teuren Druck- und Vertriebskosten, es sind die ausbleibenden Werbekunden, die sinkenden Auflagen. Leider wollen die Menschen nichts mehr ausgeben für gute Informationen. Der Zeitgeist schreit nach billig oder gratis.

    Print-Abonnenten haben im Netz mit all den Blogs und Portalen tausende Alternativen. Aber die Qualität ist dort ein großes Problem.

    Ich bin wegen der hohen Qualität ein großer Anhänger der Printmedien. Ich halte täglich die Druckausgabe der „New York Times“ in der Hand, lese jede Woche „Barrons“

    Manchmal kaufe ich das „Wall Street Journal“. Ich liebe die Printtitel. Ohne die „Times“ habe ich einen schlechten Tag. Mir würde etwas fehlen. Manchmal bin ich froh, wenn mein Urlaub vorbei ist – nur weil ich die „Times“ vermisse. Ich kann verschmerzen, wenn ich schwarze Finger von ihr bekomme.

    Print-Journalisten machen sich intensiv Gedanken, worüber sie schreiben. Es gibt so viele Informationen, viel zu viele - wir werden regelrecht zugeschüttet. Deshalb können die überfrachteten, schnellen Medien Internet, Funk und Fernsehen mit den Tages- und Wochenzeitungen nicht mithalten. Seriöse Printtitel sind der beste Informationslieferant.

    Im Fernsehen wird so viel Informationsmüll verbreitet, Infohappen, die keinen Wert haben.

    Seit drei Jahren höre ich ununterbrochen diesen Satz im Fernsehen: „Aktien fallen wegen der Eurokrise“. Das würde doch niemand täglich in die Zeitung drucken. Kurse sinken wegen der „Gewinnmitnahmen“. Oh ja, was sind eigentlich „Gewinnmitnahmen“? Was hat dieser Blödsinn für einen Mehrwert? Alles Papperlapapp!

    Es wird so viel Unsinn verbreitet. Kurse steigen und fallen. So ist das nun mal an der Börse. Jede Minute, je Stunde schwanken die Preise. Den Grund zu suchen, warum die Kurse gerade steigen oder sinken, ist die größte Dummheit, die Journalisten machen können. Es wäre so, als ob wir nach der Ziehung der Lottozahlen über die Gewinner-Zahlen endlos diskutieren würden. Man könnte ja auch ein Buch über die gezogenen Lottozahlen schreiben.

    Wer von Printmedien ins Web abwandert, dem kann ich nur den Tipp geben, auf den sogenannten „Bestätigungsfehler“, Englisch "confirmation bias", zu achten. Es ist unsere Neigung, Informationen so auszuwählen, so zu suchen und so zu interpretieren, dass sie unsere Erwartungen immer brav erfüllen. Anders ausgedrückt: Wir lesen immerzu unsere Lieblingsblogs, die schreiben, was wir lesen möchten, wovon wir selbst felsenfest überzeugt sind.

    Dabei ist es verdammt wichtig, Dinge zu hinterfragen. Lesen Sie Informationen, die Ihre eigenen Erwartungen widerlegen. Ab und zu kann das nicht schaden. Sonst können Sie einer Selbsttäuschung unterliegen. Auch lohnt es sich, Ihre Annahmen (über Aktien oder was auch immer) mit Freunden zu diskutieren.

    Wenn Aktionäre von ihrem Unternehmen begeistert sind, meiden Sie kritische Analysten. Sie hassen sie regelrecht. Da nahm die Deutsche Bank im Jahr 2008 das Kursziel für Solarworld von 38 auf 28 Euro zurück, schon bewerteten 14 Leser den Artikel mit dem „mangelhaft"-Rating. Das ist reiner Selbstbetrug. Heute zählt der Solarkonzern zum Reich der Pennystocks.

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    Ich finde es witzig, alte Nachrichten zu lesen. Lesen Sie mal heute den Unsinn, der auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 verbreitet wurde. Die meisten Prognosen treten doch nie ein. Vor allem lagen all die Schwarzseher daneben. Auf dem Höhepunkt der Krise kriegen diese Mahner die höchsten Einschaltquoten. Daher können Sie den Weltuntergangsirrsinn in Talkshows verbreiten. Sie machen den Menschen Angst. Dabei wäre es besser, Optimismus zu verbreiten. Wenn die Nacht am dunkelsten ist (an der Börse), beginnt der Tag.

    Es gibt ganz wenige, die recht mit ihren Prognosen behalten. Aber selbst diejenigen Experten, deren Prognosen eintreten, treffen nicht bei allen Aspekten ins Schwarze. So sah der Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini, auch „Dr. Doom“ genannt, die Immobilienkrise in den USA schon im Jahr 2006 kommen. Dafür warnt er seit Jahren vor dem Kollaps der Euro-Zone. Er warnt vor dem Chaos, vor dem Run auf die Banken. Bislang hat sich das nicht bewahrheitet.

    Seien Sie also sehr vorsichtig, wenn Sie Prognosen, Kursziele und so weiter sehen. Das einzige, was sich wohl behaupten lässt, ist: Der Fortschritt macht das Leben insgesamt seit Jahrhunderten angenehmer. Die Menschen werden im Schnitt älter, die Wirtschaft und die Börse wachsen auf lange Sicht. Mehr kann man eigentlich nicht vorhersagen.

    Warren Buffett macht in der Regel keine Prognose, er sträubt sich davor. Trotzdem ist er einer der besten Anleger weltweit. Auf Sicht von fast 50 Jahren steigerte er das Eigenkapital seiner Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway um ca. 19 Prozent p.a.

    Um es mit den Worten von Charlie Munger, dem Vize-Chef von Berkshire Hathaway, zu sagen: „Investing is where you find a few great companies and then sit on your ass.” - "Investieren bedeutet, Du findest ein paar großartige Firmen und sitzt anschließend auf Deinem Arsch." Vergessen Sie alberne Prognosen beziehungsweise den Blick in die Glaskugel. Lassen Sie sich nicht nervös machen.

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