16.01.2025, 5567 Zeichen
Wien (OTS) - 2024 war für das Gewerbe und Handwerk in Österreich ein
überaus
schwieriges Jahr: Nach den vorläufigen Schätzungen von KMU Forschung
Austria schließt das Gewerbe und Handwerk das Jahr mit einem realen (
mengenmäßigen) Umsatzminus von -4,5 Prozent ab. Nominell (wertmäßig)
betrug das Minus -1,0 Prozent.
Damit ist 2024 schon das fünfte Jahr in Folge mit einem realen
Umsatzminus. Seit 2019 (damals ging sich es ein zartes mengenmäßiges
Plus von 0,5 Prozent aus) ist die Entwicklung durchgehend rückläufig.
„Corona-Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg,
Energiekrise, Inflation, Zinshoch und zudem noch Fachkräftemangel:
Diese dramatischen Umstände haben zur längsten Rezessionsphase der
Nachkriegszeit geführt. Jetzt gilt es zu verhindern, dass sich diese
Schwächephase strukturell verfestigt“, sagte Renate Scheichelbauer-
Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der
Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Donnerstag bei einem
Pressegespräch: „Wir brauchen rasch eine handlungsfähige Regierung,
die die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort entschlossen in
Angriff nimmt.“
Exportbranchen unter Druck
Besonders schwierig war 2024 für das investitionsabhängige
Baugewerbe bzw. den Holzbau sowie für exportorientierte Branchen wie
Metalltechniker und Kunststoffverarbeiter.
Auch für die konsumnahen Branchen war das letzte Jahresviertel
mehrheitlich negativ geprägt. Zu diesen zählen Bereiche wie Mode,
Lebensmittelgewerbe, Friseur:innen bis hin zu Personaldienstleistern,
Sicherheitsgewerbe, Mechatronik und Fahrzeugtechnik. Nur 17 Prozent
dieser Betriebe meldeten für den Zeitraum Oktober bis Dezember höhere
Umsätze als im Jahr davor. Für 53 Prozent blieben diese gleich, 30
Prozent meldeten Rückgänge. Somit ist der Saldo mit -13
Prozentpunkten ähnlich negativ wie zu Jahresende 2022 und 2023.
Besonders schwach war das vierte Quartal für die stark von der
Industriekonjunktur abhängigen Personaldienstleister und das
Sicherheitsgewerbe, die Berufsfotografie und die sehr am Export und
dem produzierenden Bereich ausgerichtete Mechatronik.
Ausblick für 2025
Wie sind die Unternehmen in das Jahr 2025 gestartet? „Der
Pessimismus nimmt weiter zu, ein Aufwärtstrend ist derzeit leider
nicht in Sicht“, sagte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria
mit Blick auf die Auftrags- und Umsatzerwartungen für das erste
Quartal.
Lediglich bei den Friseuren überwiegen die hoffnungsfrohen
Betriebe um einen Prozentpunkt, bei Fußpflege, Kosmetik und Massage
halten sich die Erwartungen aktuell die Waage. In allen anderen
Branchen - sowohl im investitionsgüter- wie im konsumnahen Bereich -
überwiegen unter den befragten Unternehmen jene, die
Geschäftsrückgänge befürchten. Besonders negativ sind die Erwartungen
im Holzbau, wo die pessimistischen Betriebe einen Überhang von -43
Prozentpunkten haben, im Bauhilfsgewerbe (-34 Prozentpunkte),
Metalltechnik (-33) und Berufsfotografie (-30).
Punktgenaue Impulse
Angesichts der notwendigen Budgetsanierung brauche es nun die
richtige Balance aus Konsolidierung und Wachstum. „Klug gesetzte und
effiziente Impulse müssen den Betrieben Zuversicht geben, mehr zu
investieren“, sagte Scheichelbauer-Schuster. So koste es
beispielsweise nichts, sich von überschießenden Auflagen oder
Vorschriften zu befreien, erklärte die Obfrau mit Blick auf die KIM-
Verordnung der Finanzmarktaufsicht: Diese hatte seit 2022
Baufinanzierungen behindert und den Wohnungsneubau nahezu zum
Stillstand gebracht. Die Sparte begrüßt, dass die Maßnahme Mitte 2025
endlich ausläuft.
Weniger Bürokratie
„Das günstigste und effizienteste Konjunktur-Paket ist der Abbau
von Bürokratie“, ergänzte Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz. Ein
Zurückfahren des bürokratischen Mehraufwandes um nur 10 Prozent würde
die Betriebe im Gewerbe und Handwerk um 430 Mio. Euro pro Jahr
entlasten und 4.200 Vollzeitbeschäftige für produktive Tätigkeiten
freispielen. Auch auf europäischer Ebene hätten die Berichte von
Enrico Letta und Mario Draghi das Problem der Überregulierung klar
adressiert, so Kainz: „Wir mahnen nun bei der EU-Kommission konkrete
Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau ein.“ Das wird auch Thema bei einer
Europäischen Handwerkskonferenz im März in München sein.
Fokus auf Qualifizierung
Drittens: Für die Wettbewerbsfähigkeit im Handwerk und Gewerbe
ist die Qualifikation der Mitarbeiter:innen besonders entscheidend.
Deshalb plädiert die Sparte für einen verstärkten Fokus auf Höher-
bzw. Umqualifizierungen.
Sehr positiv haben sich indes 2024 mit einem Plus von sechs
Prozent die Meister- und Befähigungsprüfungen entwickelt. Im Gegenzug
sinken - primär demografisch bedingt - die Lehrlingszahlen, was den
Fachkräftemangel zu verschärfen droht. Die Betriebe erbringen mit
ihrer Ausbildungsleistung einen enormen gesellschaftlichen Mehrwert,
der jedoch hohen Personal- und Kostenaufwand verursacht. „Es muss
auch für kleinere Betriebe möglich sein, Lehrlinge auszubilden, denn
das hat Österreich so erfolgreich gemacht“, betont Scheichelbauer-
Schuster.
Zumal die betriebliche Lehrlingsausbildung dem Staat sogar sparen
hilft: Die Kosten eines Lehrlings sind für die öffentliche Hand mit
7.700 Euro pro Jahr nachweislich niedriger als für BMS- bzw. BHS-
Schüler:innen (12.000 Euro) oder Jugendliche in der Überbetrieblichen
Ausbildung (23.000 Euro).
Abschließend zeigt sich Scheichelbauer-Schuster überzeugt: „Wenn
für unsere Betriebe die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen passen,
findet Österreich rasch wieder zurück zu Wohlstand, Wachstum und
Wettbewerbsfähigkeit.“ (PWK013/HSP)
Presseunterlagen finden Sie hier .
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