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Was für die Akzeptanz von Windkraft erforderlich ist

14.01.2025, 5677 Zeichen

Wien (OTS) - Ein internationales Forscher*innen-Team mit BOKU-Beteiligung hat die Auswirkungen der Windenergie auf Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Recht untersucht, in 14 Kategorien zusammengefasst und eine gut aufbereitete Grundlage für politische Entscheidungen geliefert.
Die Windkraft ist eine der effizientesten erneuerbaren Energieproduktionsformen und trägt maßgeblich zum Gelingen der Energiewende bei. Die möglichen ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen von Windkraftanlagen sind jedoch gesellschaftspolitisch umstritten und die damit verbunden Herausforderungen werden auch in der Wissenschaft intensiv diskutiert. Dies war für 24 internationale Forscher*innen und Windkraftexpert*innen unter der Leitung der ETH Zürich Anlass genug, 400 Studien auszuwerten und so den Stand der Forschung zusammen zu führen. Das Ergebnis wurde soeben in der renommierten Fachzeitschrift JOULE zu veröffentlicht wurde. Die BOKU University war mit einem interdisziplinären Team vertreten, dem der Energieökonom Johannes Schmidt, der Geograph Michael Klingler, die Wildtierökologin Eva Schöll und der Politikwissenschaftler Patrick Scherhaufer angehörten.
Zwtl.: Ganzheitliche Lösung erforderlich
Viele der diskutierten Auswirkungen stellen gewichtige Hindernisse für den weiteren Ausbau der Windenergie und damit auch für die Verwirklichung nationaler Klima- und Energiepläne dar. In diesem Review-Paper identifizieren die Forscher*innen auf Grundlage einer umfassenden Literaturauswertung von über 400 Studien 14 Kategorien an Hauptauswirkungen. Sie bewerten die Auswirkungen qualitativ im Hinblick auf ihre Bedeutung und räumliche Differenzierung, schlagen, wo möglich, konkrete Lösungen vor und zeigen Wege für weitere Forschung auf. Aus einer systemischen Perspektive wird zudem deutlich, dass diese Auswirkungen speziell für die Lösungsfindung nicht individuell und getrennt voneinander betrachtet werden können.
Zwtl.: Hindernisse und innovative Lösungen
Während im technoökonomischen Bereich die Netz- und Marktintegration als ein bedeutendes Hindernis für den Ausbau der Windenergie angesehen wird, gibt es gleichzeitig eine Fülle an innovativen Lösungen beispielsweise im Bereich der Sektorenkopplung und Energiesystemintegration. Negative Umweltauswirkungen durch den Infrastrukturausbau auf die Tier- und Pflanzenwelt oder die Schwierigkeit des Recyclings von Rotorblättern sind Probleme, die weiterhin im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses stehen, für die es aber oft noch keine erprobten und skalierbaren Lösungen gibt. Potentielle Auswirkungen von Windkraft auf die menschliche Gesundheit durch Lärm oder Schattenwurf sind wiederum stark in gesellschaftlichen Debatten verankert. Lärmemissionen sind im Vergleich zum Straßenverkehr aber vernachlässigbar, und die richtige Positionierung von Windturbinen kann Lärm- und Schattenemissionen wirkungsvoll verhindern.
Zwtl.: Mögliche Landnutzungskonflikte
Ebenso sind die Auswirkungen von Windkraft auf Immobilienpreise und den Tourismus in der wissenschaftlichen Literatur uneindeutig. Ein weiteres Motiv dafür, dass Windkraftanlagen gesellschaftlich nicht akzeptiert werden, betrifft den ästhetischen Effekt auf das Landschaftsbild, der regional unterschiedlich bewertet wird. Um die Akzeptanz von Windkraft zu erhöhen, sind derzeit vor allem Kompensationszahlungen an Anrainer*innen populär, um mögliche negative monetäre Effekte zu kompensieren. Hingegen unterstreichen verschiedene Studien aus dem Globalen Süden, aber auch in Nordeuropa das Problem der Landbesitzfrage. Besonders in Gebieten mit nicht gesicherten öffentlichen und gemeinschaftlichen Eigentumsverhältnissen können Landnutzungskonflikte zwischen Windenergiebetreibern und indigenen sowie traditionellen Bevölkerungsgruppen entstehen, welche nur durch faire und inklusive Planungs- und Entwicklungsprozesse gelöst werden können.
Erstautor Russel McKenna, Professor für Energiesystemanalyse an der ETH Zürich und Leiter des Labors für Energiesystemanalyse am Paul Scherrer Institut (PSI) zu den Ergebnissen: „Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist generell hoch, beispielsweise befürworten 60 Prozent der Schweizer Bevölkerung Windkraftanlagen im zukünftigen Strommix, aber auf lokaler Ebene gibt es oft Widerstand. Es hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz für Windturbinen steigt, wenn die Gemeinde davon profitiert, zum Beispiel durch eine finanzielle Beteiligung am Projekt oder wenn Arbeitsplätze für die lokale Wirtschaft geschaffen werden. Dabei geht es nicht nur um technische Arbeitsplätze - Windparks können auch attraktive Standorte für den Tourismus sein. Generell muss in der Bevölkerung noch viel Aufklärungsarbeit über die jeweiligen Vor- und Nachteile der Windenergie geleistet werden. Bei allen Energietechnologien ist immer ein Kompromiss notwendig, und es ist unvernünftig, sich auf die Nachteile einer Technologie zu konzentrieren, ohne die Alternativen zu berücksichtigen.“
BOKU-Lead Autor Johannes Schmidt vom Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: „Der Artikel gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zu Auswirkungen von Windkraft auf Menschen und die Umwelt. In diesem Zusammenhang sind viele empirisch nicht gesicherte Informationen im Umlauf und wir hoffen, dass wir damit eine gut aufbereitete wissenschaftliche Grundlage bieten, um sowohl potentiellen fake news entgegenzuwirken als auch wichtige Forschungslücken aufzuzeigen“.
Mehr Infos zu den 14 Kategorioen: https://bokubox.boku.ac.at/# 8ec2a2bdfe910a004d8058fa4a19f336
Literaturhinweis: McKenna R, Lilliestam J, Heinrichs H et. al. System impacts of wind energy developments: key research challenges and opportunities. Joule (2024) https://doi.org/10.1016/j.joule.2024.11.016



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