12.11.2024, 5109 Zeichen
Wien (OTS) - In einer Podiumsdiskussion, veranstaltet vom
Bundesgremium der
Versicherungsagenten, kamen führende Vertreter:innen aus
Versicherungswirtschaft und Aufsicht zusammen, um die Auswirkungen
von Bürokratie und Regulierungen in der Versicherungsbranche zu
beleuchten. Die Diskussion bot tiefgehende Einblicke in die
drängenden Themen der Branche, von der Insurance Distribution
Directive (IDD) und Weiterbildungsverpflichtungen bis hin zum
geplanten Provisionsverbot (im Rahmen der Retail Investment Strategy)
der EU und Geldwäscherichtlinien, und lieferte wertvolle Anstöße für
zukunftsgerichtete Reformen.
Horst Grandits , Bundesobmann des Bundesgremiums der
Versicherungsagenten, ortete, dass seit Inkrafttreten der IDD in
einigen Bereichen der Regulierung Verbesserungspotenzial besteht.
Insbesondere führte er aus: „Weiterbildung sollte wirkliche
Weiterbildung sein.“ „Wir bekennen uns zur
Weiterbildungsverpflichtung und wir sehen uns als Fachverband in der
Verantwortung, qualitativ hochwertige Weiterbildungsveranstaltungen
anzubieten, um die Qualität der Beratung durch Versicherungsagenten
zu sichern“, so Grandits.
Reinhard Pohn , Vorstand für Vertrieb und Marketing der Generali
Österreich, betonte, dass die Umsetzung der neuen Regularien im
Alltagsgeschäft der Versicherungsbranche oftmals eine Herausforderung
ist. „Eine gute technische Infrastruktur ist für die Bewältigung der
Anforderungen unerlässlich“, so Pohn, der auch betonte, wie wichtig
eine pragmatische Herangehensweise bei neuen Regulierungen sei. In
Sachen Kundenkontakt hebt er weiters besonders die Qualität der
Beratung hervor. „Nur so können wir den tatsächlichen Bedarf der
Kunden erkennen und passende Lösungen anbieten."
Aus Deutschland berichtete Michael Heinz , Präsident des
Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, über ähnliche
Probleme, mit denen auch die deutschen Vermittler konfrontiert sind.
„In Deutschland wie in Österreich führt die Überregulierung zu einer
Entfremdung von der eigentlichen Beratungsaufgabe“, meinte Heinz und
verglich die länderspezifischen Ansätze beider Staaten im Umgang mit
den EU-Vorgaben. Er plädierte: „Wir brauchen keine zusätzliche
Bürokratie aus Brüssel. Die Versicherungsbranche kann ihre
Qualifizierungsmaßnahmen selbst regulieren und die hohen Standards
bewahren.“
Maria Althuber-Griesmayr , Leitung Recht und Internationales im
Versicherungsverband, hob hervor, wie wichtig sowohl das Image als
auch die Interessenvertretung in der Versicherungsbranche ist: „Wir
müssen in der Lobbyingtätigkeit ganz woanders ansetzen. Es ist
wichtig, dass wir in Brüssel präsent sind, da viele Entscheidungen
dort getroffen werden. Häufig wird in der Versicherungsbranche nach
den Maßstäben des Bankensektors reguliert, was für die Versicherungen
nicht immer passt.“ Zu den in den letzten Jahren dazugekommenen
Regulierungen erklärte Althuber-Griesmayr: „Konsumentenschutz ist
wichtig, aber es gibt zu viel Bürokratie, die den
Versicherungsvertrieb im Kerngeschäft behindert, insbesondere dabei
sich intensiv um Kundenbedarf zu kümmern und Expertise in neuen
Bereichen (wie Nachhaltigkeit) aufzubauen.“
Christian Mandl , Abteilungsleiter Europapolitik der
Wirtschaftskammer Österreich, erläuterte den Zusammenhang zwischen
der EU-Gesetzgebung und der österreichischen Wirtschaft und
Versicherungsbranche. „Es besteht ein dringender Bedarf an
Bürokratieabbau. Auch auf EU-Ebene sind viele Regelungen und
Berichtspflichten nicht nur aufwändig, sondern behindern oft die
Flexibilität und Innovationskraft der kleinen und mittleren
Unternehmen,“ erklärte Mandl und appellierte an die europäische
Ebene, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen im Sinne der
Wettbewerbsfähigkeit rasch und spürbar zu verringern.
Stefan Trojer , Gewerberechtsexperte im Wirtschaftsministerium,
skizzierte die Notwendigkeit, die regulatorischen Anforderungen an
Versicherungsvermittler zu überprüfen und praxisnah zu gestalten:
„Das Ziel sollte sein, Regularien so zu gestalten, dass sie
praktikabel sind, aber dennoch einen hohen Standard
aufrechterhalten“, sagte Trojer. Er warnte zudem auch vor
Zusatzanforderungen: „Die Vorgaben für Versicherungsvermittler müssen
sinnvoll und ohne unnötiges Gold-Plating umgesetzt werden.“
Ludwig Pfleger von der Finanzmarktaufsicht (FMA) äußerte sich zur
künftigen Entwicklung der Regulierung im Versicherungssektor: „Für
die Zukunft erhoffe ich mir eine europäische Gesetzgebung, die nicht
nur auf immer neue Regelungen setzt, sondern verstärkt auf eine
genaue Evaluierung der Zielerreichung bestehender Regelungen und auf
die Anpassung und Verbesserung bestehender Standards fokussiert. Dies
würde es der Branche ermöglichen, effizienter zu arbeiten und
gleichzeitig die Konsumenten weiterhin adäquat zu schützen und den
Schutz im Bedarfsfall bei festgestellten Defiziten auszubauen.“
Pfleger erklärte bei der Rolle der FMA auch den Grundsatz „Beraten
statt Strafen“ und das Opportunitätsprinzip und verwies auf die
Bereitschaft der FMA, im Dialog mit der Branche praktikable Lösungen
zu entwickeln. (PWK410/DFS)
Zu den Fotos der Veranstaltung:
https://www.flickr.com/photos/wirtschaftskammer/album...
4174
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