18.12.2024, 6357 Zeichen
Wien (OTS) - Creditreform führt diese Umfrage über die Lage und
Erwartungen der
österreichischen KMU seit 1996 zweimal jährlich durch. Die
wesentlichen Ergebnisse sind:
Das Geschäftsklima-Barometer der heimischen KMU befindet sich weiter im Sinkflug.\nDie Auftrags- und Umsatzlage ist im Keller, die aktuelle Auftragsentwicklung nach wie vor stark negativ.\nDie Ertragslage ist bei 53% der Unternehmen gesunken; mangels Liquidität steigen die Insolvenzen auf ein Rekordniveau.\n29% haben Personal abgebaut. Der Fachkräftemangel bleibt aber bestehen.\nDie Angebotspreise sinken weiter. Die Inflation scheint eingedämmt zu sein.\nNicht einmal ein Drittel der Unternehmen will investieren.\n54% bewerten die Wirtschaftspolitik kritisch.\n71% fordern einen Bürokratieabbau.\nZwtl.: Wirtschaftskrise im Mittelstand verschärft sich
Die Rezession trifft den Mittelstand mit voller Wucht. Viele
Unternehmen verzeichneten massive Auftrags- und Umsatzverluste und
reagierten mit Personalabbau. Dies geht aus der aktuellen
Herbststudie der Creditreform Wirtschaftsforschung hervor, in welcher
rund 1.400 österreichische KMU befragt wurden. Der Studie zufolge
stehen mittelständische Unternehmen derzeit unter erheblichem Druck
und sind stark verunsichert. Die Investitionsbereitschaft hat einen
historischen Tiefpunkt erreicht. „Die Wirtschaftskrise ist tiefer und
wird länger anhalten als erwartet. 2024 wird somit das zweite Jahr in
Folge sein, in dem die Wirtschaftsleistung schrumpft“ , fasst Gerhard
Weinhofer, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband Creditreform,
die Ergebnisse zusammen.
Das Creditreform Klimabarometer für den Mittelstand, basierend
auf den Umfrageergebnissen, bleibt weiterhin deutlich im negativen
Bereich. Der aktuelle Wert von minus 9,9 Punkten (Vorjahr: minus 4,9
Punkte) verdeutlicht eine weitere Verschlechterung der
Wirtschaftslage. Besonders betroffen sind das Verarbeitende Gewerbe
sowie der Handel.
Zwtl.: Flaute im Sommerhalbjahr
Im Zuge der Rezession erlitten die Unternehmen in den vergangenen
sechs Monaten erhebliche Auftrags- und Umsatzeinbußen. Fast jeder
zweite Befragte (49,2 Prozent) meldete rückläufige Aufträge, während
nur 11,0 Prozent ein Auftragsplus verbuchen konnten (Vorjahr: 12,4
Prozent). Auch die Umsatzentwicklung verlief alarmierend: 43,2
Prozent der Unternehmen verzeichneten hier Rückgänge (Vorjahr: 38,9
Prozent). Lediglich 16,7 Prozent der Befragten erzielten
Umsatzgewinne (Vorjahr: 20,5 Prozent). Dies stellt die schlechteste
Umsatzentwicklung seit 25 Jahren dar.
„Die Prognosen der Mittelständler für die kommenden Monate
bleiben düster. Eine schnelle und deutliche Erholung der Konjunktur
ist nicht in Sicht“ , sagt Weinhofer. Es gebe jedoch etwas Hoffnung,
da sich die Auftragserwartungen langsam aufhellen. Die Talsohle der
Rezession könnte somit Ende 2024 oder Anfang 2025 erreicht werden.
Derzeit rechnen jedoch nur 14,6 Prozent der Befragten im nächsten
Halbjahr mit einem Umsatzplus, während 36,4 Prozent weiterhin von
Rückgängen ausgehen. Besonders pessimistisch zeigt sich die
Bauwirtschaft.
Zwtl.: Personalabbau verstärkt sich
In den letzten sechs Monaten haben 28,6 Prozent der Unternehmen
ihre Belegschaft verkleinert, während nur 11,9 Prozent neue
Mitarbeiter eingestellt haben. Besonders stark war der Personalabbau
im Bau und im Verarbeitenden Gewerbe, wo jeweils etwa ein Drittel der
Unternehmen Stellen gestrichen hat. Auch die Personalplanungen für
die Zukunft sind zurückhaltend. Es ist zu erwarten, dass die
Beschäftigtenzahl im Mittelstand weiter sinkt. Die
Investitionsbereitschaft befindet sich auf einem historischen
Tiefstand: Nur 31,4 Prozent der Unternehmen planen in der nächsten
Zeit Investitionen, was einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (42,8
Prozent) darstellt. Vor allem die unsicheren Konjunkturaussichten
bremsen die Investitionsvorhaben.
Zwtl.: Einbruch bei den Erträgen - Insolvenzen steigen
„Fehlende Aufträge, rückläufige Umsätze und hohe Kosten belasten
die Ertragslage der Unternehmen. In den letzten Monaten war kaum eine
Ertragssteigerung zu verzeichnen“ , so Konjunkturforscher Weinhofer.
Der Mittelstand steht auch aufgrund einer Verschlechterung der
Zahlungsmoral unter Druck. Forderungslaufzeiten von bis zu 60 Tagen
sind keine Seltenheit mehr. Zudem berichteten die Unternehmen
häufiger als im Vorjahr von Forderungsausfällen, die mehr als 1,0
Prozent des Umsatzes betragen und somit zunehmend die Liquidität
gefährden.
„Zwar ist die Eigenkapitalsituation im Mittelstand noch
überwiegend stabil, doch die finanzielle Solidität der Unternehmen
beginnt bereits zu wackeln“ , erklärt Weinhofer. Der Anteil der
Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote sank auf 44,1 Prozent (
Vorjahr: 44,8 Prozent). Besonders im Verarbeitenden Gewerbe und im
Handel war eine Verschlechterung zu verzeichnen. Gleichzeitig ging
allerdings der Anteil der eigenkapitalschwachen Unternehmen auf 16,8
Prozent zurück (Vorjahr: 18,4 Prozent). Als eigenkapitalschwach
erwiesen sich vor allem Unternehmen aus dem Baugewerbe und dem
Handel.
In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stieg die Zahl der
Unternehmensinsolvenzen in Österreich um 22,8 Prozent auf 4.931
Fälle. Besonders stark war der Anstieg im Kredit- und
Versicherungsgewerbe sowie in der Sachgütererzeugung und im Bauwesen.
Regional gesehen verzeichnete das Burgenland mit einem Plus von 59,7
Prozent den größten Zuwachs. „Viele Unternehmen stehen aktuell unter
starkem Kostendruck und sehen sich einer rückläufigen Nachfrage
gegenüber. Der Anstieg der Insolvenzen ist daher wenig überraschend“,
erklärt Weinhofer.
Zwtl.: Wirtschaftspolitik der Bundesregierung in der Kritik
„Aus Sicht der Wirtschaft unternimmt die Politik zu wenig, um die
Rezession zu bekämpfen und die Unternehmen zu entlasten. Besonders
kritisiert werden bürokratische Hürden und weiter steigende Kosten“ ,
erklärt Weinhofer. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (
54,2 Prozent) bewertet die aktuelle Wirtschaftspolitik der Regierung
als unzureichend und sieht sie kritisch. Lediglich 5,5 Prozent
äußerten sich positiv, während ein Drittel der
Befragten (33,2 Prozent) eine neutrale Haltung einnahm. Zu den
wichtigsten Themen aus Sicht des Mittelstands gehören der
Bürokratieabbau (71,4 Prozent) und der Fachkräftemangel (63,7 Prozent
). Zudem belasten die Inflation, hohe Energiekosten, gestiegene
Zinsen und die mangelnde Planungssicherheit die Unternehmen weiterhin
erheblich.
Börsepeople im Podcast S16/12: Thomas Eccli
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