Ein EU-gefördertes Leuchtturmprojekt in Sachen CO2-reduzierte Energiezukunft und Dekarbonisierung der Stahlproduktion nimmt Gestalt an: Das Projektkonsortium „H2FUTURE“ bestehend aus voestalpine , Siemens , Verbund sowie Austrian Power Grid und den wissenschaftlichen Partnern K1-MET und ECN gab heute am voestalpine-Standort Linz offiziell den Bau der weltweit größten Pilotanlage zur Herstellung von „grünem“ Wasserstoff frei. Mit sechs Megawatt Anschlussleistung ist es die wirkungsvollste und modernste Anlage ihrer Art. Die Partner aus Industrie und Energiewirtschaft wollen damit an künftigen „Breakthrough-Technologien“ forschen, um den globalen Klimazielen langfristig gerecht zu werden. Der Vollbetrieb der Anlage ist für Frühjahr 2019 geplant.
Nach dem Projektstart zu Beginn 2017 schreitet der Bau der Pilotanlage am voestalpine-Standort Linz inzwischen zügig voran. Das Fundament steht und die Errichtung der Hallenkonstruktion läuft. In den Sommermonaten werden die Kernkomponenten zur Elektrolyse geliefert und noch binnen Jahresfrist soll die Inbetriebnahme beginnen. Der Start des umfangreichen zweijährigen Versuchsprogramms ist für Frühjahr 2019 geplant. "Mit der Errichtung der neuen Pilotanlage für die Herstellung von CO2-freiem Wasserstoff setzen wir einen weiteren Schritt in Richtung langfristiger Realisierung einer Technologietransformation in der Stahlindustrie. Das Ziel dabei ist es, echte ‚Breakthrough-Technologien‘ zu erforschen, die in etwa zwei Jahrzehnten im großtechnischen Stil anwendbar sein könnten", so Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender voestalpine AG
Die Zukunftsvision des Technologie- und Industriegüterkonzerns sieht vor, von Kohle bzw. Koks über Brückentechnologien mit Erdgas (z. B. heute schon in der Direktreduktionsanlage in Texas) letztlich zur möglichst umfassenden Anwendung von „grünem“ Wasserstoff zu gelangen. "Voraussetzung dafür ist, dass erneuerbare Energie in ausreichendem Umfang und zu konkurrenzfähigen Bedingungen als Basis zur Verfügung steht", erklärt Herbert Eibensteiner, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter der Steel Division. „In der Anlage schlägt ein hochtechnologisches Herz von Siemens. Wir spalten mit Hilfe von grünen Elektronen Wasser in seine Grundkomponenten Wasserstoff und Sauerstoff", erläutert Wolfgang Hesoun, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG Österreich
Für die Forschungsanlage in Linz hat Siemens das derzeit weltweit größte PEM („Proton Exchange Membrane“)-Elektrolysemodul entwickelt. Mit einer Anschlussleistung von sechs Megawatt können damit 1.200 Kubikmeter „grüner“ Wasserstoff pro Stunde produziert werden. Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff wird ein Rekord-Wirkungsgrad von 80 Prozent angestrebt. Der Wasserstoff kann gespeichert werden und ist vielseitig einsetzbar: Als Grundstoff in der Industrie wie in Linz, aber auch als Treibstoff in der Mobilität oder als Energieträger bei der Strom- und Gasversorgung. „Die DNA von Siemens ist saubere Energie: von Erzeugung über Verteilung bis zur Anwendung. Effiziente Technologien sind ein wesentlicher Baustein, um den Klimawandel mit seinen dramatischen Folgen einzudämmen“, erklärt Hesoun. Der globale Bedarf für Wasserstoff wird sich bis 2050 auf rund 6 Billionen Kubikmeter verzehnfachen. Anlagen, wie jene in Linz sind die Voraussetzung, um den steigenden Bedarf nahezu CO2-neutral abdecken zu können.
"Auch energieintensive Industrien können klimaneutral sein. Mit diesem herausragenden Projekt kommen wir dem globalen Dekarbonisierungsziel einen Schritt näher. Die Technologie unterstützt unsere Kunden dabei, den Wandel im Energiesektor und zugleich den Klimaschutz voranzutreiben. Siemens selbst hat ehrgeizige Ziele: Bis zum Jahr 2020 werden wir die CO2-Bilanz unseres operativen Geschäfts halbieren und bis 2030 klimaneutral sein", führt Roland Busch, Chief Technology Officer von Siemens und Mitglied des Vorstands von Siemens, aus.
Erst durch die Elektrolyse von Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen entsteht „grüner“ Wasserstoff. VERBUND , als Österreichs größtes Stromunternehmen und einer der führenden Hersteller von Strom aus Wasserkraft in Europa, erzeugt mit seinen 128 Wasserkraftwerken knapp 100 % seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. "Um volatile erneuerbare Energie aus Wind- und Sonnenkraft ins Energiesystem integrieren zu können, brauchen wir in Zukunft noch mehr Speichermöglichkeiten. Neben unseren Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen und Batteriespeicher-Lösungen unterschiedlicher Dimensionen sehen wir großes Potenzial in der Energiespeicherung mit grünem Wasserstoff. „Grüner“ Wasserstoff ist für uns das perfekte Beispiel für die Sektorkopplung, die zur Dekarbonisierung von Energiewirtschaft, Industrie und Transport dringend erforderlich ist", sagt Wolfgang Anzengruber, CEO Verbund.
Beim H2FUTURE-Projekt liefert Verbund den Strom aus erneuerbaren Energien und ist zudem für die Entwicklung von netzdienlichen Services verantwortlich. Über Demand-Side-Management wirkt der PEM-Elektrolyseur als dynamische Regellastkomponente, um zum Ausgleich von Schwankungen im zunehmend volatileren Stromnetz beizutragen.
Das Projektvolumen für die neue Anlage beläuft sich auf etwa 18 Millionen Euro für sechs Konsortiumspartner über eine Laufzeit von viereinhalb Jahren. Rund 12 Millionen Euro davon stammen aus Fördermitteln der Europäischen Kommission, konkret dem Joint Undertaking für Fuel Cells & Hydrogen (FCH JU). "Das H2FUTURE-Projekt ist eines der Flaggschiff-Projekte des FCH JU, die aus dem EU-Programm Horizon2020 finanziert werden. Es zeigt, dass großindustrielle Produktionsprozesse wie die Stahlproduktion auch nachhaltig umsetzbar sind und in absehbarer Zukunft eine praktikable Option darstellen. Darüber hinaus ist dieses Projekt ein eindrucksvolles Beispiel für erfolgreiche Sektorkopplung. Beide Aspekte belegen deutlich, dass Wasserstoff ein wichtiges Puzzleteil zur Erreichung der europäischen Klimaziele ist", gibt sich Bart Biebuyck, Executive director, Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking (FCH JU), beeindruckt.