12.01.2018, 5644 Zeichen
Mit einem Plus von 30% liegt Österreich im Performance-Ranking der Euro-Börsen 2017 unangefochten an der Spitze. Doch auch nach der jüngsten Rally bringen die rund 60 im WBI Wiener Börse Index enthaltenen Unternehmen bloß 135 Mrd. Euro auf die Waage. Und auch qualitativ ist der Schottenring kein ergiebiges Revier für Dividendenjäger: Gerade einmal acht Firmen überspringen die erste DividendenAdel-Hürde von zehn Jahren ohne Kürzung. Würde man auf dieses putzige Grüppchen auch noch die übrigen Kriterien des „Magischen Vierecks“ anwenden, hätte der österreichische DividendenAdel gerade einmal zwei Mitglieder – die Verpackungskünstler von Mayr Melnhof Karton und den Zuckerproduzenten Agrana.
Oberbank seit 25 Jahren ohne Kürzung
Wer mehr kritische Masse haben will, muss die Anforderungen senken. In der Alpenrepublik gibt’s das Prädikat DividendenAdel deshalb bereits, wenn die Ausschüttung fünf Jahre nicht gesenkt wurde. Auf diese Weise kommt die Auswahlliste immerhin auf 20 Titel. Ganz oben thront weiterhin die Linzer Oberbank, die ihren (Stamm-)Aktionären als einzige Ösi-Firma seit über einem Vierteljahrhundert keine Dividendensenkung zugemutet hat. Relativiert wird diese Nachhaltigkeit allerdings durch eine mit 11% äußerst bescheidene Payout-Quote und eine entsprechend mickrige Rendite. Die Kursentwicklung kann sich trotzdem sehen lassen, nicht nur im Vergleich mit hiesigen Börsenbanken – 2017 ging’s wie an der Schnur gezogen von 60,00 auf 82,00 Euro.
DO & CO weiterhin unter Druck
Deutlich weniger Spaß hatten zuletzt die Anteilseigner von DO & CO. Die Aktie des Wiener Edel-Caterers lag 2017 zeitweise über 30% im Minus, nachdem hinter den Türkei-Aktivitäten weiterhin ein dickes Fragezeichen steht. Gegen Jahresende kam es dann jedoch zu einer kräftigen Erholung – und sofern in Erdogans Reich nicht weitere Einbußen drohen, scheint die seit dem Börsengang vor zwei Jahrzehnten noch nie gesenkte Dividende gesichert. Der Payout von 31% lässt jedenfalls genügend Spielraum.
Rosenbauer mit erster Kürzung seit 15 Jahren
Nicht mehr im DividendenAdel Austria vertreten ist hingegen Rosenbauer. Der Feuerwehr-Ausrüster hat im Vorjahr seine Ausschüttung von 1,50 auf 1,20 Euro gesenkt und damit nach fünfzehn Jahren seine weiße Weste besudelt.
DividendenAdel Austria 10
Dementsprechend muss Rosenbauer auch die DividendenAdel Austria 10 Strategie verlassen, stattdessen wird Mayr Melnhof hinzugefügt. Alle anderen übrigen Werte bleiben auch 2018 im Portfolio. Der Umschichtungsaufwand ist also minimal – und das ist auch gut so. Denn bei einigen Werten wie Oberbank, BTV Bank oder Stadlauer Malzfabrik sind die Börsenumsätze so gering und die Spreads so weit, dass jede Order Fingerspitzengefühl, enge Limits und Geduld braucht.
Unsichere Kantonisten zuletzt mehr gefragt
Aber Geduld ist ohnehin ein Muss, wenn man sich auf diese Strategie einlässt, die – mal abgesehen von Ausnahmen wie der Österreichischen Post oder dem Versorger EVN – vor allem Nebenwerte ins Visier nimmt. Denn momentan spielt die (Walzer-)Musik primär im ATX. Der Leitindex wird fast zur Hälfte dominiert von drei Unternehmen, die vom DividendenAdel aber weit entfernt sind: Der Öl-Multi OMV hatte seine Ausschüttung erst 2016 kürzen müssen, die Erste Bank hat sich in den letzten fünf Jahren zwei Ausfälle erlaubt und von der Raiffeisen Bank International haben die Aktionäre sogar zuletzt 2014 einen monetären Gruß erhalten.
DividendenAdel hinkt seit 2016 hinterher
Getragen von der Hoffnung auf bessere Zeiten haben die Aktien des Trios in den letzten zwölf Monaten allerdings zwischen 30% und 70% zugelegt. Kein Wunder, dass der MSCI Austria knapp 40% im Plus liegt – während die DividendenAdel Strategie mit 16,5% nicht einmal die Hälfte geschafft hat und damit bereits das zweite Jahr in Folge weit hinter dem Index zurückbleibt. Der Chart zeigt: Seit sich die Börse am Schottenring 2016 aus ihrem quälend langen Kurskorridor befreit hat, schrumpft der Vorsprung des DividendenAdels.
Vorsprung ist noch immer immens
Dennoch liegen nach wie vor Welten zwischen dem Portfolio, das sich inklusive reinvestierter Netto-Dividenden seit 2001 verzehnfachen konnte, und dem Index, der sich per saldo nur verdoppelt hat. Aber wer sich im DividendenAdel Austria engagiert, bewegt sich sozusagen in einer Nische der Nische – wo die Kursentwicklung der meisten Firmen weitgehend unabhängig ist von übergeordneten Markttrends. Das war 2009-15 extrem hilfreich, aber niedrige Korrelation ist eben keine Einbahnstraße. Obendrein wurde ja kein Geld verloren, sondern kräftig was verdient. Und auch 2018 winkt beim Ösi-Adel wieder eine Dividendenrendite von durchschnittlich 3,3%.
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