18.12.2017, 8705 Zeichen
Es war ein gutes Jahr. Was einst Harald Juhnke sang, ist auch das Fazit des Dividendenjahrgangs 2017. Sowohl in Deutschland als auch international haben die meisten Firmen ihre Ausschüttung mehr oder weniger kräftig angehoben. Vielfach wurden sogar neue Dividendenrekorde erreicht. Hinzu kommen Kursanstiege im dick zweistelligen Prozentbereich – abgesehen von ein paar unvermeidlichen Reinfällen und Enttäuschungen.
ProSiebenSat.1: Mit armen Zuschauern in den DAX-Keller
Ganz oben auf der Liste der Dividenden-Flops steht hierzulande ProSiebenSat.1 Media. Zwar hat der TV-Konzern seine Ausschüttung von 1,80 auf 1,90 Euro gesteigert. Doch die Perspektiven sind alles andere als rosig. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres wurden netto gerade mal 300 Mio. Euro verdient. Im Schlussquartal muss also richtig die Kasse klingeln. Denn alleine für eine konstante Ausschüttung bräuchte die laut Noch-CEO Thomas Ebeling auf etwas arme und fettleibige Zuschauer fokussierte Sendergruppe rund 450 Mio. Euro.
Die Investoren scheinen dem Braten nicht so recht zu trauen und haben die Aktie auf Talfahrt geschickt. Auch nach der Gegenbewegung der letzten Wochen rangiert ProSiebenSat.1 in der DAX-Liga mit einem Jahres-Minus von über 20% dort, wo im Fußball der 1. FC Köln überwintert – ganz unten. Bleibt die Ausschüttung mindestens konstant, winken allerdings 6% Rendite. Doch dafür muss eine operative Trendwende gelingen. Viel zurückgelegt hat die Fernseh-Firma nämlich nicht: In den letzten Jahren lag die Payout-Quote stets weit oberhalb des DividendenAdel-Zielkorridors.
Gerry Weber: Völlig aus der Mode gekommen
Zwei Etagen weiter unten, im SDAX, kämpft mit Gerry Weber ein langjähriges Mitglied des deutschen DividendenAdels um ihre Zukunft. Die gründergeführte Textilfirma aus Halle/Westfalen hatte lange Jahre zuverlässig steigende Ausschüttungen geliefert, bis die Dividende 2014 bloß stagnierte – nach den DividendenAdel-Kriterien ein klares Warnsignal. Wer das nicht ignoriert, sondern konsequent gehandelt hat, konnte noch zu Preisen zwischen 30,00 und 35,00 Euro aussteigen.
Inzwischen ist der Kurs in den einstelligen Bereich abgerutscht – analog zur Dividende, die 2017 bereits das zweite Jahr in Folge um 45% gekürzt wurde. Und nachdem sämtliche Turnaround-Hoffnungen sich nicht erfüllt haben, wird 2018 wird wohl erneut der Rotstift angesetzt. Genau wie die biederen Klamotten von Gerry Weber dürfte auch die Aktie ein Ladenhüter bleiben und über kurz oder lang aus dem SDAX fliegen.
BayWa: Das verflixte 13. Jahr
Das ist dieses Jahr bereits dem Agrarhändler BayWa passiert. Der schreibt zwar weiterhin schwarze Zahlen. Aber so richtig rund läuft das Geschäft nicht. Dieses Jahr ist es vor allem die schlechte Apfelernte, die dem größten Obsthändler Deutschland das Geschäft verhagelt. Und generell belastet die schlechte Stimmung in der Landwirtschaft: Viele Lebensmittel sind teuer wie nie, doch bei den Bauern kommt davon nicht viel an.
Nach zwölf Anhebungen in Folge hat BayWa deshalb ausgerechnet im verflixten 13. Jahr nur eine konstante Dividende gezahlt. Damit scheiden die Bayern nun erstmal aus dem primären DividendenAdel aus. Wer stur nach quantitativen Kriterien agiert, sollte verkaufen. Die Gefahr, dass die Aktie dermaßen abschmiert wie Gerry Weber, ist allerdings gering – Landwirtschaft ist nun einmal keine Mode und irgendwann wird der Sektor auch an der Börse wieder gefragt sein. Langfrist-Investoren können also gerade mit Blick auf die mit knapp 3% nun sehr attraktive Dividendenrendite dabeibleiben. Gründe, jetzt zuzugreifen, gibt es allerdings nicht.
Steinhoff zählt nicht zu den Dividenden-Flops
Dasselbe gilt für den Möbelhändler Steinhoff, der bei der Aufstellung seiner Bilanzen wohl etwas zu kreativ war und nun auf Pennystock-Niveau implodiert ist. Dass die im MDAX gelistete niederländische Holding südafrikanischer Provenienz dennoch nicht in der DividendenAdel Flop-Liste auftaucht, hat deshalb nur einen Grund: Steinhoff war nie DividendenAdel – im Gegensatz zum britischen Infrastruktur- und Projektentwickler Carillion, der einen ähnlichen Absturz hinter sich hat.
Carillion: Bilanz-Bombe detoniert
Noch im Mai notierte die Aktie über 200 Pence und abgesehen von einigen (bei Carillion fast schon traditionellen) Verzögerungen und Bestechungsaffären schien die auch für die britische Regierung tätige Firma halbwegs auf Kurs – bis plötzlich schlappe 850 Mio. Abschreibungsbedarf entdeckt wurden. Im Klartext: Die Bilanz im Eimer, die Covenants der finanzierenden Banken gerissen, der Kurs um über 90% auf über 20 Pence abgesackt und statt um Dividenden geht’s jetzt ums nackte Überleben.
Nachdem das Management komplett ausgetauscht wurde, sollen nun Unternehmensteile veräußert werden. Doch ob das reicht, um die Firma zu sanieren, steht in den Sternen. Ein Kauf kommt nur für Hasardeure in Betracht und wer schon länger engagiert ist, sollte allein aus steuerlichen Gründen prüfen, ob es nicht Sinn macht, den Verlust zu realisieren. Ansonsten liefert die Causa Carillion mal wieder ein Argument für die einzige Methode, mit der man Vermögensrisiken zuverlässig reduzieren (aber eben nicht gänzlich ausschließen) kann: Eine breite Diversifikation.
General Electric: Von der Ikone zum Bauchladen
Zum Glück kommen solche Reinfälle auch international nur selten vor. Dividenden-Flops der Sorte General Electric sieht man dagegen öfter: Eine ikonische Firma, die irgendwie den Anschluss verpasst hat. Es ist noch gar nicht so lange her, da galt der US-amerikanische Industrie-Gigant als leuchtendes Vorbild für „unsere“ immer irgendwie zu biedere, zu lahme, zu defensiv geführte Siemens.
Nun haben sich die Vorzeichen umgekehrt. Während die Münchener ihren Anteilseignern in 25 Jahren keine einzige Dividendenkürzung zugemutet haben und nun den Börsengang ihrer Medizintechnik-Sparte vorbereiten, ist General Electric zu einem Bauchladen verkommen, der vor allem aus Baustellen besteht und von Grund auf neu strukturiert werden muss – getreu dem Motto des legendären GE-Chefs Jack Welch: „Fix it, sell it or close it.“
Dafür müssen auch die Aktionäre bluten. Nicht nur, dass die Aktie im Jahresverlauf mehr als 40% verloren hat. Obendrein wurde auch die Dividende zusammengestutzt, nachdem es zuvor sechs Anhebungen in Folge gegeben hatte – die allerdings zuletzt aus der Substanz bestritten worden waren, weshalb General Electric nicht einmal am DividendenAdels geschnuppert hatte. Nun gibt es eine Chance auf einen Neuanfang, die für geduldige Anleger mit Leidenschaft für Turnaround-Situationen durchaus reizvoll sein kann. Entspannte Income-Investoren stocken dagegen lieber bei Siemens auf.
H&M: Von Inditex überholt
Und auch zu Gerry Weber gibt es ein internationales Pendant: Hennes & Mauritz. Zwar verdient der omnipräsente Textilfilialist noch immer gutes Geld. Die jüngsten Quartalszahlen bestätigen aber einen Eindruck, der sich schon länger aufgdrängt – die Schweden haben den Anschluss an den Erzrivalen Inditex (Zara, Massimo Dutti, Bershka) verpasst. Kein Wunder also, dass die Aktie im Jahresverlauf um rund ein Viertel eingeknickt ist.
Nach dem jüngsten Absturz lockt H&M nun mit einem KGV von 15 und einer Dividendenrendite von knapp 6%, die überdies durch langjährige Zuverlässigkeit untermauert wird – in 25 Jahren gab es keine einzige Kürzung. Aber Vorsicht: Schon im Durchschnitt der letzten drei Jahre lag die Payout-Quote oberhalb des DividendenAdel-Korridors und analog zum reichlich flauen Geschäft liegt die letzte substanzielle Anhebung schon sieben Jahre zurück. Wenn man unbedingt Klamotten für die Masse im Depot will, ist Inditex wohl die bessere Wahl. Allerdings müssen sich die Spanier kräftig nach der Decke strecken, um die derzeit eingepreisten Wachstumserwartungen tatsächlich zu erfüllen.
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Der Beitrag Die Dividenden-Flops 2017: Auch eine Industrie-Ikone ist dabei erschien zuerst auf DividendenAdel.
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