11.12.2017, 6339 Zeichen
Eine der wesentlichsten Eigenschaften guter Trader besteht in ihrer Anpassungsfähigkeit an die tatsächlichen Verhältnisse. Rechthaber und Dogmatiker sollten sich besser ein anderes Spielfeld suchen. Denn an der Börse haben wir es eben nur mit statistischen Gesetzmäßigkeiten zu tun, die zwar auf historischen Wahrscheinlichkeiten beruhen, für den jeweils anstehenden Einzelfall jedoch unverbindlich sind. Selbst in jenen seltenen Konstellationen, wo ein bestimmtes Ereignis in atemberaubenden acht von zehn Fällen eingetroffen ist, muss man eben durchschnittlich in 20% der Fälle damit rechnen, dass sich das erwartete Muster nicht zeigt.
Kein fester Fahrplan
Diese Aussage gilt in besonderem Maße für Saisonalitäten, die aufgrund der Historie zwar eine bestimmte Entwicklung erwarten lassen, aber eben keine Fahrpläne mit festen Abfahrtszeiten sind. Das wohl bekannteste und profitabelste Saisonmuster an den Aktienmärkten ist die sogenannte Jahresend-Rally. Zwar ist die Abgrenzung nicht ganz einheitlich, im Wesentlichen wird mit diesem Begriff jedoch auf die letzten beiden Handelsmonate Bezug genommen – mit Schwerpunkt auf den Dezember bzw. die zweite Hälfte des Dezembers. Mit dem gestrigen Tag stehen noch ganze 14 Handelstage zur Verfügung, dann ist das Jahr 2017 Geschichte. Bislang hat sich von der berühmten Rally noch nicht viel gezeigt. Im Gegenteil: Der DAX steht heute tiefer als Anfang November. Aber auch der September, der allgemein als schwacher Börsenmonat gilt, folgte der saisonalen Erwartungshaltung nicht – die Kurse zogen deutlich an!
Ohne Crash keine Aufholjagd?
Der ungewöhnlich starke September konnte leicht zu der Überlegung verleiten, dass der Markt derart stark sei, dass ihm nicht einmal der schwierigste aller Börsenmonate etwas anhaben konnte. Entsprechend wäre eine fulminante Jahresend-Rally zu erwarten. Aber auch eine andere Interpretation ist zulässig: Zu einem Teil dürfte der Jahresschlussspurt nämlich regelmäßig auf den Kursverlusten des meist schwierigen Börsenherbstes beruhen – und ohne Verluste keine Aufholjagd.
Stärke verkauft
Die Frage ist, wie weit sich ein Trader in einer solchen Situation aus dem Fenster lehnen will? „LudwigUlmer“ agiert in seinem wikifolio „Value Ansatz mit deutschen Aktien“ derzeit eher zurückhaltend. Die Cash-Quote ist inzwischen auf satte 45% gestiegen. Eine Ursache könnte tatsächlich der ungewöhnlich starke September gewesen sein. Der entscheidende Satz in der Beschreibung des wikifolios lautet, dass „Schwäche gekauft und ggf. Stärke verkauft“ werden soll.
Nach der Herbstrally war so viel Stärke im wikifolio, dass man kaum widerstehen konnte, etwas Kasse zu machen. Eine rationale Herangehensweise, die so lange eine gewisse Zurückhaltung erwarten lässt, solange sich nicht wieder eine attraktive Schwächephase zeigt. Allerdings ist eine hohe Kassenhaltung immer auch potentielle Nachfrage für den Markt.
Mit Volldampf Richtung Jahresende
Keine weitere Nachfrage wird dagegen von jenen ausgehen, die bereits jetzt voll investiert sind. Das wikifolio „Aktien-Werte First“ ist so eines, das aktuell nur eine Cash-Quote von knapp 2% aufweist. Trader „wayne7“ investiert vorzugsweise in Nebenwerte, bei denen Story, fundamentale Kennzahlen und Charttechnik nach seiner Einschätzung stimmen. Nicht nur der Investitionsgrad, sondern auch seine Performance zeigen, dass er noch immer eine ausreichende Anzahl von Titeln gefunden hat, die seine Kriterien erfüllen.
Spannend ist hier die Frage, wann er sich von diesen Titeln wieder trennen wird und im Gegenzug Cash aufbaut. Richtige Sorgen machen ihm aber eigentlich nur Rezessionsjahre, denen er „durch rechtzeitiges Aufstocken der Cashposition“ entgegenwirken will, so dass selbst dann die Performance „möglichst positiv bleiben“ soll. Im Moment sieht „wayne7“ derartige Gefahren aber wohl nicht und fährt einer möglichen Jahresend-Rally mit Volldampf entgegen.
Der Zauber des Anfangs
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, dichtete einst Hermann Hesse. Diese Form der Poesie findet sich interessanterweise auch an den Märkten, obwohl diese nicht unbedingt als Hort des Schöngeistigen gelten. Denn Trends haben die interessante Eigenschaft zum Jahreswechsel auf den Prüfstand zu kommen und dann möglicherweise auszulaufen bzw. neu zu starten. Wenn aber die Karten neu gemischt werden und neue Investmentthemen auftauchen, sollte man schon jetzt einmal einen Blick auf jene Sektoren werfen, die bislang vernachlässigt waren. Goldminen und auch Rohstofftitel gehören dazu.
Im wikifolio „Goldminen und Basisrohstoffwerte“ widmet sich Trader „biegiand“ genau diesen Bereichen und schlug sich bislang ausgesprochen wacker. Dies ganz besonders, wenn man bedenkt, dass hier im abgelaufenen Jahr nicht allzu viel zu holen war. Sollte es Anfang 2018 zu einem ähnlichen Spurt der Edelmetallaktien kommen wie zum Jahreswechsel 2016, dann könnte sich der antizyklische Investmentansatz erneut als hochprofitabel erweisen.
Was kommt?
Das sollten Anleger in der kommenden Woche im Auge behalten
In der nächsten Woche gibt es vor allem ein Datum, das sich Anleger und Trader dick im Kalender anstreichen sollten. Am Mittwoch, den 13. Dezember tritt die US-Notenbank Fed zusammen und entscheidet über den Leitzins. Erwartet wird eine weitere Erhöhung. Das wäre zum einen im Einklang mit den bisherigen Äußerungen, zum anderen muss die scheidende Fed-Chefin Janet Yellen keine großen Rücksichten mehr auf US-Präsident Trump nehmen. Da der Markt aber all dies weiß, dürfte ein Zinsschritt von weiteren 25 Basispunkten bereits eingepreist sein. Für Überraschungen könnten allerdings die anschließend von der Fed veröffentlichten Projektionen für das Wirtschaftswachstum und die Inflationsentwicklung gut sein.
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