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05.11.2013, 4351 Zeichen

„Den guten Lotsen erkennt man an der ruhigen Hand und nicht an der lautesten Stimme“ (Hans-Dietrich Genscher, geb. 1927). Nahezu täglich machen spektakuläre Marktmeinungen und Empfehlungen die Runde. Lassen Sie sich davon nicht laufend beeinflussen. Oft ist das Unspektakuläre und das Leise wesentlich hilfreicher. Klarerweise ist es wichtig, von Zeit zu Zeit das Depot einem veränderten Weltbild anzupassen. Radikale Änderungen im Sinne einer Schwarz-Weiß-Philosophie sind aber selten ein guter Ratgeber. Gerade das Jahr 2013 hat gezeigt, wie wichtig eine ruhige Hand ist.

• Vielerorts wird derzeit die große Zinswende ausgerufen. Wir sehen dies nicht so. Zwischenzeitlich bis zu 3 % für 10-jährige US-Staatsanleihen sind keine große Wende, sondern eine Reaktion auf eine bessere konjunkturelle Verfassung. Weder die Wirtschaft noch die Staatsbudgets würden derzeit weiter deutlich anziehende Zinsen verkraften. Das gilt genauso für die Eurozone. Wir sehen daher eher einen Seitwärtstrend auf aktuellem Niveau – mit wohl deutlicheren Schwankungen als zuletzt. Was das kurze Ende betrifft, so wird etwa der EZB-Leitzins wohl noch lange auf tiefem Niveau bleiben. Länger als vielen auf höhere Kurzfristzinsen wartenden Anlegern bewusst ist.

• Vielerorts wird derzeit im Aktienbereich das große Europacomeback ausgerufen. Kurzfristig mag es durchaus weiteres Aufholpotential geben. Langfristig haben die USA mit billiger Energie und dem Ziel der Reindustrialisierung oder Asien mit strukturellen demografischen Vorteilen wohl die besseren Wachstumsaussichten. Klarerweise gehören in ein diversifiziertes Aktienportfolio europäische Aktien wesentlich gewichtet und auch österreichische Unternehmen beigemischt. Sie sollten aber dennoch das Wachstum der Weltwirtschaft und möglichst globale Trends in Ihrem Depot darstellen. Und da führt an einer wesentlichen Gewichtung von US-Titeln und einer Beimischung von Emerging-Markets kein Weg vorbei.


• Vielerorts herrscht Enttäuschung über die Entwicklung von Substanzaktien wie Nestle, Coca-Cola oder Unilever im Jahr 2013. Diese Unternehmen waren im bisherigen Jahresverlauf Underperformer. Wie oft in den letzten Jahrzehnten, wenn sich das wirtschaftliche Umfeld aufgehellt hat. Ihre wahre Stärke spielen diese Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus. Die längerfristige Entwicklung dieser Unternehmen ist allerdings insgesamt überzeugend. Wer bewusst eine langfristige Strategie aus substanzstarken Dividendenaktien gewählt hat, darf dann nicht wieder auf die Performance einzelner Bankaktien schielen, die sich zuletzt verdoppelt haben – nachdem sie sich zuvor gedrittelt hatten.

• Vielerorts wird derzeit auch das Ende von Rohstoffen und Gold als Anlageklasse ausgerufen. Vereinzelt auch von Investmenthäusern, die dieses Segment vor ein oder zwei Jahren als das einzig Wahre bezeichnet hatten. Kurzfristig sind Untergewichtungen in diesen Segmenten wohl ratsam, da eine unmittelbare Trend- wende wohl nicht bevorsteht. Hüten Sie sich aber vor endgültigen Festlegungen. Wurden in den vergangenen Jahren nicht auch schon das Ende der Aktienanlage oder der Untergang des US-Dollars ausgerufen? Je kritischer eine Anlageklasse gesehen wird, desto stärker sollten Sie zumindest ein Auge darauf werfen.
 
• Vielerorts wurde noch vor einem Jahr der Zerfall des Euro prognostiziert. Ein Jahr später ist der Euro die stärkste Währung der Welt. Stark gegenüber den weltweit dominanten Währungen wie US-Dollar, Briti- sches Pfund und YEN; stark gegenüber den Währun- gen der Emerging-Markets, stark gegenüber Krisen- und Rohstoffwährungen wie Norwegischer Krone oder Australischer Dollar. Ist dies ein Grund zur Freude? Nein.

Das immer noch fragile gesamteuropäische Wirtschaftsgefüge würde im globalen Wettstreit eine schwächere Währung brauchen. Leider ist dies gera- de in Österreich und Deutschland politisch nicht ver- mittelbar – was schade ist. Ob sich die EZB, wenn schon nicht mit Taten dann zumindest mit Worten, um dieses Themas annimmt, wird wohl eine der span- nenden Fragen 2014 sein.

Die Anlagewelt besteht nicht aus Entweder-Oder. Sie ist bunt und lässt sich nicht mit Schwarz-Weiß-Denken dar- stellen. Wenn Sie in diesem Monatskommentar die spektakuläre neue und laute Marktmeinung vermissen, dann ist das unsere Absicht. Wir sind lieber leise in Worten und agieren mit ruhiger Hand an den Märkten.

Ihr
Alois Wögerbauer

(Fondsmanager und KAG-Chef 3Banken Generali KAG)




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    Ruhige Hand, auch bei Nestle, Coca-Cola oder Unilever (Alois Wögerbauer)   


    05.11.2013, 4351 Zeichen

    „Den guten Lotsen erkennt man an der ruhigen Hand und nicht an der lautesten Stimme“ (Hans-Dietrich Genscher, geb. 1927). Nahezu täglich machen spektakuläre Marktmeinungen und Empfehlungen die Runde. Lassen Sie sich davon nicht laufend beeinflussen. Oft ist das Unspektakuläre und das Leise wesentlich hilfreicher. Klarerweise ist es wichtig, von Zeit zu Zeit das Depot einem veränderten Weltbild anzupassen. Radikale Änderungen im Sinne einer Schwarz-Weiß-Philosophie sind aber selten ein guter Ratgeber. Gerade das Jahr 2013 hat gezeigt, wie wichtig eine ruhige Hand ist.

    • Vielerorts wird derzeit die große Zinswende ausgerufen. Wir sehen dies nicht so. Zwischenzeitlich bis zu 3 % für 10-jährige US-Staatsanleihen sind keine große Wende, sondern eine Reaktion auf eine bessere konjunkturelle Verfassung. Weder die Wirtschaft noch die Staatsbudgets würden derzeit weiter deutlich anziehende Zinsen verkraften. Das gilt genauso für die Eurozone. Wir sehen daher eher einen Seitwärtstrend auf aktuellem Niveau – mit wohl deutlicheren Schwankungen als zuletzt. Was das kurze Ende betrifft, so wird etwa der EZB-Leitzins wohl noch lange auf tiefem Niveau bleiben. Länger als vielen auf höhere Kurzfristzinsen wartenden Anlegern bewusst ist.

    • Vielerorts wird derzeit im Aktienbereich das große Europacomeback ausgerufen. Kurzfristig mag es durchaus weiteres Aufholpotential geben. Langfristig haben die USA mit billiger Energie und dem Ziel der Reindustrialisierung oder Asien mit strukturellen demografischen Vorteilen wohl die besseren Wachstumsaussichten. Klarerweise gehören in ein diversifiziertes Aktienportfolio europäische Aktien wesentlich gewichtet und auch österreichische Unternehmen beigemischt. Sie sollten aber dennoch das Wachstum der Weltwirtschaft und möglichst globale Trends in Ihrem Depot darstellen. Und da führt an einer wesentlichen Gewichtung von US-Titeln und einer Beimischung von Emerging-Markets kein Weg vorbei.


    • Vielerorts herrscht Enttäuschung über die Entwicklung von Substanzaktien wie Nestle, Coca-Cola oder Unilever im Jahr 2013. Diese Unternehmen waren im bisherigen Jahresverlauf Underperformer. Wie oft in den letzten Jahrzehnten, wenn sich das wirtschaftliche Umfeld aufgehellt hat. Ihre wahre Stärke spielen diese Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus. Die längerfristige Entwicklung dieser Unternehmen ist allerdings insgesamt überzeugend. Wer bewusst eine langfristige Strategie aus substanzstarken Dividendenaktien gewählt hat, darf dann nicht wieder auf die Performance einzelner Bankaktien schielen, die sich zuletzt verdoppelt haben – nachdem sie sich zuvor gedrittelt hatten.

    • Vielerorts wird derzeit auch das Ende von Rohstoffen und Gold als Anlageklasse ausgerufen. Vereinzelt auch von Investmenthäusern, die dieses Segment vor ein oder zwei Jahren als das einzig Wahre bezeichnet hatten. Kurzfristig sind Untergewichtungen in diesen Segmenten wohl ratsam, da eine unmittelbare Trend- wende wohl nicht bevorsteht. Hüten Sie sich aber vor endgültigen Festlegungen. Wurden in den vergangenen Jahren nicht auch schon das Ende der Aktienanlage oder der Untergang des US-Dollars ausgerufen? Je kritischer eine Anlageklasse gesehen wird, desto stärker sollten Sie zumindest ein Auge darauf werfen.
     
    • Vielerorts wurde noch vor einem Jahr der Zerfall des Euro prognostiziert. Ein Jahr später ist der Euro die stärkste Währung der Welt. Stark gegenüber den weltweit dominanten Währungen wie US-Dollar, Briti- sches Pfund und YEN; stark gegenüber den Währun- gen der Emerging-Markets, stark gegenüber Krisen- und Rohstoffwährungen wie Norwegischer Krone oder Australischer Dollar. Ist dies ein Grund zur Freude? Nein.

    Das immer noch fragile gesamteuropäische Wirtschaftsgefüge würde im globalen Wettstreit eine schwächere Währung brauchen. Leider ist dies gera- de in Österreich und Deutschland politisch nicht ver- mittelbar – was schade ist. Ob sich die EZB, wenn schon nicht mit Taten dann zumindest mit Worten, um dieses Themas annimmt, wird wohl eine der span- nenden Fragen 2014 sein.

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