08.10.2024, 4905 Zeichen
Wien (OTS) - „Chancen sehen - Risiken verstehen“. Unter diesem
Generalthema
diskutieren heute im Messe Wien Congress Center Spitzen aus Politik
und Wirtschaft, Regulierung und Aufsicht, Wissenschaft und Forschung
auf der 15. Aufsichtskonferenz der österreichischen
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) die aktuelle Lage auf den
Finanzmärkten sowie die gravierenden Veränderungen und großen
Herausforderungen, die auf die Finanzwirtschaft zukommen. Ein
regionaler Fokus wird dabei heuer auf die für Österreichs
Finanzwirtschaft besonders wichtige Region Zentral-, Ost- und
Südosteuropa, die CESEE-Region, gelegt; ein thematischer auf die
Digitalisierung in der Finanzwelt, von der IT- und Cybersicherheit
bis hin zur Artificial Intelligence. Neben dem Vorstand der FMA,
Helmut Ettl und Eduard Müller, geben unter anderen Helge Berger,
Ökonomie-Professor und Europa-Experte des Internationalen
Währungsfonds (IWF), sowie Natasha Cazenave, Exekutivdirektorin der
europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), sowie Axel
von Trotsenburg, Top-Manager der Weltbank, Diskussionsimpulse.
Zwtl.: FMA-Vorstand mahnt besonnene Ausschüttungspolitik
Der FMA-Vorstand, Helmut Ettl und Eduard Müller, stellte in
seiner Konferenzeröffnung zwar fest, dass „Österreichs
Finanzwirtschaft stabil und resilient aufgestellt ist“, er warnte
aber angesichts vieler Krisensymptome alle Marktteilnehmer davor,
sich in Sicherheit zu wiegen: „Das Konjunkturbild ist düster, die
geopolitischen Spannungen nehmen weiter zu, die Normalisierung des
Zinsumfeldes ist für viele herausfordernd, die Folgen des
Klimawandels spitzen sich zu. Angesichts derart großer
Herausforderungen müssen wir eine sehr besonnene Ausschüttungspolitik
einfordern, die Kapitalbasis muss zur Krisenvorsorge weiter gestärkt
werden.“ Besondere Sorge bereitet der österreichischen
Finanzmarktaufsicht nach wie vor die Entwicklung auf den
Immobilienmärkten, deren Finanzierung bereits tiefe Spuren in den
Büchern der Banken hinterlässt. „An der Einhaltung nachhaltiger
Kreditvergabestandards führt da kein Weg vorbei. Die KIM-V, unsere
Verordnung für die Finanzierung privater Wohnimmobilien, hat hier
eine signifikante Verbesserung gebracht.“ Bei der Finanzierung
gewerblicher Immobilien sei, so Ettl und Müller, die Krise noch nicht
ausgestanden. Gerade vor wenigen Tagen habe das
Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) davor gewarnt, dieses Risiko zu
unterschätzen, und die hohen Gewinne dazu zu nützen, für weitere
Ausfälle vorzusorgen. Das FMSG hat die FMA überdies beauftragt, hier
sektorale Systemrisikopuffer einzuführen, die risikodämpfend wirken.
Ettl und Müller erinnerten daran, dass es - global betrachtet - oft
Immobilienblasen waren, deren Platzen dann tiefe Wirtschaftskrisen
ausgelöst haben.
Zwtl.: Technologieneutralität in Regulierung und Aufsicht
Breiten Raum nahm bei der diesjährigen Aufsichtskonferenz auch
der „Digitale Wandel“ ein, da hier gerade einige große regulatorische
Projekte umzusetzen sind: etwa DORA, der „Digital Operational
Resilience Act“, der europaweit die Sicherheit und
Widerstandsfähigkeit der digitalen Systeme stärken wird; oder MiCAR,
die „Markets in Crypto Assets Regulation“, die endlich den Markt für
Kryptowerte weitgehend in Regulierung und Aufsicht einbezieht; oder
etwa der regulatorische und aufsichtliche Umgang mit den
Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz. Der FMA-Vorstand hielt
hier ausdrücklich fest, dass der „digitale Wandel nicht nur als
Bedrohung gesehen, sondern auch als Chance verstanden werden muss.“
Die österreichische Aufsicht gehe hier mit gutem Beispiel voran,
entwickle gemäß ihrem Konzept „Data Driven Supervision“ neue digitale
Tools und setze diese bereits ein; einerseits, um mit den
Entwicklungen auf den Märkten Schritt zu halten, andererseits um
Effizienz und Effektivität der Aufsicht zu erhöhen.
Zwtl.: Konferenz-Umfrage: Geopolitische Risiken das dominante Thema
Die traditionelle Umfrage unter den Konferenzteilnehmern zu den
größten Risiken und Herausforderungen auf den Finanzmärkten brachte
wie in den Vorjahren doch einige Überraschungen. Nicht überraschend
war, dass die geopolitischen Risiken nach wir vor die meisten Sorgen
bereiten; hier haben die Ängste sogar noch signifikant zugenommen:
nahmen sie im Vorjahr mit 39,3% bereits die Spitzenposition ein, so
wurde diese heuer mit 49,4% noch gestärkt. Lag im Vorjahr das
Zinsumfeld mit 26,9% an zweiter Stelle, so wurde dieses heuer von den
operationellen Risiken (IT- und Cyberrisiko, Rechtsrisiko, Conduct-
Risiko ...) mit 21,2% (2023: 13,9%) abgelöst. Das Zinsumfeld belegte
heuer mit 7,0% gar nur Rang fünf. Davor lagen noch Sorgen vor einer
„Neuen Staatsschuldenkrise“ mit 12,3% und jene vor einer
„Immobilienblase“ mit 7,9%. Nachhaltigkeitsrisiken werden hingegen
mit 2,2% (2023: 3,3%) nachhaltig als sehr gering eingestuft. Aus
Sicht der Aufsicht sind die relativ geringen Ängste vor dem Platzen
einer Immobilienblase (7,9% / 7,6%) ebenso sehr überraschend.
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