20.11.2024, 6239 Zeichen
Wien (OTS) - Österreich steht vor einer wirtschaftlich angespannten
Situation: Der
produzierende Sektor befindet sich im dritten Jahr der Rezession, die
Gesamtwirtschaft verzeichnet bereits das zweite Jahr in Folge einen
Rückgang. Gleichzeitig belasten explodierende Kosten für Energie,
Arbeit und Bürokratie Unternehmen und Haushalte massiv. „Es ist Feuer
am Dach! Wir müssen jetzt handeln, um eine weitere De-
Industrialisierung zu verhindern. Die Energiepreise und die
Versorgungssicherheit sind im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit mitunter
ein entscheidender Faktor, denn Energiepolitik ist Standortpolitik“,
erklärt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.
Energiepolitik muss Standortpolitik werden
Eine zentrale Forderung der Industrie für die aktuellen
Verhandlungen rund um eine neue Bundesregierung lautet daher,
Energiepolitik mehr als Standortpolitik zu verstehen und weniger als
Klimaschutzmaßnahme. „Energieagenden müssen sich in der nächsten
Legislaturperiode losgelöst von der Klimapolitik in einem eigenen
Standortministerium wiederfinden. Nur so können wir sicherstellen,
dass Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz Hand
in Hand gehen und nicht ein Partikularinteresse andere Maßnahmen
aussticht“, fordert Knill.
Versorgungssicherheit als Basis für die Transformation
Die jüngsten Entwicklungen, wie der Stopp russischer
Gaslieferungen an die OMV oder das Auslaufen der Gastransitverträge
durch die Ukraine mit Ende des Jahres, haben die Anfälligkeit der
Energieversorgung in Österreich deutlich gemacht. Zwar sind die
Gasspeicher gut gefüllt, doch die Diversifizierung der Gasversorgung
bleibt eine Herausforderung. Dazu braucht es die geeigneten
Rahmenbedingungen und die Möglichkeit alle Potenziale zu nutzen,
Knill meint dazu: „Die Unternehmen gehen voran und nutzen zahlreiche
Möglichkeiten zur Diversifizierung. Zur Bewältigung dieser
Herausforderungen braucht es jedoch auch die entsprechenden
rechtlichen Rahmenbedingungen, um die heimischen Energiepotenziale
wie Wasserkraft, Geothermie, Erdgas, klimaneutralen Wasserstoff und
CCS auszuschöpfen.“
„Wir müssen dringend Hemmnisse für die Diversifizierung unserer
Gas-Importrouten abbauen. Die deutsche Gasspeicherumlage wirkt wie
ein Zoll und verteuert unsere Gasimporte über den Westen erheblich.
Es gilt hier mit Nachdruck auf Deutschland einzuwirken, um noch vor
Ende des Jahres die Rechtsgrundlage für eine Abschaffung der
Gasspeicherumlage zu schaffen“, fordert Judith Obermayr-Schreiber,
Geschäftsführerin des IV-Ausschusses für Ressourcen, Energie &
Ökologie.
Basis für die Energie-Versorgungssicherheit ist eine entsprechend
ausgebaute Infrastruktur und eine Beschleunigung der dafür
notwendigen Genehmigungsverfahren. „Das betrifft sowohl den Ausbau
der Erneuerbaren Energien, der Stromnetze, aber auch aktuell des WAG-
Loops, also dem Parallelstrang zur West-Austria-Gasleitung“, so
Obermayr-Schreiber. Der WAG-Loop ist essenziell, um mehr Gas von
Westen nach Osten zu transportieren. Zusätzlich ist der Aufbau
zuverlässiger Importstrategien für alternative Energieträger wie
Wasserstoff unerlässlich. Generell kann eine erfolgreiche
Energiewende nur gelingen, wenn wir unsere Netze rasch ausbauen und
Schwankungen durch neue Technologien und Energieträger ausgleichen.
Wettbewerbsfähige Energiepreise als Grundlage für eine starke
Industrie, Rahmenbedingungen für die langfristige Dekarbonisierung
schaffen
Eine stabile und leistbare Energieversorgung ist essenziell,
nicht nur für Haushalte, sondern vor allem auch für die Industrie.
Diese wird durch die hohen Energiepreise im internationalen
Wettbewerb zunehmend unter Druck gesetzt. „Die Strompreise in
Österreich sind dreimal so hoch wie in den USA, die Gaspreise sogar
fünfmal. Das ist eine massive Belastung, die unsere
Wettbewerbsfähigkeit gefährdet“, warnt Knill. Um gegenzusteuern,
braucht es klare Maßnahmen.
Die Energiepreise sind ein zentraler Faktor für sinkende
Wettbewerbsfähigkeit und wurden durch den Angriffskrieg Russlands auf
die Ukraine und die europäische Sanktionspolitik massiv in die Höhe
getrieben. Doch nicht nur geopolitische Entwicklungen haben die
aktuelle Lage mitverursacht: „Auch hausgemachte Probleme, wie der
unkoordinierte Ausbau von Photovoltaik ohne ausreichende
Netzkapazitäten, haben die Preise in die Höhe getrieben“, so Knill
weiter. Gleichzeitig fehlen wesentliche Investitionen, etwa in den
Ausbau der Netzinfrastruktur, die dringend notwendig wären, um die
Energiewende effizient und kostengünstig zu gestalten.
„Kurzfristig müssen wir die Strompreiskompensation nach deutschem
Vorbild bis 2030 verlängern, um Unternehmen zu entlasten und
Arbeitsplätze zu sichern“, fordert Knill abermals. Darüber hinaus
wird die Rücknahme der EU-rechtswidrigen deutschen Gasspeicherumlage
gefordert, um zusätzliche Belastungen zu vermeiden: „wir brauchen
faire Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene, um unsere Unternehmen
nicht weiter zusätzlich zu benachteiligen,“ bekräftigt Knill.
Langfristig wird der Druck auf eine rasche Transformation hin zu
erneuerbaren Energien erhöht. „Neben der Strompreiskompensation ist
der Transformationsfonds ein zentrales Element, um energieintensive
Sektoren in der Transformationsphase hin zu einer dekarbonisierten
Produktion zu unterstützen“, erklärt Obermayr-Schreiber.
Klimaziele realistisch gestalten
Österreich ist bei der Energiewende bereits gut aufgestellt: Rund
80 % des Stroms stammen aus erneuerbaren Energien. Doch die
ambitionierten europäischen Klimaziele bis 2050 können nur erreicht
werden, wenn wirtschaftlicher Pragmatismus und technologische
Innovation Hand in Hand gehen. Neben der Beibehaltung der freien
Zuteilung im EU-Emissionshandel, um Carbon Leakage zu verhindern, ist
auch eine Fortführung des Transformationsfonds entscheidend.
Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft
Die Herausforderungen sind groß, aber Österreich hat die Chance,
eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Versorgungssicherheit,
wettbewerbsfähige Energiepreise und Klimaschutz dürfen kein Entweder-
oder sein. Sie müssen gemeinsam gedacht und umgesetzt werden“, betont
Knill. Schnellere Genehmigungsverfahren, strategische Investitionen
und eine klare Unterstützung für die Industrie sind die
Voraussetzungen, um Österreich zukunftsfähig zu machen.
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