13.03.2023, 4323 Zeichen
Die Analysten von Raiffeisen Research gehen davon aus, dass die Pleite der US-Bank SVB ein lokales Ereignis bleibt. Sie kommen zum Fazit: "Während die SVB-Pleite als Sonderfall betrachtet werden könnte, werden die Risiken für den europäischen Bankensektor, insbesondere im Zusammenhang mit den nicht realisierten Verlusten aus den Staatsanleiheportfolios, von den Anlegern sicherlich aufmerksam verfolgt. Wie bereits erwähnt, sind wir der Ansicht, dass das Risiko derzeit weitgehend eingedämmt ist und andere Verluste "nur" mit direkten Engagements bei der SVB zusammenhängen dürften (z.B. Alecta (der größte schwedische Pensionsfonds, EUR 1 Mrd.), Norwegens Staatsfonds (USD 160 Mio.)). Auch wenn wir die rasche Entscheidung der Fed, der FDIC und des US-Finanzministeriums, alle Einlagen der betroffenen Institute zu versichern, begrüßen, könnte man dennoch argumentieren, dass damit eine Blaupause für künftige Bankenzusammenbrüche auch in Europa geschaffen wird. Für Anleihegläubiger und Aktienanleger scheint die Sache klar zu sein, denn es ist kein Bail-out in Sicht.
Was die Einlagen und deren Garantie durch Regierungen und/oder Zentralbanken betrifft, so könnte man sich auch auf die Unterschiede zwischen dem US-Bankenmarkt und dem europäischen Markt konzentrieren. Während in den USA "nur" etwa 51 % der Einlagen unter die FDIC-Garantie fallen, sind in der EU etwa 63 % der Einlagen durch Sicherungssysteme abgedeckt, und 72 % der Einlagen entfallen auf Privatkunden. Dies könnte das Risiko einer Einlagenflucht oder eines Ansturms auf Letztere verringern.
Auch künftige Zinserhöhungen durch die Fed und die EZB werden von den Märkten schnell ausgepreist und der Staatsanleihen-Markt verbucht eine fast beispiellose Rally. Dies könnte für unseren Geschmack etwas zu verfrüht sein. Obwohl das Thema Inflation seit Freitag in den Hintergrund getreten ist – und dies auch in den kommenden Tagen tun wird – bleibt diese auf hohem Niveau. Da wir das SVB-Ereignis als ein eher lokal begrenztes Ereignis betrachten, dessen Auswirkungen sich bisher weitgehend in Grenzen halten, würden wir argumentieren, dass dies die EZB nicht unbedingt von ihrem Kurs in dieser Woche und der geplanten Anhebung um 50 BP abgehen wird.
Das Finanzsegment des Fixed Income Marktes wird ebenfalls leiden, was kurzfristig zu einem erhöhten Credit-Risiko führen könnte. Die Spreads (OAS) von vorrangigen und nachrangigen Finanzanleihen sind am Freitag auf Indexbasis bereits um 8 bzw. 13 BP gestiegen, und wir gehen davon aus, dass sich dies kurzfristig fortsetzen wird. Außerdem sollten wir bedenken, dass die Credit-Spreads im Finanzsegment aus unserer Sicht schon seit langem nicht mehr auf das veränderte Zinsumfeld reagieren. Die Kosten für die Versicherung von Bankschuldtiteln sind um 17 BP bzw. 37 BP für vorrangige und nachrangige Finanztitel gestiegen (Stand: 13.3.2023, 15:50 MEZ).
Weiters rücken damit die Liquiditätskennzahlen der europäischen Banken und das Auslaufen von TLTRO III wieder in den Vordergrund. Die Banken haben seit Herbst 2022 die Möglichkeit, ihre TLTRO III-Mittel vorzeitig zurückzuzahlen. Nach den ersten beiden vorzeitigen Rückzahlungen im Volumen von EUR 293 Mrd. und EUR 534 Mrd. sind die folgenden Möglichkeiten zur vorzeitigen Rückzahlung jedoch weitgehend ungenutzt geblieben. Das bedeutet, dass die europäischen Banken noch rund EUR 1.200 Mrd. an TLTRO III-Mitteln "abrufen" können, von denen allerdings EUR 550 Mrd. im Juni 2023 fällig werden. Allein im Jahr 2024 werden über EUR 500 Mrd. fällig. Wir sind der Meinung, dass die Banken trotz der höheren Kosten für das Halten der TLTRO-III-Mittel bis zur Fälligkeit, wenn sie nicht ohnehin schon daran dachten, diese Mittel bis zur Fälligkeit zu halten, dies nun mit Sicherheit tun werden. Je nachdem, wie der Markt und die Einleger in den kommenden Wochen reagieren werden, könnte es sogar ein Argument für einen neuen TLTRO IV geben, wenn auch zu höheren Kosten und mit einer Laufzeit von einem Jahr.
Schließlich wird sich der Margendruck auf den europäischen Bankensektor aufgrund der erhöhten Einlagenzinsen in den kommenden Monaten noch verstärken, da sich der Kampf um qualitativ hochwertige Einlagen verschärfen wird, was wiederum Druck auf die "glorreichen" Rentabilitätszahlen der Banken, die noch im Jahr 2022 berichtet worden sind, ausüben wird."
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