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06.09.2019, 4027 Zeichen

Zuviel Glück ist Pech. Zu meinem Beitrag vor einigen Tagen über das Glücksspiel muss ich anmerken, dass es wohl auch unter den Spielern einzelne Gewinner geben wird. Das sind wohl die, die wissen, wann sie aufhören müssen. Dann, wenn es am schönsten ist, wenn man gerade gewonnen hat. Eben lese ich in der Zeitung, dass ein Lottomillionär sein gesamtes Geld beim Internetglücksspiel wieder verloren hat, das ist so ein Pech, dass es unfair ist, er verklagt jetzt das Internetglücksspielunternehmen.

Aber von der Zeitungsmeldung zu meinem Bekanntenkreis, das ist für mich greifbarer und leichter vorstellbar. Gestern im Gespräch über eine Casinostory in einem Magazin erzählte man mir von einer Begebenheit in den 90ern, also zu Schillingzeiten, im Casino Baden. Die Story mag für Außenstehende vielleicht unglaubwürdig klingen, ich persönlich kenne diese Person als ehrliche Person, die auch dann die Wahrheit spricht, wenn sie peinlich ist, sie kann nicht anders. Und ihr würde ich es auch zutrauen, dass sie es wirklich so erlebt hat: Relativ unerfahren, was Casinos betrifft, hatte sie Freude am Einwerfen von Münzen in den Banditen gefunden. Man hofft ja auf das große Glück. Auf einmal lauter "7", ein Höllenlärm, Münzen rasselten herunter, unendlich viele, das Herz blieb ihr stehen, im ersten Moment dachte sie, etwas kaputt gemacht zu haben, das Geld könne doch nicht ihr gehören, sie hatte doch erst einige Münzen eingeworfen. In Panik ist sie davongerannt. Und hat nie wieder ein Casino betreten. Ich habe sie getröstet: das Geld wäre ihr zwar zugestanden, auch wenn sie erst wenige Zehner eingeworfen hatte, aber es hat dann wohl wer anderer gut brauchen können, im Casino schleichen eh so viele "Glücksbringer" herum, die alles verloren haben und hoffen, dass irgend jemand sie an seinem Gewinn beteiligt.

Eine andere Bekannte, das ist noch länger her, hat als Lehrmädchen einmal eine dicke Brieftasche auf der Straße gefunden, prallvoll gefüllt mit Banknoten. Sie hatte etwas für ihren Arbeitgeber zu transportieren und konnte keinen Umweg zum Fundamt machen. Mitnehmen und später zum Fundamt bringen konnte sie nicht, man würde ihr Unehrlichkeit unterstellen, wenn sie nicht direkt zum Fundamt geht. Und wie sie nun mit dem heißen Erdapfel, also der offenen gefüllten Brieftasche, da stand, kam ein Mann und nahm ihr die Bürde ab: "Gibs mir, ich brings zum Fundamt!" Ob er die Brieftasche nun tatsächlich zum Fundamt brachte, wissen wir nicht, aber das Mädchen hat jedenfalls einen ansehnlichen Finderlohn verloren.

Ich kann mich in die beiden Personen hineinversetzen. Wenn ich Aktien kaufe, möchte ich einen überschaubaren Prozentsatz gewinnen. Mit 100% oder mehr rechne ich nie, weil ich es mir einfach nicht vorstellen kann. Also bei den ganzen Pennystocks, die mehrere hundert Prozent steigen, oder bei den amerikanischen Internetaktien, die das genauso machen, da bin ich nie dabei. Ich freue mich über eine schöne Rendite. Aber nie denke ich, dass mein Vermögen plötzlich das x-fache betragen könnte. Das würde ich wohl gar nicht verkraften. Hand aufs Herz: Wie reagiert Ihr, wenn plötzlich ein Münzregen auf Euch niederprasselt, so richtig mit Lärm? Oder wie reagiert Ihr, wenn Ihr plötzlich einen Geldkoffer findet, der Euch in eine andere gesellschaftliche Liga katapultieren könnte? Ihr kriegt so Herzrasen, dass Ihr hofft, dass der Kelch an Euch vorbei geht, dass wer anderer kommt und Euch den Ballast abnimmt, der Euch nach Luft ringen lässt. Es sollen schon Leute gestorben sein, als sie plötzlich einen größeren Geldbetrag gewonnen haben. Jetzt verstehe ich auch das Märchen "Hans im Glück". Zur Erinnerung hier noch einmal das Happy End, nachdem er alles Vermögen verloren hatte, das ihm das Leben so schwer gemacht hatte: "So glücklich wie ich, rief er aus‚ gibt es keinen Menschen unter der Sonne. Mit leichtem Herzen und frei von aller Last ging er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter angekommen war."

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 06.09.)



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