23.12.2013, 6566 Zeichen
Elisabeth Oberndorfer berichtet aus dem Silicon Valley über Google & Co – ein Fachheft-Talk über pr-ige Riesen, Nasdaq-Aktien und behördenartige Verlage im Heimatland Österreich.
Hi Lisa, schön Dich hier in Wien zu treffen. Erzähl bitte meinen Lesern kurz über Dich – was Du so bisher gemacht hast – und wie es Dich ins Silicon Valley verschlagen hat.
Elisabeth Oberndorfer: Ich bin seit neun Jahren mit kurzer Unterbrechung als Journalistin tätig. Angefangen in der Chronik, dann längere Zeit in Bildung und Innenpolitik bei derStandard.at. Weil ich mal das Leben außerhalb einer Redaktion kennenlernen wollte, habe ich knapp zwei Jahre in Agenturen im Bereich Digital und Projektmanagement gearbeitet, bin dann aber wieder zurückgerutscht. Beim Medienwirtschaft Verlag war ich zwei Jahre lang stellvertretende Chefredakteurin, bevor es mich im März endgültig nach San Francisco gezogen hat. Von dort aus arbeite ich als freie Korrespondentin für deutsche und österreichische Fachmagazine und Nachrichtenmedien.
Das Fachheft 16 im Fast Forward Modus
Und dann gibts da ja noch Digitalista …
Oberndorfer: Ja, ein ganz wichtiges Anliegen: Vor einem Jahr habe ich mit acht Kolleginnen aus der Digitalbranche das Frauennetzwerk Digitalista gegründet. Unsere Mission ist es, Frauen in der Branche besser zu vernetzen und zu fördern.
Und wie kann ich mir die Korrespondenten-Tätigkeit vor Ort in San Fransisco konkret vorstellen? Via Facebook sieht man, dass Du bei Facebook, Google & Co. ein und ausgehst.
Oberndorfer: Ha, ganz so ist es nicht. Mein Leben wirkt wohl auf Instagram oder Facebook glamouröser als in der Realität. Die Sache ist die: Man kommt bei einigen Unternehmen leicht rein, erfährt aber auch nicht mehr, als aus der Presseaussendung. Besonders die großen Konzerne sind sehr PR-getrieben, und die Tech-Presse in Silicon Valley macht das Spiel mit. Ich versuche eher die Geschichten im großen Kontext zu sehen – welchen Einfluss hat die Tech-Branche auf die Gesellschaft und die Wirtschaft. Bereiche, die ich mir persönlich sehr genau ansehe, sind Health Tech und Medien. Leider sind die Medien, für die ich reporte, aber in erster Linie an den großen Namen interessiert – Facebook, Google und so weiter.
31 Bilder: Elisabeth Oberndorfer (Digitalista) im Interview
Gibt es eine Art „Österreicher-Szene“ im Valley? Wer ist hier von Bedeutung?
Oberndorfer: Es gibt hier relativ viele Österreicher und auch eine kleine Community. Was mir fehlt ist jedoch eine offizielle Repräsentanz, ähnlich wie die German American Business Association in Silicon Valley. Was ich aus Gesprächen mit Österreichern vor Ort mitgenommen habe, ist das andere das auch wollen, nur jeder glaubt, er macht es besser als der andere. Typisch österreichisch. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass wir so etwas so schnell nicht zustande bringen werden. Es ist vielleicht auch nicht unbedingt notwendig. Die Wirtschaftskammer schafft zumindest mit ihrem Go Silicon Valley-Programm Brücken zur heimischen Wirtschaft.
Und ein Konnex zum Wiener Aktienmarkt? Also vor Jahren gab es mal über die Qino die Jajah-Fantasie, das war aber für Anleger ein Flop und nun ist es ja mit Jajah vorbei. Spricht man Dich als Österreicherin auf die Wiener Börse an?
Oberndorfer: Das wusste ich gar nicht, das war wohl vor meiner Zeit. Nein, die Wiener Börse hat hier absolut keine Relevanz. Alles unterhalb der NYSE und Nasdaq hat hier absolut keine Bedeutung. Silicon Valley ist sehr US-zentrisch, wenn es um diese Dinge geht. Aber interessant, ich glaube ich sollte mal die Wiener Börse zur Sprache bringen.
2m2m, Pioneers Festival – in Wien hat sich eine spannende Startup-Szene entwickelt. Gibt es Player / Persönlichkeiten / Organisationen, die Deiner Wahrnehmung nach auch über die Grenzen hinaus bekannt sind?
Oberndorfer: Ich bin auch begeistert, wie sich die Startup-Szene in Wien entwickelt hat! Für Silicon Valley haben die meisten keine Relevanz. Es gibt einige Startups, die hier gutes Business machen. Zum Beispiel Blossom.io, ein Projektmanagement-Tool, das von Twitter und Google eingesetzt wird. Daniel Mattes ist wahrscheinlich einer der bekanntesten und mit seinem neuen Venture Jumio auch gut im Geschäft. Persönlich bin ich sehr beeindruckt von Leo Widrich, Mitgründer des Social Media-Tools Buffer. Die sind sehr erfolgreich unterwegs und Leo hat sich durch konsequentes Bloggen einen Namen gemacht. Er geht jedoch nicht hausieren damit, dass er aus Österreich kommt.
Und Deine Meinung zur Medienbranche: Welche Strategien werden aufgehen, was ist zum Scheitern verurteilt?
Oberndorfer: Ich finde es schade, dass österreichische Medien immer nur darauf achten, was die New York Times oder der Guardian machen. Die wahre Innovation kommt von den „Kleinen“. Buzzfeed und Upworthy haben aber mittlerweile auch die Aufmerksamkeit von den klassischen Medienhäusern bekommen. Es gibt hier einige erfolgreiche Verfechter des guten, langformatigen Journalismus, die auch Geld damit verdienen. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist The Magazine. Aber auch hier herrscht oft Frust, weil man mit Content kaum Geld verdienen kann. Ich denke, gerade im Medienbereich sind schlanke Strukturen gefragt. Sieh‘ dir die behördenartigen Verlagshäuser bei uns an. Kein Wunder, dass die sich irgendwann den Nacken gebrochen haben, wenn sie Altlasten mittragen oder rauskaufen müssen. Mit einem schlanken Modell kannst du auch in der Medienbranche Geld verdienen, da bin ich sicher. Zum Thema Paid Content bin ich ein bisschen zerrissen. Gib‘ mir ein gutes Zahlungssystem und brillanten Content und ich schenk‘ dir jeden Monat zehn Dollar – so wie Spotify zum Beispiel. Andererseits glaube ich auch an werbefinanzierte Medien mit Reichweite. Beides hat Vor- und Nachteile, das ist kein Schwarz-Weiß-Thema und jedes Medium muss für sich ein passendes Modell finden.
Abschliessend eine private Frage: Du bist recht nah an einigen tollen Nasdaq-Firmen dran. Kaufst Du auch Aktien dieser Unternehmen?
Oberndorfer: Nein, derzeit nicht. Ich warte immer auf den richtigen Moment ab – aber der kommt natürlich nie. Als Tesla vor drei Jahren an die Börse ging wollte ich bei rund 20 US-Dollar einsteigen, aber ein konservativer Finanzler hat mir davon abgeraten. Immer, wenn ich Lust habe, ein paar Tränen zu verdrücken, sehe ich mir den aktuellen Kurs an. Die Aktie stand schon mal bei 200 US-Dollar. Aber wahrscheinlich ist es noch immer nicht zu spät, Tesla wird so schnell nicht verschwinden. Ein anderes spannendes Thema für Risikofreudige ist Bitcoin. Da muss man aber auch Nerven haben.
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