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„Schulterschluss der Menschen notwendig!“

18.12.2024, 5204 Zeichen

Eisenstadt (OTS) - In der neuesten Ausgabe von “Burgenlands Wirtschaft” stellt Burgenlands Wirtschaftskammerpräsident Andreas Wirth die Wünsche der Unternehmerinnen und Unternehmer an die neuen Regierungen vor:
Burgenlands Wirtschaft (BuWi): „Die Wirtschaft stagniert. Was fordern Sie konkret von der neuen Regierung?“
Wirtschaftskammerpräsident Andreas Wirth: „Die Wirtschaft steckt nach wie vor in einer schwierigen Situation fest und braucht Klarheit. Ungewissheit und fehlende Planungssicherheit sorgen für Zurückhaltung bei den Investitionen und somit für Stillstand. Die neue Bundesregierung muss die Standortpolitik in den Mittelpunkt stellen! Der Standort steht unter Druck und hat schwer an Attraktivität eingebüßt. Aufgrund der gestiegenen Lohnstückkosten und der hohen Abgabenquote investieren Firmen im Ausland. Investoren denken beim Geldausgeben nicht mal mehr an Österreich!“
BuWi: „Wo drückt der Schuh konkret?“
Wirth: „Seit 2009 sind die Arbeitskosten um fast 50 Prozent gestiegen - deutlich mehr als zum Beispiel in Deutschland mit 40 Prozent. Die Folge: Die Lohnstückkosten gehen in Österreich seit 2009 mit einem Plus von 30 Prozent durch die Decke. Aufgrund der hohen Reallohnabschlüsse in Österreich werden die Lohnstückkosten bis 2025 um weitere 20,5 Prozent steigen. Die Arbeitskosten stellen bereits jetzt für Burgenlands Unternehmen das größte wirtschaftliche Risiko dar!
Punkt 2: Die Steuern auf Arbeit sind in Österreich ähnlich hoch wie auf Zigaretten und Schnaps. Unser Land zählt mit 47 Prozent Besteuerung des Faktors Arbeit zu den Top fünf in Europa mit den höchsten Lohnnebenkosten! Daher fordern wir: Runter mit den Lohnnebenkosten! Dazu kommt, dass Österreich insgesamt mit einer Abgabenquote von 43,5 Prozent im europäischen Spitzenfeld liegt. Das zeigt deutlich, dass wir ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem haben. Vermögens oder Erbschaftssteuern würden der Wirtschaft nur weiteren Schaden zufügen.“
BuWi: „Von einem zu viel, von anderem zu wenig, kommen wir zum Thema Mitarbeiter...“
Wirth: „Derzeit ist es so, dass Nichtarbeit, zu attraktiv ist, viele entscheiden sich für Teilzeit, steuerliche Anreize für mehr Engagement fehlen. Deshalb muss der Unterschied zwischen Teilzeit und Vollzeitarbeit größer sein, Mehrarbeit muss sich - etwa durch steuerfreie Überstunden - mehr lohnen. Wir brauchen eine moderne Arbeitsmarktpolitik, die den Schwerpunkt auf eine rasche Vermittlung in den Arbeitsmarkt legt. Wir brauchen ein Arbeitslosengeld, das anfangs durchaus höher sein darf, dann aber geringer werden muss, wenn man keine Arbeit annimmt. Darüber hinaus muss man den Ausbau der Kinderbetreuung vorantreiben sowie steuerliche Anreize für Überstunden schaffen. Und wer in der Pension noch etwas dazuverdienen und sein Know how weitergeben will, soll das ohne Abgaben tun können.“
BuWi: „Das Thema Arbeitszeitverkürzung muss also vom Tisch?“
Wirth: „Wir werden unseren Sozialstaat, wie wir ihn kennen, nicht erhalten können, wenn weniger gearbeitet wird. Mit diesem Märchen muss Schluss sein! Im Eurozonenvergleich verzeichnet Österreich den stärksten Rückgang bei der Arbeitszeit! 2004 haben Arbeitnehmer noch durchschnittlich 33,9 Stunden pro Woche gearbeitet. Jetzt sind es nur noch 29,2 Stunden. Wenn wir unser Wohlstandsniveau halten und unser soziales Netz absichern wollen, müssen wir dessen Fundament - Wirtschaft und Beschäftigung - stärken. Wir werden in Zukunft wie der mehr arbeiten müssen und nicht weniger. Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung - egal, ob mit oder ohne Lohnausgleich - oder eine verpflichtende Vier-Tage-Woche wäre je denfalls Gift für den Standort.“
BuWi: „In Ihren Reden erwähnen Sie immer wieder die Last der Bürokratie.“
Wirth: „Bürokratie, Dokumentationspflichten und Kontrollen sind die rauchenden Bremsklötze der Betriebe. Stellen Sie sich ein Ein- Personen-Unternehmen vor, das rund 20 Stunden pro Woche allein für die Bewältigung der Bürokratie aufwenden muss. Das hat eine Studie im Auftrag der WKO ergeben. Das System ist über die Jahrzehnte gewachsen. Niemand hat sich die Mühe gemacht, es auszumisten. Es braucht ein klares und schlankes Regelwerk, damit wir Unternehmerinnen und Unternehmer uns wieder um unsere Kernaufgaben kümmern können: Produkte auf den Markt bringen und Dienstleistungen anbieten.“
BuWi: „Nein zur Arbeitszeitverkürzung, nein zu Lohnerhöhungen. Wie soll die Regierung das den Menschen schmackhaft machen?“
Wirth: Wir brauchen endlich wieder einen Schulterschluss aller Menschen - egal, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, egal, von welcher Partei. Verkürzt man die Arbeitszeit, werden viele Aufträge nicht mehr erfüllt werden können. Viele Dienstleistungen werden vom Markt verschwinden. Durch Arbeitszeitreduktion kommt viel weniger Geld in die Kassen des Sozialsystems: Leistungen der Krankenkassen etc. werden reduziert. Ähnlich bei Lohnerhöhungen. Was ist die Folge einer Lohnerhöhung? Waren und Dienstleistungen werden teuer. Es bleibt nicht mehr im Börsel. Hier braucht es einen anderen Weg: Eine Senkung der Lohnnebenkosten bringt Arbeitgebern und Arbeitnehmern etwas. Wir brauchen endlich Lösungen und neue Wege der Regierung: Die Zeit des Durchwurschtelns ist vorbei. Jetzt braucht die Regierung Mut und gute Ideen!“



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