24.06.2024,
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Wien (OTS) - Derzeit wird mit einer geringeren, durchschnittlichen
Getreideernte von knapp 2,87 Mio. t gerechnet. Das entspricht einem
Minus von 5,4% gegenüber der Vorjahresmenge und einem Minus von 4,8%
gegenüber dem Fünf-Jahresschnitt. Insbesondere die feuchten
Anbaubedingungen im Herbst, aber auch unattraktive Marktpreise haben
zu einer im Vergleich zu 2023 um 2,5% geringeren Getreideanbaufläche
von 507.000 ha geführt. Während Getreide, Mais, Sonnenblumen und Raps
zu den flächenmäßigen Verlierern zählen, wurden Zuckerrüben,
Ölkürbisse und Erdäpfel wieder verstärkt angebaut.
"Sorgen bereiten den Ackerbäuerinnen und -bauern die ungebrochene
Bürokratieflut, fehlende Pflanzenschutz-Möglichkeiten bei zunehmenden
Klimaauswirkungen und höchst volatile Märkte", berichtete LK
Österreich-Präsident Josef Moosbrugger beim diesjährigen
Ernte-Pressegespräch in Wien-Favoriten. Gemeinsam mit dem
LKÖ-Pflanzenbau-Ausschuss-Vorsitzenden und LK Burgenland-Präsidenten
Niki Berlakovich und LK Wien-Vizepräsidentin Irene Maria Trunner
beleuchtete er auch Herausforderungen und Chancen des heimischen
Ackerbaus.
Viele Flächen wegen Extremregen unbestellt oder geschädigt
"Die Hauptursache für die geringere Getreideernte 2024 ist die
überaus feuchte Witterung im Herbst, also zu Beginn der aktuellen
Ackerbausaison. Im November und Dezember erschwerten häufige
Niederschläge die Soja-, Zuckerrüben- und Maisernte und daher auch
den nachfolgenden Anbau, vorwiegend von Winterweizen. Unsere
Bäuerinnen und Bauern schauen auf ihre Böden, haben auf den Anbau in
übernässte Böden verzichtet und nach Alternativen gesucht, die im
Frühjahr angebaut werden können. Jänner und Februar zeigten sich sehr
trocken, wobei eine kurze Phase mit extremen Minustemperaturen dazu
führte, dass einige Getreideflächen abfroren, insbesondere im Herbst
angebaute Sommergerste. Die darauffolgende Wärmephase bewirkte, dass
die Vegetation um mindestens drei Wochen früher dran war als in den
vergangenen Jahren", berichtete Berlakovich.
"Mitte April bis Anfang Mai fielen die Temperaturen bis zu minus 7°C.
Schäden im Ackerbau gab es in manchen Regionen beim gerade blühenden
Raps, aber auch bei bereits angebauten Zuckerrüben. Insgesamt wird
aber von einem klassischen Getreidewetter mit wüchsigen Temperaturen
bis zu 25°C bei guter Wasserversorgung gesprochen. Im Mai und Juni
herrschten jedoch in vielen Regionen Extremniederschläge und
Überschwemmungen, sodass Befahrung und dringend notwendige
Pflegemaßnahmen teilweise unmöglich waren", so der
Ausschuss-Vorsitzende weiter. Auch im Grünland sei der viele Regen
eine Herausforderung. Vor allem im Berggebiet konnte der erste
Schnitt trotz der sehr frühen, fortgeschrittenen Vegetation – wenn
überhaupt – erst in den letzten Tagen eingebracht werden.
Getreide: weniger Weichweizen inkl. Dinkel, Mais, Roggen und
Triticale – mehr Sommer- und Wintergerste und Hartweizen
"Zu den flächenmäßigen Verlierern zählt in Summe Getreide, das (ohne
Mais) um 13.000 ha bzw. 2,5% weniger angebaut wurde und im Vergleich
zum langjährigen Mittel sogar um 25.000 ha bzw. 4,7% abgenommen hat.
Die schlechten Maispreise der letzten Ernte machten aber – trotz im
Herbst unbestellter Flächen – Mais (Körnermais inklusive CCM) zur
Kultur mit dem größten absoluten Flächenverlust von über 12.400 ha
bzw. 5,9%. Silomais wurde etwas ausgeweitet um 2.300 ha bzw. 2,7%",
legte Berlakovich dar.
Die bedeutendste Getreidekultur Weizen habe in Summe inklusive Dinkel
wegen der nassen Herbstwitterung um 9.600 ha bzw. 3,7% gegenüber 2023
abgenommen. Aber auch Roggen sei aufgrund unattraktiver Preise um
16,3% weniger angebaut worden, ebenso wie Triticale mit einem Minus
von 4,9%.
"Profitiert von dieser Entwicklung hat erstmal wieder Sommergerste,
die um 1.800 ha bzw. 8% ausgeweitet wurde, aber im Vergleich zu
früheren Jahren mit in Summe 24.600 ha weiterhin wenig Bedeutung in
der Fruchtfolge hat. Auch die Wintergerstenfläche wurde um knapp
1.600 ha bzw. 1,6% ausgeweitet und ist nach Weichweizen und
Körnermais die drittwichtigste Kultur. Hartweizen setzt seinen
Aufwärtstrend mit einem Plus von 2.900 ha bzw. 12,3% fort", hob der
LK Burgenland-Präsident hervor.
Weniger Soja, Raps und Sonnenblumen – mehr Zuckerrüben, Ölkürbis,
Erdäpfel und Leguminosen
"Die bedeutendste Alternativkultur Soja wurde mit rund 86.600 ha
wiederum um rund 530 ha weniger angebaut. Im europäischen Vergleich
ist Österreich damit im Sojaanbau aber immer noch ganz vorne mit
dabei. Raps setzt seinen Abwärtstrend fort und erreicht mit 23.700 ha
einen neuen Negativrekord. Die Rapsfläche wurde in den letzten Jahren
immer weiter reduziert, in dieser Saison um rund 2.800 ha bzw. 10,5%.
Auch die Sonnenblumenfläche wurde um 1.500 ha bzw. 6,2% auf nur mehr
22.700 ha reduziert", so Berlakovich.
"Am deutlichsten zulegen konnte die Zuckerrübe mit einer Ausweitung
um 23% bzw. 8.300 ha auf 44.500 ha. Noch mehr Zuckerrüben wurden
zuletzt vor 2015 angebaut. Auch die Ölkürbisfläche konnte wieder
gesteigert werden – um 4.700 ha bzw. 16,2% auf insgesamt 33.700 ha.
Ebenso wurde der Erdäpfelanbau ausgeweitet, nämlich um 1.300 ha bzw.
6,9% auf rund 20.000 ha, was auf den Speiseerdäpfel-Bereich
zurückzuführen ist. Auch die Leguminosen Körnererbse und Ackerbohne
nahmen jeweils um mehr als 10% an Fläche zu. Es wurden 7.100 ha
Körnererbsen und 7.400 ha Ackerbohnen angebaut", legte der
Ausschuss-Vorsitzende dar.
AMA Gütesiegel für Orientierung der Konsument:innen unverzichtbar
"Die Getreidepreise sind und bleiben sehr volatil. Deshalb gilt es
mehr denn je, die regionalen Märkte zu bearbeiten. Die Ausweitung des
AMA Gütesiegels samt Qualitäts- und Herkunftssicherung muss auch
mittels gezieltem Marketing dazu verwendet werden, die hohen
österreichischen Standards für die heimische Bevölkerung sichtbar und
gezielt erhältlich zu machen. Ziele sind Marktanteil-Sicherung sowie
mehr Wertschätzung und Wertschöpfung für heimische Ackerfrüchte", so
Moosbrugger. "Gleichzeitig fordern wir die EU auf, sich dringend zu
überlegen, wie mit dem Agrarexportriesen Ukraine mittel- bis
langfristig umgegangen werden soll. Diese hat völlig andere
Produktionsstandards und Kostenstrukturen und stellt – ohne
ausreichende Schutzmaßnahmen – eine Bedrohung für unsere bäuerliche
Familienlandwirtschaft dar."
"Die Entwicklung der Anbauflächen verdeutlicht, wie genau Bäuerinnen
und Bauern kalkulieren und ihre Kulturwahl an aktuelle Gegebenheiten
anpassen müssen. Neben der Witterung waren die Preise für
unterschiedliche Ackerfrüchte in dieser Saison ein wesentliches
Kriterium für die Anbauentscheidung", betont Moosbrugger und weiter:
"Auch wenn sich die Preise für Ernteprodukte in den letzten Wochen
kurzzeitig erholt hatten, sind sie in den letzten Tagen wieder auf
ein Niveau gefallen, wo sich die heimische Produktion mit den
weiterhin hohen Betriebsmittelkosten schwer tut."
"In Zeiten volatiler Märkte im Ackerbau setzt Wien auf regionale,
partnerschaftliche Wertschöpfungsketten. Die Landwirtschaftskammer
Wien unterstützt ihre Betriebe dabei, sich entlang dieser Ketten zu
vernetzen. Projekte wie das Wiener Bier aus regionaler Braugerste und
Wiener Bio-Tofu aus heimischen Sojabohnen sind Erfolgsgeschichten,
die die Abhängigkeit von Preisschwankungen reduzieren und die
Qualität unserer lokalen Produkte sichtbar machen. Diese Initiativen
stärken nicht nur das positive Image der Stadtlandwirtschaft Wien,
sondern erhöhen auch die Wertschöpfung für unsere Ackerbauern und
-bäuerinnen", ergänzte LK Wien-Vizepräsidentin Trunner.
Ausreichend Schutzmöglichkeiten für Lebensmittel wichtig
"Schädlinge und Schaderreger sind auch in dieser Saison eine große
Herausforderung. Beispielsweise haben die warmen Herbsttemperaturen
zu verstärkten Blattlausaktivitäten und von ihnen übertragenen
viralen Pflanzenkrankheiten geführt. Die warmen Tagestemperaturen im
zeitigen Frühjahr nutzten auch etwa den Zuckerrüben- und
Rapsschädlingen. Gerade Raps wird von immer weniger Bäuerinnen und
Bauern angebaut, da die Kulturführung nach dem Wegfall effizienter
Saatgutbeizmittel sehr herausfordernd und teuer geworden ist. Bei
vielen Schadinsekten, wie beispielsweise Rapsglanzkäfer,
Getreidehähnchen etc., sieht man, dass bisher eingesetzte
Pflanzenschutzmittel nicht mehr ausreichend wirksam sind. Dieses
Phänomen kennt man auch bei Ungräsern. Die Herausforderungen mit
Schädlingen und Schaderregern werden immer größer. Deshalb ist es
wichtig, dass künftig ausreichend effektive Möglichkeiten zum Schutz
unserer Nahrungsmittel zur Verfügung stehen", fordert Moosbrugger im
Sinne der Versorgungssicherheit. (Schluss)
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