05.07.2024,
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Linz (OTS) - Im aktuellen Pflegesystem bestimmt das Angebot die
Pflege (und das ist in zwei starren Säulen gedacht: mobil und
stationär.) – das heißt, Betroffene müssen sich an das Angebot
anpassen und nicht umgekehrt. Pflegesituationen sind jedoch sehr
individuell. Darüber hinaus wird die Dimension der Prävention und
Angehörigenentlastung zu wenig berücksichtigt. Der Wohnort
entscheidet meist über die Verfügbarkeit der Angebote, oft gibt es
auch in akuten Fällen wochenlange Wartezeiten und fast alle Angebote
setzen erst dann an, wenn schon ein akuter Pflegebedarf eingetreten
ist. Oft bleibt daher nur ein Umzug ins Pflegeheim als endgültige
Lösung – wohlwissend, dass viele Menschen unter anderen
Rahmenbedingungen auch zu Hause hätten begleitet werden können, was
vor allem den Wünschen der Betroffenen entsprechen würde.
Projektevaluierung „Community Nursing“: Heimeinzug kann verzögert
werden
Das Diakoniewerk hat über Jahre hinweg zusammen mit zahlreichen
Expert:innen aus der Wissenschaft, der Wirtschaftsforschung und dem
Sozialbereich das Modell „SING – Seniorenarbeit innovativ gestalten“
entwickelt. Das Diakoniewerk möchte damit das starre Pflegesystem
(mobil und stationär) völlig neu gestalten – mit folgendem Ziel:
Personen erhalten einen sogenannten Autonomiebetrag und können damit
individuelle Betreuungsleistungen erwerben. Der Fokus im Modell liegt
auf dem Willen und den Ressourcen der Menschen kombiniert mit einer
effizienteren Finanzierungslogik für den Pflegebereich, womit
Kostenanstiege langfristig gedämpft werden würden. Eine wesentliche
Säule dieses Modells ist die Einführung von sogenannten
„Pflegelots:innen, die Menschen mit Pflegebedarf und deren
Angehörigen zur Seite stehen und mit ihnen gemeinsam ein effizientes
und verlässliches Betreuungssetting entwickeln, in dem Angehörige,
Nachbar:innen, Vereine und professionelle Dienste zusammenarbeiten.
Ein Konzept, das bereits Elemente von „SING“ aufgreift, ist das
von der EU geförderte Pilotprojekt „Community Nursing“. Seit Anfang
2022 ist das Diakoniewerk österreichweiter Umsetzungspartner und der
größte Anbieter dieser innovativen Dienstleistungen in sieben
Pilotregionen in Österreich. Community Nurses sind diplomierte
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen. Sie führen präventive
Hausbesuche und Beratungsgespräche durch, um Menschen im Alter dabei
zu unterstützen, möglichst lange selbstbestimmt in ihrem gewohnten
Umfeld zu leben.
Claudia Janski, MSc, DGKP, ist Community Nurse im Innviertel. Ihr
Team arbeitet in vier Gemeinden rund um Mauerkirchen und hat seit dem
Projektstart 2022 über 150 Familien und Einzelpersonen begleitet. Nur
bei 5 % dieser hochaltrigen, oft bereits pflegebedürftigen Personen
war ein Einzug in ein Alten- und Pflegeheim nötig. Bei allen anderen
konnte die Versorgung zuhause dauerhaft sichergestellt und ein
Heimeinzug verhindert bzw. verzögert werden. Dies entspricht dem
Willen der Personen, es dämpft aber auch die Kosten für die
öffentliche Hand massiv und entlastet das Personal in den stationären
Einrichtungen.
Prävention ist für sie ein entscheidender Faktor in der Arbeit der
Community Nurses. „Wir Community Nurses arbeiten präventiv, proaktiv
und begleitend und haben dadurch eine große Wirkung. Viele Personen
können durch unsere Unterstützung langfristig und qualitätsvoll zu
Hause weiterbetreut werden. Hierbei ist auch eine gute Begleitung von
pflegenden Angehörigen ein sehr entscheidender Faktor. Für mich als
langjährige Krankenpflegerin ist das die Pflege der Zukunft und eine
große Chance, viele Kolleginnen in der Branche zu halten!“, so
Janski.
Zwtl.: Gemeinden profitieren vom Angebot der Community Nurses
Insgesamt werden österreichweit ca. 80 % aller Menschen mit
Pflegebedarf gar nicht durch professionelle Dienste, sondern
innerhalb ihrer Familie versorgt. Viele Gemeinden sind ländlich
strukturiert, hier ist die Pflege innerhalb der Familie noch immer
das gängigste Modell - auch weil es in vielen kleinen Gemeinden gar
keine eigenen Pflegeangebote wie Altenheime oder Tagesbetreuungen
gibt. Für Angehörige bedeutet dies oft eine Mehrfachbelastung neben
ihrer Berufstätigkeit bzw. eine Vernachlässigung ihrer
Sozialkontakte.
In der Gemeinde Königswiesen werden seit Projektstart im Jahr 2022
ca. 60 Familien durch eine Community Nurse des Diakoniewerks
begleitet. Die Gemeindebürger:innen haben die Beratung und
Unterstützung durch die Community Nurse rasch gut angenommen.
Mittlerweile ist die Community Nurse ein Eckpfeiler der sozialen
Infrastruktur in Königswiesen: Sie arbeitet eng mit Ärzt:innen,
Beratungsstellen, Vereinen und den Gemeindebediensteten zusammen.
Durch die regionale Ansiedelung der Community Nurse in der Gemeinde
kennt sie die Familien, die örtlichen Angebote und die Strukturen der
Region gut. Sie kommuniziert offene Bedarfe und Versorgungslücken an
die Gemeinde, damit neue Angebote entwickelt werden können.
„Gemeinden und ihre Bürger:innen profitieren stark von Community
Nursing. Als Bürgermeister kann ich mir sicher sein, dass es mit der
mit der Community Nurse für alle Fragen rund um Alter, Gesundheit und
Pflege eine kompetente Ansprechpartnerin gibt, die sofort und
unbürokratisch unterstützt. Daher wünsche ich mir, dass dieses
erfolgreiche Angebot jedenfalls beibehalten wird. Die Finanzierung
ist durch Gelder des Bundes dauerhaft gesichert. Jetzt müssen die
Sozialhilfeverbände entscheiden, ob sie diese Finanzierung nutzen
wollen. Als Bürgermeister setze ich mich im Sinne meiner
Gemeindebürger:innen stark dafür ein“, so DI (FH) Roland Gaffl,
Bürgermeister von Königswiesen.
Zwtl.: Wissenschaftliche Evaluierung der Community Nursing-Projekte
durch FH Campus Wien
Die FH Campus Wien hat in einer Studie unter der Leitung von
Cornelia Feichtinger BSc, BSc, MSc eine wissenschaftliche Evaluierung
der Community-Nursing-Projekte des Diakoniewerks durchgeführt. Es
wurden sowohl die Community Nurses selbst, aber auch
Bürgermeister:innen, pflegenden Angehörige und
Vernetzungspartner:innen befragt. In Interviews,
Vor-Ort-Beobachtungen und Fokusgruppen wurden zahlreiche positive
Wirkungen des Projekts Community Nursing bestätigt – die wichtigsten
Ergebnisse im Überblick:
Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Community Nursing
sind die Vertrauensbasis und die dauerhafte Begleitung der
Klient:innen. Die Studie zeigt, dass es zentral ist, dass Hausbesuche
aufsuchend, ohne Zeitdruck und kostenlos durchgeführt werden. Der
lokale Bezug und die Kenntnisse der lokalen und regionalen Angebote
ermöglichen Maßnahmen, die genau auf die Menschen in der Gemeinde
zugeschnitten sind. Das trägt wesentlich zur Effektivität bei.
Das neue Berufsbild „Community Nursing“ hebt die Attraktivität des
Pflegeberufs und motiviert diplomierte Gesundheits- und
Krankenpflegepersonen, in dieser Branche zu bleiben.
Diese präventive Arbeit und die aktive Fallverfolgung ist eine
klare Unterscheidung zu bestehenden Angeboten wie Hauskrankenpflege
oder Sozialberatungsstellen.
„Durch ihre vielfältigen präventiven Maßnahmen und ihre engagierte
Arbeit im Sozialraum tragen die Community Nurses dazu bei, die
Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung zu verbessern. Sie
sind eine wichtige Stütze für die Klient:innen selbst und deren
Angehörige.“, so Cornelia Feichtinger, BSc, BSc, MSc (Leiterin des
Zentrums für Angewandte Pflegeforschung).
Zwtl.: Zusammenfassung und Ausblick
Die Pflege braucht eine Systemänderung: Den Willen und die
Ressourcen der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die
Attraktivierung der Branche, flexible Hilfe-Arrangements und
Prävention müssen wesentliche Grundpfeiler eines zukünftigen Systems
sein.
Mit dem Pflege- und Finanzierungsmodell „SING – Seniorenarbeit
innovativ gestalten“ hat das Diakoniewerk in den letzten Jahren
innovative Impulse bei Systempartner:innen gesetzt. Ein erster
Schritt in die Gestaltung eines neuen Sorge-Netzwerkes kann das
Angebot der Community Nurses sein, das im Diakoniewerk seit mehr als
zwei Jahren erfolgreich umgesetzt wird.
Eine interne Auswertung der Dokumentationsdaten hat ergeben, dass
lt. fachlicher Beurteilung bei 35% der Klient:innen der Einzug in ein
Alten- und Pflegeheim verzögert werden konnte! Nur ca. 5% der bisher
von den Community Nurses des Diakoniewerks begleiteten Senior:innen
mussten seit Projektbeginn in ein Pflegeheim einziehen. Hochgerechnet
bedeutet das, dass durch die 30 Community Nurses des Diakoniewerks in
zwei Jahren ca. 250 Heimeinzüge verzögert werden konnten.
Gemeinden bestätigen, dass Community Nurses besonders dann gut
unterstützen können, wenn die Pflege und Betreuung von Menschen im
Alter vorwiegend innerhalb der Familien organisiert und geleistet
wird.
Das derzeitige Projekt endet mit Ende 2024. Gelder für die
Weiterführung werden seitens des Bundes über die
Finanzausgleichsverhandlungen zur Verfügung gestellt, aber die
Entscheidung, dass und wie Community Nursing in Oberösterreich
konkret weitergeführt werden soll, wurde noch nicht getroffen. Das
Diakoniewerk setzt sich stark dafür ein, dass die Gelder für die
Fortführung dieses erfolgreichen Projektes verwendet werden, denn
eine dauerhafte Finanzierung von Community Nursing ist wirksamer und
nachhaltiger, als an einzelnen Schräubchen im bereits bestehenden
System zu drehen.
„Mehr gesunde Jahre in den eigenen vier Wänden bedeuten mehr
Lebensqualität für die Menschen und weniger Ausgaben für die
öffentliche Hand, dies insbesondere in Zeiten des demografischen
Wandels, der kleiner werdenden Budgettöpfe und des Fachkräftemangels.
Uns im Diakoniewerk ist wichtig: Im Mittelpunkt steht – dem Konzept
der Sozialraumorientierung folgend - der Wille der Senior:innen.
Neben der fachlichen Hilfestellung in Pflegeangelegenheiten tragen
die Community Nurses mit ihren Angeboten zur sozialen Teilhabe und
einem Miteinander im Sozialraum bei“, so Dr.in Daniela Palk,
Vorständin im Diakoniewerk.
BSN Podcasts
Christian Drastil: Wiener Börse Plausch
Börsepeople im Podcast S14/02: Wolfgang Aubrunner
Aktien auf dem Radar:Warimpex, CA Immo, Wienerberger, Austriacard Holdings AG, Rosenbauer, UBM, EVN, Wiener Privatbank, VIG, Marinomed Biotech, Frequentis, ATX, ATX Prime, ATX TR, FACC, Agrana, AT&S, Mayr-Melnhof, Uniqa, Semperit, ams-Osram, Heid AG, Lenzing, Porr, S Immo, Addiko Bank, Oberbank AG Stamm, Amag, Erste Group, Flughafen Wien, Immofinanz.
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