05.12.2024, 4662 Zeichen
Wien (OTS) - Im August 2024 kündigte ein oststeirischer
Joghurt-Direktvermarkter
an, die Produktion endgültig einzustellen. Der Grund: „Dieser Betrieb
war wiederholt behördlichen Beanstandungen wegen Bagatellverstößen
und in weiterer Folge hohen Strafen ausgesetzt. Das geht sich in der
bäuerlichen Direktvermarktung, wo in der Regel alle Arbeitsschritte
von der Familie durchgeführt werden, einfach nicht mehr aus“, gibt
der Bauernbündler und Abg.z.NR Andreas Kühberger zu bedenken. Der
Grund für die Beanstandung und die folgende Geldstrafe in Höhe von
500 Euro: Am Becher des Apfel-Joghurts sollen mögliche Allergene
nicht ausreichend gekennzeichnet gewesen sein. Konkret sei die
Bezeichnung „Bio-Joghurt“ nicht gesondert hervorgehoben worden. „Dass
in einem Joghurt Milch enthalten ist, sollte sich von selbst
erklären. Es ist aber vor allem ärgerlich, dass der Landwirt bereits
bei dieser erstmaligen Beanstandung die volle Härte des Gesetzes zu
spüren bekommt. Solche Aktionen verunmöglichen kleinen bäuerlichen
Betrieben die direkte Vermarktung ihrer Lebensmittel und gefährden
dadurch die Nahversorgung im ländlichen Raum“, ist Kühberger
verärgert.
Bereits im Februar 2023 musste der Bauer eine Strafe von 1.000
Euro zahlen, da die Schriftgröße in der Zutatenliste um 0,2
Millimeter zu klein war. Nachdem er seinen Betrieb in der Folge auf
Bio umgestellt hatte, holte er sogar ein externes Gutachten für seine
Produkte ein. „Das Produkt wurde nach einigen kleineren Anpassungen
als verkehrsfähig zugelassen“, berichtet Kühberger. Umso ärgerlicher
ist die neuerliche Strafe aufgrund der Allergen-Kennzeichnung. Den
Verkauf des Joghurts in regionalen Supermärkten hat der Landwirt
eingestellt, künftig soll ausschließlich Käse ab Hof vermarktet
werden.
„Strafen, wo notwendig, aber beraten, wo es möglich ist“
Dabei stellt Kühberger klar und deutlich fest: „Dort, wo es
notwendig ist, weil es wirklich um Lebensmittelsicherheit und die
Gesundheit der Menschen geht, sagen wir nichts gegen die Strenge der
Behörden. Wenn die Qualität von Produkten beeinträchtigt wird, dann
muss das natürlich aufgedeckt, bestraft und behoben werden. Bei
derartig geringen Vergehen, die meist nur eine Formalität betreffen,
darf es allerdings nicht sein, dass mit aller Vehemenz gleich
gestraft wird. Vielmehr muss die Praxis ‚Beraten statt Strafen‘
endlich bei Lebensmittelkontrollen Einzug halten.“
Der Hintergrund: Bereits 2014 wurde der Grundsatz „Beraten statt
Strafen“ im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz
verankert, 2019 überdies im Verwaltungsstrafgesetz. „Die Ausführung
liegt allerdings bei den verantwortlichen Behörden, in der Regel sind
das die Bezirkshauptmannschaften. Und da könnte die Handhabung
unterschiedlicher nicht sein“, kritisiert Kühberger.
Bäuerliche Direktvermarkter können mit Handel nicht mithalten
„Beraten statt Strafen“ sei nicht ohne Grund eingeführt worden“,
so Kühberger: „Von der Urproduktion angefangen über die Verpackung
und den Vertrieb sind es bei der Direktvermarktung in der Regel die
Mitglieder unserer Bauernfamilien, die für einen reibungslosen Ablauf
sorgen. Die Ressourcen sind dadurch allerdings stark begrenzt,
Stückpreise deutlich höher. Gerade deshalb muss die Behörde
Fingerspitzengefühl an den Tag legen und darf die bäuerliche
Direktvermarktung nicht mit der industriellen Lebensmittelproduktion
über einen Kamm scheren.“
Gesundheitsminister lässt viele Fragen offen
Aus diesem Grund hat sich Kühberger auch mit einer
Parlamentarischen Anfrage direkt an Gesundheitsminister Johannes
Rauch (Grüne) gewandt. Der Abgeordnete wollte wissen, wie der
Minister die Verhältnismäßigkeit derartiger Strafen beurteile und wie
groß der Anteil jener Vergehen war, die für Lebensmittelqualität und
-sicherheit relevant waren. Die Antwort aus dem
Gesundheitsministerium sei „schlichtweg enttäuschend“, so Kühberger:
„Nach wie vor wissen wir nicht, wie der Gesundheitsminister plant,
‚Beraten statt Strafen‘ endlich in die Praxis umzusetzen. Stattdessen
sind unsere Direktvermarkter weiterhin stets der Gefahr ausgesetzt,
Opfer willkürlicher Entscheidungen zu werden.“
Es brauche endlich klare Vorgaben für die Behörden, bei welchen
Vergehen bei der Lebensmittelkennzeichnung eine Beratung beim ersten
Mal ausreiche, fordert der Steirer: „Die gesetzliche Grundlage ist
prinzipiell vorhanden. Der Gesundheitsminister - oder sein Nachfolger
- wäre gut beraten, die Umsetzung des Prinzips ‚Beraten statt
Strafen‘ schleunigst voranzutreiben. In manchen Fällen ist die
Beratung beim ersten Vergehen sinnvoller als die sofortige Strafe -
ansonsten laufen wir Gefahr, unsere so geschätzte bäuerliche
Direktvermarktung zu verlieren“, verdeutlicht Kühberger.
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