17.10.2024, 5364 Zeichen
Wien (OTS) - Der gestern publizierte Bericht der Expert:innengruppe
zur
Zwischenevaluierung des Forschungsrahmenprogramms âHorizon Europeâ
bringt neuen Diskussionsstoff in die Gestaltung der europäischen
Forschungs- und Innovationspolitik. Der sogenannte Heitor-Report
bestätigt die Relevanz und die Effektivität des Rahmenprogramms für
Forschung und Innovation in Europa. Gleichzeitig werden notwendige
Reformen eingemahnt. â Ich sehe im Heitor-Bericht viele sinnvolle
Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Rahmenprogramms ,â so Helga
Nowotny, Mitglied des Rates für Forschung, Wissenschaft, Innovation
und Technologieentwicklung (FORWIT).
Der Bericht kommt allerdings zu einem Zeitpunkt, da sich die
Gerüchte über grundlegende Veränderungen im Budget der EU verdichten,
die sich auch auf die Forschungs- und Innovationspolitik auswirken
könnten. â Es ist als positiv zu bewerten, dass Ursula von der Leyen
den Ernst der Lage erkannt hat, in dem sich Europa befindet. Das
Projekt der europäischen Integration braucht mehr Fokus, mehr
Entscheidungskraft â, so Thomas Henzinger, Vorsitzender des FORWIT.
Allerdings: â Die forschungs- und innovationspolitischen Instrumente
der EU funktionieren vergleichsweise gut. Sie dürfen bei den
geplanten Reformen nicht zum Kollateralschaden werden. â
Zwtl.: Mögliche Auswirkungen auf Spitzenforschung
Konkret plant die Europäische Kommission angeblich, einen
zentralen Competitiveness Fund zu schaffen, der ihr mehr
Entscheidungsspielraum geben soll. â Das Rahmenprogramm, oder
zumindest Teile davon, gemeinsam mit vielen anderen Programmen in
einen solchen Fonds zu überführen, wird aus unserer Sicht der
zentralen Bedeutung von Forschung und Innovation nicht ausreichend
gerecht â, meint Ratsmitglied Helga Nowotny. Eine solche
Eingliederung könnte zu Lasten exzellenter Forschung und Entwicklung
führen - nicht zuletzt, weil derzeit unklar sei, wie eine âpolicy-
orientierteâ Budgetzuteilung erfolgen soll.
Im schlimmsten Fall würde etwa der European Research Council (ERC
) in einen solchen Fonds integriert. â Der Erfolg des ERC ist ganz
wesentlich auf seine Unabhängigkeit zurückzuführen. Durch ihn konnte
ein wichtiger Freiraum geschaffen werden, der von Forscher:innen
getriebene exzellente Grundlagenforschung ermöglicht. Sollte der ERC
in einen Competitiveness Fund eingegliedert werden, ginge womöglich
nicht nur seine Unabhängigkeit verloren, die europäische Förderung
der Spitzenforschung wäre dann auch nicht mehr forscher:innen-,
sondern policy-getrieben â, warnt Henzinger.
Zwtl.: Ãsterreichs Stärken in der Unternehmensforschung ausbauen
Stark diskutiert werden derzeit auch die Programme der
sogenannten zweiten Säule im Rahmenprogramm, die den Bereich der
kooperativen, übernationalen angewandten Forschung beinhaltet.
Ãsterreichische Unternehmen und Forschungsorganisationen sind gerade
in diesen Programmlinien erfolgreich. Nowotny mahnt zu einem Umdenken
an - unabhängig davon, wie Forschungsförderung in Zukunft gestaltet
werden wird. â Wir müssen weg von dem Denken, dass es nur darum geht,
möglichst viel Geld aus Brüssel zurückzuholen. Vielmehr sollten wir
lernen, das europäische Forschungsprogramm bestmöglich zu nutzen -
für die Stärkung der österreichischen FTI-Strategie im europäischen
und globalen Kontext â, so Nowotny. Konkret bedeute das, europäisch
vernetzt und koordiniert jene Felder der kooperativen Forschung zu
stärken, in denen Ãsterreich führend ist, und dadurch effektiv zum
FTI-Standort Europa beizutragen.
Zwtl.: Ãsterreich muss sich aktiv in die Debatte einbringen
Die österreichischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen
müssen sich auf Veränderungen einstellen. â Die Gestaltung und
Governance-Struktur des nächsten Rahmenprogramms sind noch nicht
absehbar. Umso wichtiger ist es, dass die nächste Bundesregierung
gemeinsam mit den betroffenen Ministerien die Entwicklungen
aufmerksam verfolgt und sich aktiv und konstruktiv in die europäische
Debatte einbringt â, appelliert Henzinger, und sieht ebenfalls die
Schlüsselorganisationen und Akteur:innen der österreichischen FTI-
Landschaft aufgerufen, sich zu beteiligen.
Auch der FORWIT werde seinem Auftrag entsprechend weiterhin
seinen Beitrag dazu leisten und der Bundesregierung seine Expertise
zur Verfügung stellen. â Europäische Forschungsförderung ist ein
Eckpfeiler für Ãsterreichs und Europas globale Wettbewerbsfähigkeit.
Deshalb hat sich der FORWIT kürzlich auch für die Anhebung des
nächsten mehrjährigen europäischen Forschungsbudgets auf ê 200
Milliarden ausgesprochen â, hält Henzinger abschlieÃend fest.
Zwtl.: Ãber den Heitor-Report
Die Europäische Kommission beauftragte im Dezember 2023 eine
Expert:innengruppe mit der Zwischenevaluierung des europäischen
Forschungsförderungsprogramms Horizon Europe. Unter dem Vorsitz von
Manuel Heitor bringt die Gruppe fünfzehn ausgewiesene Expert:innen
aus der EU zusammen, um wertvolle Ratschläge zum Stand von Forschung
und Innovation in der EU zu geben. Unter den Mitgliedern befinden
sich auch der Präsident der Ãsterreichischen Akademie der
Wissenschaften Heinz FaÃmann und die stellvertretende Vorsitzende des
FORWIT und Innovationsexpertin Sylvia Schwaag Serger. Am 16. Oktober
2024 veröffentlichte die Gruppe ihren Bericht zur Zwischenevaluierung
des Horizon Europe-Programms .
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