02.10.2024, 4391 Zeichen
Wien (OTS) - Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen hat heute
angekündigt, die
geplante Entwaldungsverordnung (EU Deforestation Regulation - EUDR)
um zwölf Monate zu verschieben. Ursprünglich hätte die Verordnung ab
30. Dezember 2024 in Kraft treten sollen. Österreichs Vertreter in
Brüssel, allen voran Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig ,
hatten sich im Vorfeld für eine Verschiebung und inhaltliche
Überarbeitung der Verordnung ausgesprochen. Totschnig hat bereits im
März 2024 als erster EU-Agrarminister einen Anwendungsstopp
gefordert, 21 weitere Agrarminister folgten seiner Initiative.
Bauernbund-Präsident Abg.z.NR DI Georg Strasser zeigt sich
erleichtert über das Einlenken der Kommission: “Es ist uns mit
vereinten Kräften gelungen, ein Bürokratiemonster für unsere
kleinstrukturierten bäuerlichen Familienbetriebe vorläufig
abzuwenden. Diese Verordnung in ihrer geplanten Form hätte einen
nicht stemmbaren bürokratischen Aufwand bedeutet und die nachhaltige
Produktion von Lebensmitteln in vielen Bereichen verunmöglicht. Ich
möchte mich ausdrücklich bei unserem Landwirtschaftsminister Norbert
Totschnig und unserem EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber für ihren
Einsatz in Brüssel bedanken. Es ist ihnen erfolgreich gelungen,
Allianzen zu schmieden und großen Schaden von unseren Bäuerinnen und
Bauern vorerst abzuwenden.“
Die EU-Entwaldungsverordnung hat als Ziel, den Beitrag der EU zur
globalen Entwaldung zu reduzieren. Landwirtschaftliche Rohstoffe wie
etwa Palmöl, Kaffee und Kakao, aber auch Holz, Soja und Rinder und
daraus produzierte Erzeugnisse (im Fall der Rinder das Fleisch)
dürfen in der EU nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie auf
sogenannten entwaldungsfreien Flächen erzeugt wurden.
Strasser erklärt das Dilemma: “Die Ziele der Verordnung sind zwar
gut gemeint, aber die Umsetzung ist schlecht gemacht. Wir alle wollen
dazu beitragen, die globale Abholzung zu reduzieren und gerade auch
den Regenwald zu schützen. Dabei werden aber unterschiedliche
Voraussetzungen einzelner Länder nicht berücksichtigt. In Österreich
gibt es einfach kein Entwaldungsrisiko, im Gegenteil: Die Hälfte
unserer Staatsfläche ist Wald, Jahr für Jahr werden es 3.400 Hektar
mehr. Die Entwaldungsverordnung trifft also insbesondere jene, die
bereits jetzt einen wesentlichen Beitrag zu einem klimafitten Wald
der Zukunft leisten, unverhältnismäßig hart“, kritisiert der
Bauernbund-Präsident.
Unnötige Aufzeichnungspflichten würden die land- und
forstwirtschaftlichen Familienbetriebe in Österreich an ihre
Belastungsgrenzen bringen, so Strasser: „Für jedes Stück Holz, jedes
Rindsfilet und jedes Kilogramm Soja braucht es einen Nachweis, dass
dieses entwaldungsfrei produziert worden ist. Der bürokratische
Aufwand muss von den Bäuerinnen und Bauern gestemmt werden und
umfasst etwa eine Sorgfaltserklärung. Beim Rindfleisch muss darin zum
Beispiel jede Weidefläche mit Geolokalisierung dargestellt werden und
nachgewiesen werden, dass diese entwaldungsfrei ist. Das ist
unverhältnismäßig und unseren Landwirten einfach nicht zumutbar.“
In den letzten Monaten haben sich zahlreiche Stimmen gegen die
EUDR in ihrer geplanten Form stark gemacht. Mehr als 30.000
Unterzeichner einer Petition für “Selbstbestimmte
Waldbewirtschaftung“, die von Landwirtschaftskammer und Waldverband
initiiert wurde, forderten eine Reform der Verordnung. Zuletzt haben
sich 76 verschiedene Organisationen und Verbände aus Österreich und
Deutschland in einem gemeinsamen Schreiben an die Abgeordneten im
Europäischen Parlament für eine Verschiebung der EUDR stark gemacht.
Strasser begrüßt nun die Entscheidung der EU-Kommission, warnt
aber gleichzeitig: “Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die EU-
Kommission muss die gewonnene Zeit jetzt gut nutzen, um diese
unausgegorene Entwaldungsverordnung zu überarbeiten. Ein guter
Gedanke darf nicht zum Bürokratiemonster werden, das die Arbeit in
der heimischen Land- und Forstwirtschaft mit unerfüllbaren Vorgaben
verunmöglicht. In Österreich gibt es keine Entwaldung und daher
fordern wir auch andere Regeln als für jene Länder, etwa in
Südamerika, in denen die illegale Abholzung des Waldes wirklich ein
Thema ist. Diese Verschiebung ist eine wichtige Maßnahme, das
Damoklesschwert EUDR schwebt jedoch weiterhin über uns. Daher heißt
es jetzt: Zurück an den Verhandlungstisch, um eine Lösung zu finden,
die für unsere nachhaltige Land- und Forstwirtschaft tragbar ist.“ (
Schluss)
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