01.10.2024, 7236 Zeichen
Wien (OTS) - Auf Einladung der Plattform Industrie 4.0 Austria und
des Gaia-X Hub
Austria trafen sich Vertreter:innen der europäischen Initiative
Manufacturing-X im Rahmen der Technology Talks Austria 2024 am 13.
September in Wien. Ziel der Veranstaltung war es, die aktuellen
Digitalisierungsansätze zur Schaffung von Datenräumen in der
Industrie zu diskutieren. In der globalen Wirtschaft konkurrieren
längst nicht nur einzelne Firmen, sondern ganze Regionen und
industrielle Ökosysteme miteinander. Die Kooperation in
Wertschöpfungsnetzwerken ist daher das Gebot der Stunde - insb. in
der Digitalisierung spielt die firmenübergreifende Zusammenarbeit
eine zunehmend wichtige Rolle. Österreichische Industrieunternehmen
übernehmen dabei eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung.
Zwtl.: Europäische Großprojekte für eine nachhaltige
Datensouveränität gegen Lock-In-Effekte als Grundlage für eine
globale Wettbewerbsfähigkeit
In Europa gibt es zahlreiche Ansätze zur Förderung datenbasierter
Zusammenarbeit. Dominik Rohrmus von Siemens und dem deutschen Lab
Network Industrie 4.0 engagiert sich in einem Leitprojekt der
Initiative Manufacturing-X. Diese treibt von Deutschland aus
Industrieprojekte voran, die in verschiedenen Sektoren - wie der
Luftfahrt oder Halbleiterindustrie - als globale Leuchtturmprojekte
zum Umgang mit Produktionsdaten dienen sollen. Der Fokus liegt dabei
auf dezentralen, föderierten IT-Ansätzen sowie interoperablen und
Open-Source-basierten Technologien, um Abhängigkeiten von einzelnen
IT-Unternehmen zu vermeiden.
Auch die Europäische Kommission unterstützt Initiativen zum
Datenaustausch und die Entwicklung von Data Spaces. Im Rahmen des
Projekts SM4RTENANCE, einem von 14 „Common European Dataspaces“,
werden Lösungen für die Produktion entwickelt. Geleitet von Oscar
Lazaro vom spanischen Forschungsunternehmen Innovalia, sollen
Projekte umgesetzt werden, die die derzeit ungenutzten 80 % der
Industriedaten in verschiedenen Branchen - wie der Elektronik-,
Textil- und Automobilindustrie - nutzbar machen. Ein zentrales Ziel
ist die Interoperabilität mit anderen europäischen Initiativen,
insbesondere Manufacturing-X, zu gewährleisten.
Durch Anbindung an diese Projekte stärkt Österreich seine
Position im globalen Wettbewerb und zeigt, wie vertrauensvolle,
verteilte Daten-Ökosysteme die Industrie voranbringen können.
Zwtl.: Standardisierung und Pragmatismus als notwendige Zutaten
Wünscht man sich die Interoperabilität von IT-Architekturen, dann
setzt dies Standardisierung voraus. Für letztere setzt sich u.a. Jens
Gayko vom deutschen Standardization Council Industrie 4.0 ein.
Derzeit beschäftigt sich die europäische IT-Standardisierung z.B. mit
dem Digitalen Produktpass, der durch die neue Ökodesignverordnung der
EU in den kommenden Jahren für viele Produktgruppen verpflichtend
wird. Um solche komplexen Regularien effizient umzusetzen, benötigt
die Industrie standardisierte technische Infrastrukturen und
wiederverwendbare Komponenten. Dabei gilt es, das Rad nicht neu zu
erfinden, sondern auf gemeinsamen Standards, bspw. zu Data Spaces,
aufzubauen.
Einen pragmatischen Zugang fordert auch John Blankendaal von
Brainport Industries aus den Niederlanden. Die High Tech Industrie
ist mit Unternehmen wie ASML in Europa stark verwurzelt. Gleichzeitig
sind High Tech Produkte nur über komplexe Wertschöpfungsnetzwerke
herstellbar. Diese bestehenden Strukturen gilt es auch digital zu
vernetzen.
Zwtl.: Projekte in Frankreich, Deutschland und Österreich
Die gemeinsame Vision vernetzter Wertschöpfungsnetzwerke in der
Produktion verbindet Forschungsprojekte in ganz Europa. In Frankreich
wird mit Data4Industry-X ein Projekt umgesetzt, an dem sich u.a. Jean
Pascal Riss vom Automatisierungsunternehmen Schneider Electric
beteiligt. Ziel ist es, von individuellen Lösungen in einer einzelnen
Fabrik einer einzelnen Firma zu gemeinschaftlichen Ansätzen für
mehrere Fabriken unterschiedlicher Firmen zu gelangen.
Das wohl bekannteste deutsche Projekt mit ähnlichem Ansatz ist
Catena-X, das sich auf die Automobilindustrie fokussiert. Als
Forschungsprojekt ist Catena-X bereits abgeschlossen, das Projekt
wird jedoch in einem Verein weiterentwickelt, geleitet von Anja
Misselbeck . Laufende Use Cases gibt es z.B. zur Rückverfolgbarkeit
in der Fahrzeugproduktion, zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks oder
zum Batteriepass. Ein gemeinschaftlicher Software-Stack bildet die
Grundlage für die Anwendungen und wird als Open Source Software
weiterentwickelt.
Dieser Software-Stack wir auch in Manufacturing-X genutzt, z.B.
im Maschinenbau im Projekt Factory-X. Dort arbeiten Sebastian
Schneider von DMG MORI und Ingo Sawilla von TRUMPF an der
Digitalisierung der „Fabriksausstattung“. Der Lebenszyklus einer
Maschine soll digital abgebildet werden und es Unternehmen im
Maschinenbau oder in der Automatisierung erleichtern, digitale
Services bereitzustellen.
Die datengestützte Verbesserung der eigenen Produkte vom
Engineering bis zur Nutzung beschäftigt zudem Bernhard Peischl von
AVL. In Graz sieht man Industrieanwendungen als Treiber für die
Umsetzung von Data Spaces. Zu den Anwendungen zählen z.B. die
Vorhersage von Fehlern bei Automobilen mit Hilfe von Nutzungsdaten
oder der Einsatz vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz beim
Produktdesign.
Zwtl.: Österreichs Position rund um Gaia-X und Manufacturing-X
Mit der Durchgängigkeit von Daten beschäftigt sich in Österreich
unter anderem der Gaia-X Hub Austria, über den das Event im Rahmen
der Technology Talks Austria durchgeführt wurde. Helmut Leopold vom
AIT Austrian Institute of Technology leitet dessen Management Board:
„Initiativen wie Gaia-X oder Manufacturing-X unterstützen wir nicht
nur in Forschungsprojekten mit der Industrie. Wir arbeiten auch aktiv
in länderübergreifenden Arbeitsgruppen mit und agieren als
Brückenbauer in Österreich und Europa. Damit wollen wir die
österreichische Industrie bei der aktiven Teilnahme an den gerade
entstehenden Datenökosystemen unterstützen. Es freut uns sehr, dass
wir die Technology Talks Austria 2024 dafür nutzen konnten.“
Die digitale Transformation der österreichischen Industrie ist
das Ziel der 2015 gegründeten Plattform Industrie 4.0, die das
Special Event organisierte. Für deren Geschäftsführer Roland Sommer
ist insbesondere die Standardisierung wichtig: „Gerade beim
Zukunftsthema Datenaustausch wollen wir Insellösungen vermeiden und
auf europäische und globale Kooperation setzen. Über das
International Manufacturing-X Council, das auf globaler Ebene
Abstimmungsprozesse zur Weiterentwicklung von Manufacturing-X
vorantreibt oder Projekte wie SM4RTENANCE und CIRPASS bringen wir die
österreichische Perspektive in internationale Leuchtturmprojekte
ein.“
Michael Fälbl von der Plattform Industrie 4.0 ergänzt: „Für
unsere exportorientierte Industrie mit ihren vielen ‚Hidden
Champions‘ sind globale Standards hochrelevant. Es ist nicht nur
unser Ziel, Österreichs Betriebe laufend zu relevanten Entwicklungen
zu informieren. Wir unterstützen die Industrie auch bei der
Anknüpfung an internationale Projekte und Initiativen.“
Für Details und Anknüpfungsmöglichkeiten können sich am Thema
interessierte Unternehmen beim Gaia-X Hub Austria ( www.gaia-x.at )
oder bei der Plattform Industrie 4.0 ( www.plattformindustrie40.at )
melden.
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