03.07.2024, 12960 Zeichen
US-Wahljahre sind in der Regel auch gute Aktienjahre. Welche Sektoren und Unternehmen besonders stark profitieren hängt jedoch auch vom Wahlausgang ab.
Große Ereignisse werfen bekanntlich ihren Schatten voraus. Die Wahl des 47. US-Präsidenten am 5. November 2024 ist ein solches Top-Ereignis. Nicht nur politisch gesehen ist die US-Wahl bedeutend, sie übt in der Regel auch auf die Finanzmärkte einen starken Einfluss aus – und zwar unabhängig, wer letztendlich das Rennen um das Weiße Haus gewinnt. So haben Untersuchungen ergeben, dass in Wahljahren die Schwankungsintensität an den Aktienmärkten höher ist als gewöhnlich. Der Grund dafür liegt im Faktor Unsicherheit. In der Regel ist die Präsidentschaftswahl ein knappes Rennen.
Wahljahre: Geringere Performance, aber auch weniger Verlustgefahr
Trotz der höheren Volatilität weist der US-Aktienmarkt in Wahljahren – statistisch gesehen – eine positive Performance auf, wenngleich die Gewinne weniger kräftig ausfallen als in Jahren ohne Wahl. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der US-Investmentbank T.RowePrice. Die Analysten haben untersucht, wie sich der US-Leitindex S&P 500 im Zeitraum von 1927 bis 2023 entwickelt hat. Demnach legte der Index in Wahljahren im Schnitt um 11,0 Prozent zu, in Nicht-Wahljahren dagegen um 11,5 Prozent. Auf der anderen Seite müssen sich Anleger in Jahren mit einer Präsidentschaftswahl weniger Sorgen machen, dass sie per Saldo einen Verlust erleiden. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes beläuft sich die statistische Wahrscheinlichkeit hierfür beim S&P 500 nur auf 17 Prozent. In Jahren ohne Wahl ist die Verlustwahrscheinlichkeit mit 30 Prozent fast doppelt so hoch.
Zu beachten ist: Die genannten Daten beruhen auf einer Vergangenheitsbetrachtung und können nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden. Jede Präsidentschaftswahl hat ihre eigenen Spielregeln. Gleichwohl macht es unter Investmentaspekten Sinn, die Bewerber ums Weiße Haus beziehungsweise ihre wirtschaftspolitischen Schwerpunkte näher unter die Lupe zu nehmen. Derzeit läuft alles auf ein erneutes Duell zwischen dem Demokraten Joe Biden und dem Republikaner Donald Trump hinaus, wenngleich es noch möglich erscheint, dass einer der Kandidaten einen Rückzieher macht.
Indexstrategien als Antwort auf die US-Präsidentschaftswahlen
Die Schweizer Bank Vontobel hat die US-Wahlen zum Anlass genommen, verschiedene Indexstrategien zu entwickeln, die Unternehmen abbilden, die vom jeweiligen Wahlausgang profitieren könnten. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Strategien liegt also in den politischen Programmen der Präsidenten. „Während Biden Stichworte wie grüne Energie, medizinische Versorgung und Konsumgüter für alle auf seine Fahnen geschrieben hat, verfolgt Trump eher das Ziel einer Rückkehr zu fossilen Brennstoffen, einer stärkeren Abschottung des Landes und lokalen Investitionen“; schreibt Vontobel in einem Newsletter. Entsprechend unterschiedlich fällt die Zusammensetzung der beiden Indizes aus. So finden sich in dem „Vontobel Democrat 2024 US-Election Index“ zum Beispiel die beiden Pharmakonzerne Eli Lilly und UnitedHealth Group sowie der Solarkonzern First Solar. Im „Vontobel Republican 2024 US-Election Index“ wiederum gehören die Finanzkonzerne JPMorgan Chase & Co und Bank of America sowie der Ölriese Chevron zu den Schwergewichten.
Gold und Goldminenaktien als mögliche Gewinner
Nicolas Forest, Investmentchef bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft Candriam sieht unter einem Präsidenten Trump noch einen anderen Gewinner: „Würde Trump im November 2024 nochmals ins Amt des US-Präsidenten gewählt, könnten Goldminen-Aktien profitieren“, schreibt Forest in einem Gastbeitrag für das „Private Banking Magazin“. Hintergrund ist, dass Trump die US-Notenbank Fed schon oft unter Beschuss genommen und dessen Vorsitzenden Jerome Powell stark kritisiert hat. Seine Wunschkandidatin für den Fed-Vorsitz ist Judy Shelton. Sie ist eine scharfe Kritikerin der Institution und eine eifrige Verfechterin für die Rückkehr zum klassischen Goldstandard. „Sollte Trump wiedergewählt werden“, schreibt Nick Forest, „so stünden Judy Shelton vermutlich die Türen zur Fed offen beziehungsweise könnte sie eventuell gar deren Leitung von Powell übernehmen, da dessen Amtszeit als Vorsitzender im Januar 2026 ausläuft.“
Bullisch für Gold ist auch Brien Lundin, Herausgeber des "Gold Newsletter". Er sieht in dem Edelmetall mittel- und langfristiges Potenzial, und zwar unabhängig, wer die Präsidentschaftswahl gewinnt. Der Wahlausgang sei irrelevant, so Brian Lundin, da jeder Wahlsieger mit einer hohen Verschuldung konfrontiert sein werde und die Zinssätze daher senken müsse. Dies wiederum würde harte Vermögenswerte wie Gold begünstigen. Von steigenden Goldpreisen profitieren in der Regel auch die Kurse von Goldminen-Aktien. Die beiden größten Goldminenbetreiber sind Barrick Gold und Newmont Mining. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, übertrafen sowohl Barrick Gold als auch Newmont Mining im ersten Quartal 2024 die Gewinnschätzungen der Analysten. Die beiden Konzerne hätten von einer robusten Produktion, hohen Edelmetallpreisen sowie niedrigeren Betriebskosten profitiert.
Möglicher politischer Rückenwind für US-Cannabis-Industrie
Auf Drängen der Biden-Administration könnte Marihuana in den USA schon in wenigen Wochen – und damit noch vor der US-Wahl – als Substanz mit medizinischem Nutzen hochgestuft werden. Hintergrund ist, dass das US-Justizministerium vor Kurzem empfohlen hat, die Beschränkungen für Marihuana zu lockern. Damit folgt die Justizbehörde einer Empfehlung des US-Gesundheitsministeriums vom August vergangenen Jahres, wonach Marihuana von Klasse 1 in Klasse 3 des Substanzmittelkontrollgesetzes (Controlled Substances Act, kurz CSA) verschoben werden soll. Durch eine entsprechende Neuklassifizierung würde Marihuana nicht mehr auf eine Stufe mit LSD oder Heroin gesetzt, sondern als Substanz mit medizinischem Nutzen eingestuft.
Nach dem positiven Bescheid des Justizministeriums bedarf es jetzt nur noch der Zustimmung der US-Drogenvollzugsbehörde DEA (Drug Enforcement Administration). Marktexperten gehen davon aus, dass ein entsprechender Beschluss noch vor der Wahl am 5. November erfolgen wird. Von einer Umschichtung von Klasse 1 in Klasse 3 würde eine Reihe signifikanter positiver Effekte für die am US-Markt zugelassenen Cannabis-Unternehmen ausgehen. Dazu gehört zum Beispiel der Wegfall von Steuernachteilen oder ein verbesserter Zugang zu Bankdienstleistungen und Bankkapital. Hintergrund ist, dass Unternehmen, die mit Substanzen der Klasse 1 oder 2 zu tun haben, nach US-Steuerrecht restriktiveren Regelungen unterliegen und von steuerlichen Vergünstigungen zum Teil ausgeschlossen sind. Eine Hochstufung in Klasse 3 wäre für die Cannabis-Industrie daher mit hohen steuerlichen und finanziellen Entlastungen verbunden.
TerrAscend sieht noch viel Potenzial
Der Markt für Cannabis ist in den USA rund 34 Milliarden US-Dollar groß. Nach Prognose der Branchenplattform MJBizDaily könnten die Umsätze bis zum Jahr 2028 auf fast 57 Milliarden US-Dollar steigen. Eine Hochstufung von Marihuana in Klasse 3 dürfte das Wachstum des Sektors noch beschleunigen. Zu den größten Anbietern gehören Curaleaf und Green Thumb Industries. Ein am schnellsten wachsendes Unternehmen ist TerrAscend. Der Anbieter von Cannabis-Produkten für den privaten und medizinischen Gebrauch hat im vergangenen Jahr den Umsatz um 28 Prozent auf 317,3 Millionen US-Dollar gesteigert. Hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung zeigt sich TerrAscend optimistisch: „Im Jahr 2024 geht es um Expansion, indem wir das aktuelle Umfeld nutzen und in attraktive Bundesstaaten zu positiven Bedingungen eintreten“, sagt Jason Wild, Executive Chairman bei TerrAscend.
Quellen
- https://markets.vontobel.com/de-ch/inspiration/65473/us-wahlen-showdown-furs-portfolio
- https://www.private-banking-magazin.de/trump-goldminen-judy-shelton-us-aktien-us-schulden/
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