14.11.2023,
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Wien (OTS) - Die ERSTE Stiftung, Kernaktionärin der Erste Group,
stellte am Montagabend im Rahmen einer prominent besetzten Diskussion
im Presseclub Concordia ein neues Finanzinstrument zur Bewahrung von
Medienvielfalt vor: Pluralis.
Die ERSTE Stiftung hat erstmals in Anteile eines Unternehmens mit
einer gesellschaftlichen Zielsetzung investiert: Plūrālis. Die
niederländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung will die
Medienvielfalt in Osteuropa bewahren, indem sie gezielt in Medien
investiert. Sie sieht starke Eigentümer als beste Voraussetzung
dafür, die redaktionelle Unabhängigkeit von Medien zu garantieren.
Das ist ein völlig neuer Ansatz, der die ERSTE Stiftung überzeugt
hat: Sie hat sich deshalb mit 2,5 Millionen Euro an Plūrālis
beteiligt.
Plūrālis wurde 2021 mit dem Ziel gegründet, rund 100 Millionen
Euro aufzustellen, um sich gezielt an osteuropäischen Medien zu
beteiligen. Bisher wurden rund 50 Millionen Euro an gemischtem
Kapital (Aktien, Anleihen und Förderungen durch andere Stiftungen)
gesammelt. Die Beteiligungen haben zum Ziel, dass in jedem
europäischen Land wenigstens ein unabhängiges Medium überleben kann.
Derzeit sind drei Medienunternehmen im Portfolio von Plūrālis; das
polnische Verlagshaus [Gremi Media] (
https://gremimedia.pl/), das
unter anderem die Tageszeitung Rzeczpospolita herausgibt, der
slowakische Verlag [Petit Press] (
https://www.petitpress.sk/),
Herausgeber der Tageszeitung SME, und die kroatische
Nachrichtenplattform [Telegram.hr] (
https://www.telegram.hr/).
Weitere Investitionen sind in Planung
Zwtl.: Diskussion mit Boris Marte (ERSTE Stiftung), Patrice Schneider
(MDIF/Pluralis), Beata Balogová (SME), Oscar Bronner (Der Standard)
und Clemens Pig (APA)
Am Montagabend diskutierte eine Runde von Expert:innen im
Presseclub Concordia in Wien die Hintergründe, die eine
Investitionsgesellschaft wie Pluralis nötig machen, und welche
Herausforderungen sich aus einem immer kleiner werdenden Angebot an
vertrauenswürdigen Medien ergeben.
Zwtl.: EU-Zugehörigkeit garantiert keinen unabhängigen Journalismus
Zum Auftakt gab Beata Balogová, Chefredakteurin der slowakischen
Tageszeitung SME, einen Einblick in den Alltag einer Tageszeitung,
die viele Jahre unter dem Einfluss eines interessengeleiteten
Eigentümers stand, nun aber zum Portfolio von Pluralis gehört. Ihr
sehr persönlicher Bericht aus Bratislava, wenige Wochen nach der
Wiederwahl von Robert Fico und seiner SMER Partei, war düster. „Seit
der Wahl hat die neue Regierung die Tageszeitung SME bereits auf eine
schwarze Liste gesetzt. Der Premierminister weigert sich, unsere
Fragen zu beantworten, stattdessen akkreditieren sie
Verschwörungsmedien, laden Leute von russischen Propagandaseiten zu
Pressekonferenzen ein und bevorzugen sie gegenüber meinen
Journalisten. Leider bietet die Zugehörigkeit zu einem EU-Land keine
Sicherheit für unabhängigen Journalismus. Deswegen brauchen wir
integre, an gutem Journalismus interessierte Medieneigentümer und
gute Journalisten.“
Patrice Schneider ist CSO des Media Investment Development Fund
und Generalsekretär von Pluralis. Die Prämisse von Plūrālis sei
einfach, erklärte er: stabile Eigentümer garantieren unabhängige
Redaktionen, unabhängige Redaktionen produzieren ausgewogenen,
vertrauenswürdige Nachrichten, die wiederum eine positive Wirkung auf
die Gesellschaft haben. Er betonte, dass Plūrālis ausdrücklich
überparteilich sei. „Pluralis investiert in unabhängige, erfolgreiche
Medienunternehmen, die verantwortungsvollen Qualitätsjournalismus
betreiben, ungeachtet ihrer redaktionellen Ausrichtung.“ Demokratien
lebten von der gesellschaftlichen und politischen Vielfalt ihrer
Bevölkerungen, die sich im breiten Meinungsspektrum und dem
Medienangebot spiegeln sollte. Ein freier Markt könne den Wettbewerb
zwischen den Anbietern von unterschiedlichen Medieninhalten
gewährleisten.
Zwtl.: Verlust von Medienfreiheit ist bedrohlich für uns alle
Boris Marte, CEO der ERSTE Stiftung, gab das Investment in
Pluralis offiziell bekannt und erläuterte, warum die Kernaktionärin
der Erste Group diesen Schritt unternommen hat: „Seit wir die
Stärkung der Demokratien in Mittel- und Osteuropa fördern, also von
Beginn an, haben wir auch in unabhängigen Journalismus investiert,
vor allem in die Aus- und Weiterbildung von Journalistinnen und
Journalisten. Jetzt stellen wir fest, dass diese gut ausgebildeten
Medienprofis immer weniger Medien haben, in denen sie veröffentlichen
können. Dabei brauchen wir unbedingt vertrauenswürdige
Nachrichtenquellen. Ohne Vertrauen kein Mut, die Zukunft zu
gestalten. Und den brauchen wir in diesen Zeiten multipler Krisen
mehr denn je. Der Verlust von Medienfreiheit hat Konsequenzen für
jede und jeden von uns.“
Lange Zeit haben professionelle Nachrichtenmedien die Versorgung
mit vertrauenswürdigen Informationen sichergestellt. Doch
Qualitätsmedien hätten es heute schwer, so Moderatorin Tessa
Szyszkowitz. Ihre Geschäftsmodelle leiden weltweit am Wegfall von
Werbeeinnahmen, an der geringen Bereitschaft, für verlässliche
Informationen zu bezahlen und an der Konkurrenz einer Flut von
Desinformationskampagnen unterschiedlichster Herkunft auf Sozialen
Medien. Auf diese für die Demokratie gefährliche Situation hatte auch
die Generalsekretärin des Presseclub Concordia, Daniela Kraus, bei
der Begrüßung hingewiesen.
Zwtl.: Sollten unabhängige Medien eine Sache des Gemeinwohls sein?
Zu den von Beata Balogová erwähnten integren Medieneigentümern
zählt in Österreich sicher Oscar Bronner, der Gründer und ehemaliger
Herausgeber der österreichischen Zeitschriften "Trend", "Profil" und
der Tageszeitung "Der Standard", deren Herausgeber er bis heute ist.
Er gedachte zuerst des am Vortag verstorbenen Karl Schwarzenberg,
„einem großen Freund der Medien“, der ihm Kreditwürdigkeit
verschaffte, als Bronner in jungen Jahren Magazine gründete. Er wies
außerdem darauf hin, wie schwierig es heute auch in wohlhabenden
Ländern sei, wirtschaftlich erfolgreich Medien zu produzieren.
Österreich sah er auf dem Weg in eine „Medienwelt, die jener Orbans
gleicht“. Medienfinanzierung brauche einen radikalen Systemwechsel.
Fraglich sei allerdings, ob der vergleichbar sein sollte mit jenem in
der europäischen Filmindustrie, die inzwischen ein subventioniertes
Kulturgut ist, eine Sache des Gemeinwohls. Es gäbe aktuell kein
Geschäftsmodell für guten Journalismus
Clemens Pig, Geschäftsführer der APA, hat gerade ein ganzes Buch
zum Thema Medien und Demokratie veröffentlicht: "Democracy dies in
Darkness". Staatliche Subventionierung hält auch er für eine
unzureichende Lösung. Die vielen staatlichen Nachrichtenagenturen
etwa seien eben nicht frei von Beeinflussung. Lösungen sieht er in
einem kooperativen Zugang der Branche und einer klugen Nutzung
technischer Entwicklungen, speziell bei den Möglichkeiten, die
künstliche Intelligenz eröffnet. Jedenfalls sollten Medien mit ihren
Nutzer:innen kommunizieren und für deren Bedürfnisse produzieren.
Daraus ergäben sich auch Potentiale für gewinnbringende
Businessmodelle.
Zwtl.: Plūrālis soll ein Anfang sein
In seinem letzten Statement nach einer lebhaften Diskussion, die
auch das Publikum einbezog, wies Boris Marte darauf hin, dass
Initiativen wie Pluralis nur ein Anfang sein könnten. Wichtig sei die
Vorbildwirkung für andere Investor:innen sich im Bereich
Medienfreiheit zu engagieren. Überzeugt habe ihn vor allem das
Konzept, dass Plūrālis selbst auf einer Vielfalt von Investor:innen
beruhe. „Es gibt keinen Mehrheitsaktionär. Wir befinden uns in der
guten Gesellschaft von anderen gemeinnützig orientierten Stiftungen,
bedeutenden europäischen Verlagen, die Know-How einbringen können und
weiteren Impact Investor:innen. Plūrālis ist also nicht eine Art
„guter Oligarch“, sondern eine Investorengruppe mit einem vielfältig
besetzen Kontrollgremium, das darüber wacht, dass das Wirkungsziel –
redaktionelle Unabhängigkeit von Medien in Osteuropa zu stärken –
immer im Zentrum steht.“
Anhang: Infoblatt Pluralis 2023
Fotos: eSeL.at | Joanna Pianka / ERSTE Stiftung
ERSTE Stiftung
Die ERSTE Stiftung schafft Infrastrukturen und Innovation für ein
Europa im Wandel: in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Als
Hauptaktionärin der Erste Group sichert die ERSTE Stiftung die
unabhängige Zukunft eines der größten Finanzdienstleister in Mittel-,
Ost- und Südosteuropa. Als private österreichische Sparkassenstiftung
engagiert sich die Stiftung für das Gemeinwohl. www.erstestiftung.org
Plūrālis
Plūrālis investiert in reichweitenstarke, unabhängige
Medienunternehmen in Mittel- und Osteuropa, um Medienvielfalt zu
gewährleisten und jegliche Form der Vereinnahmung zu verhindern.
Gemanagt wird Plūrālis vom [Media Investment Development Fund]
(
https://www.mdif.org/), der über 20 Jahre Erfahrung hat mit der
wirkungsorientierten Finanzierung von unabhängigen Meiden weltweit.
www.pluralis.media
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