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"Kurzfristig mögen die Bären dominieren, Ausblick bleibt aber bullish"

Magazine aktuell


#gabb aktuell



31.01.2021, 5304 Zeichen

Aus dem wöchentlichen Marktausblick von Raiffeisen Research: "Nun ist es also passiert: die globalen Aktienmärkte korrigieren stark. Sowohl in den USA, Europa und Asien, als auch Emerging Markets müssen Anleger auf Wochensicht deutliche Verluste verbuchen. Daran konnte auch die kurzfristige Aufholjagd Mitte der Woche nichts ändern.

Fundamentale Gründe für den Abverkauf sind schwer zu finden. Die US-Berichtssaison zeigt, dass die S&P 500 Unternehmen mehrheitlich positiv überraschen. Bisher haben rund 31 % der Unternehmen ihr Zahlenwerk vorgelegt, von welchen 85 % höhere Gewinne erzielen konnten als von den Analysten erwartet. Auch die Umsätze fielen unterm Strich deutlich besser als erwartet aus. Das aggregierte Gewinnwachstum für die S&P 500 Unternehmen liegt damit aktuell bei +2,3 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zur Erinnerung: die Erwartungshaltung vor Beginn der Berichtssaison lag bei - 9 %. Auch das geld- und fiskalpolitische Umfeld sollte langfristig weiter für die Aktienmärkte stützend bleiben.

So gut das fundamentale und makroökonomische Bild mittel- bis langfristig auch sein mag, so sehr stört sich der Markt derzeit an Details. So verstimmte so mancher Unternehmensausblick den einen oder anderen Anleger. Entweder weil die künftigen Aussichten nicht mehr so optimistisch sind, wie dies noch vor einigen Monaten der Fall war. Oder da sich manche Unternehmen aufgrund der unklaren Perspektiven rund um Corona nur zu unscharfen Aussagen hinreissen ließen. Hinzu kam die Unsicherheit über die anhaltenden Lockdowns in Europa, sowie der Umstand, dass sich das US- Konjunkturpaket verzögern könnte.

Der Hauptgrund für die aktuelle Schwächephase liegt aus unserer Sicht jedoch vor allem im überhitzten Aktiensentiment. Nachdem die Märkte seit Monaten nur mehr eine Richtung kannten, haben wir in den letzten Wochen vermehrt auf die zu hohe Euphorie und die überkauften Märkte hingewiesen. Das betrifft auf der einen Seite die US-Region, deren hoher Anteil an IT-Aktien mittlerweile die Bewertungsniveaus in rekordverdächtige Höhen trieb. Auf der anderen Seite erschien kurzfristig aber auch der Value-Bereich, welcher zuletzt ebenfalls deutlich zulegen konnte, stark ausgereizt. Zwar handeln zyklische "Old Economy" Werte weiterhin auf fundamental vertretbaren Niveaus, die teils enormen Kursanstiege der letzten Wochen ließen aber kurzfristig auf Rücksetzer schließen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise der heimische Aktienmarkt, gemessen am ATX, der heuer die Liste der von uns gecoverten Märkte anführte, zu den größten Verlierern der letzten Tage gehörte.

Die hohe Volatilität am breiten Markt spiegelt sich auch, oder vor allem bei speziellen Nebenwerten wider. Auch hier spielen Fundamentaldaten nur eine untergeordnete bzw. überhaupt keine Rolle. Vielmehr ist es ein Angriff zahlreicher Millennials und anderer Retail Investoren auf namhafte Hedgefonds. Was vor mehreren Jahren mit teilweise tatsächlich fundierten und sophistizierten Analysen und Empfehlungen an eine kleine Community in Foren wie WallStreetBets auf Reddit begann, entwickelte sich spätestens in diesem Monat zu einem globalen Phänomen. Neben der ursprünglichen Absicht auf möglichst schnelle Weise möglichst hohe Kurssteigerungen zu erzielen, hat sich die Community jüngst vor allem gegen das Wall Street Establishment eingeschworen. Vor allem die exorbitant hohen Leerverkaufspositionen großer Hedgefonds haben die jungen Daytrader angelockt. In der Hoffnung mithilfe massiver Zukäufe der betroffenen Aktien einen sogenannten Shortsqueeze auszulösen, sollen nicht nur die aus Sicht der Community "gierigen" Big Player in die Knie gezwungen werden, sondern es winken dabei auch massive Kursgewinne.

Angetrieben von gegenseitigen Durchhalteparolen wurden diverse Short-Seller bereits an ihre Grenzen gebracht und deren Leerverkaufsattacken abgewehrt. Damit einhergehend und im Sog des überbordenden Sentiments stiegen die Kurse betroffener Aktien wie GameStop, AMC Entertainment, Blackberry oder Nokia in bisher kaum vorstellbare Sphären. Wie auch in unserem Chart der Woche ersichtlich, hätte ein hypothetisches gleichgewichtetes Portfolio aus den genannten Aktien nicht nur den NASDAQ 100 outperformt, sondern auch Bitcoin weit hinter sich gelassen.

Dass eine Community, die bisher kaum an den Börsen in Erscheinung getreten ist, Aktien gezielt in eine Richtung treibt, kann und sollte durchaus kritisch betrachtet werden. Dass aber Retail Investoren mittlerweile bei manchen Brokern und Handelsplattformen vom Kauf genannter Aktien bewusst ausgeschlossen werden, sollte mindestens ebenso kritisch beäugt werden. In jedem Fall wirken sich derartige Entwicklungen nicht positiv auf die Integrität der Finanzmärkte aus. Ungeachtet dessen wie die Kurse sich weiterentwickeln wird diese Agenda die Aufsichtsbehörden in der kommenden Zeit beschäftigen.

Ob nun kurzfristig David gegen Goliath gewinnt, sei dahingestellt. Für den breiten internationalen Aktienmarkt sehen wir in der nächsten Zeit noch Risiken für weitere Gewinnmitnahmen und Rücksetzer, bis sicht das Sentiment etwas stabilisiert und Teile der hohen Bewertungen abgebaut wurden. Kurzfristig mögen die Bären dominieren, unser mittelfristiger Ausblick bleibt aber aufgrund des soliden fundamentalen Ausblicks unverändert bullish."



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Autor
Christine Petzwinkler
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    Fundamentale Gründe für den Abverkauf sind schwer zu finden. Die US-Berichtssaison zeigt, dass die S&P 500 Unternehmen mehrheitlich positiv überraschen. Bisher haben rund 31 % der Unternehmen ihr Zahlenwerk vorgelegt, von welchen 85 % höhere Gewinne erzielen konnten als von den Analysten erwartet. Auch die Umsätze fielen unterm Strich deutlich besser als erwartet aus. Das aggregierte Gewinnwachstum für die S&P 500 Unternehmen liegt damit aktuell bei +2,3 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zur Erinnerung: die Erwartungshaltung vor Beginn der Berichtssaison lag bei - 9 %. Auch das geld- und fiskalpolitische Umfeld sollte langfristig weiter für die Aktienmärkte stützend bleiben.

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