24.09.2020, 4229 Zeichen
Frisch aus der Druckerpresse, in knalligem Gelb und mit verheißungsvollem Aufmacher in großen Lettern. Mit einer zufällig in der Trafik aufgeschnappten Zeitung startet meine Börsegeschichte. Wenige Tage später hatte ich auch schon meine erste Aktie im Depot – ausgerechnet die ungarische Ibusz. Heute erwische ich mich beim Gedanken, warum ich das nicht besser recherchiert hatte, immerhin erhielt Ibusz anno dazumal den unrühmlichen Titel der ersten „sozialistischen“ Aktiengesellschaft mit einer Notiz an der Wiener Börse. Aber dann fällt es einem wieder wie die Schuppen von den Augen: Ach ja, damals in den Neunzigern gab‘s ja kaum Internet und schon gar kein Google. Eine Kennzahl im Kursblatt hatte mich davon überzeugt, in den ungarischen Reiseveranstalter zu investieren. Keine so gute Idee. Die Lehrjahre hatten also begonnen.
Faszination. Von Beginn an war die Börse für mich eines: Brennpunkt höchster wirtschaftlicher Performance, Olymp der Manager und Unternehmer. Dieser Faszination konnte ich mich als angehender Wirtschaftsstudent nicht entziehen. Und so wurde ich erneut Teilhaber: Auf Ibusz folgte die mehrfach von Banken zum Kauf empfohlene Aktie von Steyr-Daimler-Puch – und postwendend die nächste Veranlagungs-Schlappe. Wie gut, dass die Betriebswirtschaft die Umwegrentabilität kennt: Das Geld war bestens investiert, brachte mir das leidvoll aufgesogene Know-how doch ein Volontariat beim damals brandneuen WirtschaftsBlatt ein, wo Profis wie Bettina Schragl, Christian Drastil und Robert Gillinger werkten. Ich war im Datenhimmel angekommen: Zwischen Pressekonferenzen, Analystenreports und Bloomberg-Schirmen versuchte ich in der Folgezeit, anhand von Informationen etwas System in die unberechenbare Börse zu bekommen. Ich versuchte es etwa – anfangs noch kritisch beäugt – mit technischer Aktienanalyse. Mir war klar: Jeder da draußen, der ohne all diese Informationen veranlagt, investiert im Blindflug.
Wegwerfartikel. Die nächsten Jahre brachten Ups and Downs, das Aufblähen und spätere Platzen der Dot.com/Neuer Markt-Blase, Erfolgsstories wie haarsträubende Skandale. In meinen Augen besonders schwierig präsentierte sich der enge Wiener Marktplatz. Viel zu oft wurde offensichtlich, dass Neuzugänge am Wiener Parkett die Börse als „Einmal- bzw. Wegwerfartikel der Finanzierung“ missverstanden. Sobald das Kapital eingesammelt war, ging es bergab. Was sich in den Firmen tat, ließ sich nur erahnen. Das entsprach nicht so recht meinem idealisierten „Olymp“.
Leider war das auch am Vorhof der Börse, bei den Börsenaspiranten, nicht besser: In Österreich haben – mangels Auswahl – ja die Versuche Tradition, Betriebe an die Börse heranführen zu wollen, die schlichtweg zu klein dafür sind oder viel zu schwaches Wachstum aufweisen. Frei nach dem Motto: Wenn die Firmen nicht zum Olymp kommen, dann kommt eben der Olymp zu den Firmen. So verfolgte ich Anfang der Nuller Jahre etwa die Bemühungen der AWS, das in den 80igern geplatzte Genussscheinmodell mit Gewinnwertpapieren zu reanimieren. So wunderschön der Gedanke, so systematisch unmöglich der Erfolg. Kein Wunder also, dass ich auch dem zuletzt hippen (regionalen) Crowdinvesting höchst kritisch gegenüberstehe. Für mich leider nur ein weiterer wohlgemeinter Versuch, die Finanzierung von unreifen, oder strukturell viel zu kleinen Betrieben über die Börse oder Börsen-Analogien zu lösen.
Wachstumspfad. Schließlich war dem Betriebswirt in mir klar, wo in Österreich die Lücke klafft (respektive die Musik spielt). Und so wechselte ich in die Welt der Unternehmen, mit dem Ziel, diese auf ihrem Wachstumspfad zu begleiten. Meine Sichtweise hat sich seither verstärkt, dass der Brennpunkt höchster wirtschaftlicher Performance, zumindest in Österreich, in gerade diesem Segment der stark wachsenden kleinen und mittelständischen Unternehmen zu finden ist. Ein Aufruf an die jungen Betriebswirte von heute, die nach einer Herausforderung suchen.
Nachsatz: Den Traum eines IPOs bekomme ich wohl trotzdem nie aus dem Kopf.
Thomas Erkinger ist Geschäftsführer der Tech- und Industrieholding EOSS Technologies mit Sitz in Graz (www.eoss.at)
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Aktien auf dem Radar:Amag, Agrana, RHI Magnesita, Austriacard Holdings AG, Flughafen Wien, Addiko Bank, Rosgix, ATX, ATX Prime, ATX TR, Wienerberger, Bawag, AT&S, Österreichische Post, Palfinger, Semperit, Cleen Energy, Pierer Mobility, UBM, Wiener Privatbank, Oberbank AG Stamm, CA Immo, Erste Group, EVN, Immofinanz, Telekom Austria, Uniqa, VIG, Symrise, Siemens Healthineers, BMW.
Addiko Group
Die Addiko Gruppe besteht aus der Addiko Bank AG, der österreichischen Mutterbank mit Sitz in Wien (Österreich), die an der Wiener Börse notiert und sechs Tochterbanken, die in fünf CSEE-Ländern registriert, konzessioniert und tätig sind: Kroatien, Slowenien, Bosnien & Herzegowina (wo die Addiko Gruppe zwei Banken betreibt), Serbien und Montenegro.
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