18.07.2019, 7774 Zeichen
In den Geschäftsberichten heimischer Börsenotierter gibt es aufschlussreiche Interviews mit den Vorständen. Hier ein Auszug aus dem Interview mit OMV -CEO Rainer Seele aus dem OMV -Geschäftsbericht 2018:
Herr Seele, ist Freude eigentlich eine Kategorie im Management?
Ich denke schon. Denn nur das, was man mit Begeisterung und Freude tut, macht man auch wirklich gut. Aber selbstverständlich geht es nicht nur um meine Freude, sondern auch um die Freude anderer – der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Aktionärinnen und Aktio näre. Letztlich kommt es darauf an, das Unternehmen auf einen nachhaltigen Erfolgskurs zu führen und Werte zu schaffen, die für alle von Nutzen sind: für das Unternehmen, die Eigentümerinnen und Eigentümer und die Gesellschaft.
Was hat Sie 2018 am meisten gefreut?
Offen gesagt hat mich ziemlich vieles gefreut. Wir haben im März die neue „OMV Strategie 2025“ präsentiert und sofort begonnen, sie umzusetzen. Am Ende des Jahres spiegelte sich eine Reihe erfolgreicher Aktivitäten in einer höchst erfreulichen Zahl wider: Wir konnten mit einem CCS Operativen Ergebnis vor Sondereffekten von 3,6 Milliarden Euro das höchste Ergebnis in der Geschichte des Unternehmens erwirtschaften. Das freut uns, aber ich denke auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre, denn wir werden gemeinsam mit dem Aufsichts rat der Hauptversammlung eine Dividende von EUR 1,75 je Aktie vorschlagen – auch das ist ein Rekord.
Gab es 2018 auch Grund zur Sorge?
Die geopolitische Lage betrachte ich bis zu einem gewissen Grad mit Sorge. Handelskonflikte und Sanktionsdrohungen beeinflussen das konjunkturelle Klima und der Ölpreis zeigt eine hohe Volatilität. 2018 fiel er von einem Jahreshoch von 86,2 Dollar im Oktober auf ein Jahrestief von 50,2 Dollar zum Jahresende. In diesem herausfordernden Umfeld erwies sich die Strategie der OMV als wesentlicher Erfolgsfaktor. Durch unser integriertes Upstream und DownstreamGeschäftsmodell konnten wir Markt und Preisschwankungen gut ausgleichen und eine beeindruckende Ertragsstabilität zeigen. Außerdem greifen unsere Maßnahmen zur geografischen Diversifizierung unseres Portfolios. Die OMV ist hinsichtlich regionaler Konflikte heute viel widerstandsfähiger als früher.
Sie haben die neue Strategie angesprochen. Wie ist hier der Stand der Dinge? Wie viel konnten
Sie bereits umsetzen?
Gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es uns tatsächlich gelungen, den größten Teil der strategischen Maßnahmen bereits umzusetzen. Wir haben die Inte gration gestärkt, die geografische Diversifizierung vorangetrieben und mit vier Akquisitionen und vier Devestitionen unsere Portfoliobereinigung fortgesetzt. Darüber hinaus sind wir auch deutlich gewachsen. Die beidenTransaktionen in Abu Dhabi unterstreichen unser lang fristiges Engagement im Land unseres zweitgrößten Kernaktionärs. Mit der Beteiligung in Malaysia und der Übernahme der ShellAssets in Neuseeland konnten wir unsere mittlerweile fünfte Kernregion Asien-Pazifik aufbauen. Damit verfügen wir über ein international breites Portfolio.
Sie haben 2018 sämtliche Milliarden-Akquisitionen und die Dividende aus dem laufenden Geschäft gezahlt. Wie macht man das?
Wesentlich ist, dass man auf Profitabilität achtet und seine Kosten im Griff hat. Wir konnten unsere Produktionskosten im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 7 Dollar pro Barrel senken und haben bei jedem Wachstumsschritt auf Profitabilität und zeitnahe Cashflows geachtet. Das heißt, wir haben uns bei den Zukäufen auf Regionen mit geringen Kosten und auf Projekte mit bereits laufender Geschäftstätigkeit oder mit baldigem Produktions- start konzentriert. Dadurch waren wir in der Lage, den operativen Cashflow im Jahr 2018 auf über 4 Milliarden Euro zu erhöhen. Gleichzeitig haben wir das Fundament für weiteres Wachstum gelegt. Wir werden das starke Niveau des letzten Jahres also nicht nur halten, sondern weiter ausbauen – mittelfristig streben wir einen operativen Cashflow von über 5 Milliarden Euro an.
Im Rahmen zunehmender Klimaschutzdiskussionen wird die Kritik an Öl- und Gaskonzernen immer lauter. Wie gehen Sie damit um?
Indem wir zeigen, dass wir einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir haben vergangenes Jahr eine Nachhaltigkeitsstrategie präsentiert, die integraler Bestandteil unserer Geschäfts- strategie ist. Darin haben wir uns klare und messbare Ziele gesetzt, auch und insbeson- dere im Bereich der CO2-Effizienz. Ausgehend von den Werten im Jahr 2010 werden wir die CO2-Intensität unserer Geschäftstätigkeit bis 2025 um 19 Prozent senken. Parallel dazu werden wir auch die CO2-Intensität unseres Produktportfolios um 4 Prozent reduzieren, unter anderem deshalb, weil wir verstärkt auf Gas setzen.
Sie gelten als ausgesprochener Befürworter von Gas. Warum?
Weil Gas ein echter Problemlöser ist. Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Mit Erdgasautos, genauer gesagt mit der Nutzung von CNG für Pkws und LNG im Lkw-Fernverkehr, könnten wir die CO2-Emmissionen im Straßenverkehr um zumindest 20 Prozent reduzieren. Und wenn wir in der Stromerzeugung Kohle zur Gänze durch Gas ersetzen, würde das eine Reduktion der CO2Belastung von 50 Prozent bedeuten. Dafür muss keine neueTechnologie entwickelt werden. Das ist sofort umsetzbar. Aus diesem Grund wird die Gasnachfrage in den nächsten Jahren steigen. Die OMV stellt sich auf diese Entwicklung ein. Wir fördern bereits heute mit 57 Prozent mehr Gas als Öl. Diesen Kurs setzen wir fort.
Es gibt immer wieder Stimmen, die von einer Welt ohne Öl sprechen. Wie denken Sie darüber?
Ich halte das nicht für realistisch, und nach gegenwärtigem Wissensstand auch nicht für möglich. Im Straßenverkehr wird die Nachfrage nach fossilen Treibstoffen zwar zurück gehen, aber im Schwerverkehr und Flugbetrieb wird man auf Öl und Gas nicht verzichten können. Darüber hinaus denke ich an die Petrochemie. Schauen Sie sich nur um. Nahezu alle Gegenstände des Alltags enthalten erdölbasierte Hochleistungswerkstoffe. Praktisch alles, was uns umgibt und was wir verwenden, geht in irgendeiner Form auf Öl als Aus gangsstoff zurück. Öl ist ein hochwertiger Rohstoff, den wir in Zukunft mehr veredeln und weniger verbrennen werden.
Gehen Sie davon aus, dass die Nachfrage nach Öl und Gas weiter steigen wird?
Ja, davon gehe ich aus. Die Zahlen der Internationalen Energieagentur sprechen eine klare Sprache. Allerdings wird es kontinental unterschiedliche Entwicklungen geben. Wir werden in Europa eine andere Nachfrage sehen als beispielsweise in Asien. Asien ist für unsere Branche einer der größten Wachstumsmärkte. Deshalb haben wir dort auch investiert und in Malaysia mit unserem lokalen Partner Sapura ein UpstreamUnternehmen gegründet, das Gas für den regionalen Markt produziert.
Was können wir im kommenden Jahr von der OMV erwarten?
Die OMV wird den Kurs profitablen Wachstums fortsetzen. Im vergangenen Jahr haben wir wichtige Meilensteine unserer Strategie erreicht. Im UpstreamBereich verfügen wir bereits jetzt über eine Projektpipeline, die uns eine Ausweitung der Produktion im Jahr 2019 auf 500.000 Barrel täglich erlauben wird, eine stabile Situation in Libyen vorausgesetzt. Wir wollen uns nun auf die Entwicklung dieser Projekte sowie den Abschluss der bereits kommunizierten Zukäufe konzentrieren. Namentlich betrifft dies unseren Einstieg in ADNOC Refining in Abu Dhabi sowie die Beteiligung an Achimov 4/5 in Russland. Weitere größere Transaktionen stehen derzeit nicht auf unserer Agenda. Auch der Bereich Downstream wird unseren Geschäftserfolg im Jahr 2019 erneut stützen: Der Auslastungsgrad unserer Raf finerien wird oberhalb des Niveaus des Vorjahres liegen, die Verkaufsmengen im Erdgas Geschäft werden wir weiter steigern.
Das vollständige Interview: https://www.omv.com/pbd_download/711/841/OMV_Geschäftsbericht_2018.pdf
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