25.06.2019, 6352 Zeichen
Elektro-Auto-Industrie – Erfolgsfaktoren sind Batteriekosten und Software
Dirk Harbecke, Chairman von Rock Tech Lithium, erläutert Hintergründe zum Lithiummarkt
Als sich der deutsche Autozulieferer Bosch vor rund zwei Jahren dagegen entschied, eine eigene Fertigung von Batterie-Zellen aufzubauen, war die Auto-Welt noch eine andere. Man könne trotz vermeintlicher Investitionen von 20 Milliarden Euro den technischen Vorsprung der Asiaten nicht einholen, argumentierte Bosch damals, und die Batterie-Zelle sei letztendlich eine austauschbare „Commodity“. Hinter den Kulissen wurde kolportiert, dass der wahre Grund darin lag, dass sich die deutschen Autobauer, allen voran VW, nicht zu festen Abnahmemengen von Batteriezellen verpflichten wollte. Damals haben die Autobauer noch anders als heute gedacht: Die Marke sei das wichtigste, der Vertriebsweg von Neufahrzeugen über das Händlernetz nur den großen Autoherstellern (den OEM) zugänglich. Man werde weiterhin die Zulieferer in einem permanenten Preis- und Qualitätswettbewerb belassen und die besten Produkte am billigsten einkaufen. Joint Ventures (JVs) zwischen OEMs und Zulieferern waren Einzelfälle.
Konkurrenzsituation im Automarkt im Umbruch
In den zurückliegenden zwei Jahren hat sich jedoch das Denken der führenden Autobauer grundlegend gewandelt: Neue Management-Teams sind am Werk und neue, deutlich finanzstärkere Konkurrenten sind aufgetaucht. Die großen Softwarekonzerne des Silicon Valley - Google mit Waymo, Apple, Uber, aber auch die aufstrebenden chinesischen Wettbewerber wie BYD und Geely, die den größten Absatzmarkt der Welt als Heimatmarkt haben. Dabei handelt es sich um mächtige Marken, die für Fortschritt und Innovation stehen. Die westlichen Autokonzerne und Toyota hadern nach wie vor mit den richtigen Lösungen. Nur Tesla hat von Anfang an das Wesentliche erkannt, und VW folgt nun mit einem unmissverständlichen Commitment für die Elektro-Mobilität. Das hat signifikante Auswirkungen auf die künftige Strategie.
Eine stringente Markenführung allein wird zukünftig nicht mehr ausreichen, da jüngere Zielgruppen nachwachsen, für die Autos weniger ein individualisiertes Statussymbol sind, sondern vielmehr eins von vielen möglichen Fortbewegungsmitteln. Einfachheit der Nutzung, geringe Kosten und permanente Vernetzung sind für sie die entscheidenden Verkaufskriterien der Autos der kommenden Generation. Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer, die Autoindustrie wird sich der Innovationsgeschwindigkeit der Internet-Industrie annähern. Da sich die Hardware der Fahrzeuge der neuen Generation vereinfacht (mit Fokus auf Batterie und Elektro-Motor), liegt das Unterscheidungsmerkmal bei der Software (autonomes Fahren und Vernetzung) und der Batterie-Technologie (Lebensdauer, Ladezeit, Reichweite, Energie-Effizienz).
Am frühesten hat Tesla-Boss Elon Musk erkannt, dass weder Software noch Batterie-Zellen eine „Commodity“ sind, sondern die entscheidenden Verkaufsargumente neben dem Design. Tesla ist der einzige Autobauer, der - zusammen mit Technologiepartner Panasonic - in der Gigafactory in Nevada fast die gesamte E-Auto-Wertschöpfungskette abdeckt, von der Produktion der Batteriezelle bis zur Entwicklung der Software. Die europäischen Autobauer hinken hinterher.
Eigenes Know-how und Zugang zu Rohstoffen werden entscheidend
Vor diesem Hintergrund lassen zwei Entwicklungen aufhorchen und darauf hoffen, dass auch die europäische Autoindustrie in der Zukunft zumindest mithalten kann:
Aus meiner Sicht wird ein dritter Faktor den Ausschlag geben: Die Regionalisierung der Produktions-Wertschöpfungskette, um die zurzeit systemimmanenten Lieferverzögerungen zu stoppen und die Kosten so weit wie möglich zu drücken. Das bedeutet in der Praxis: Es reicht nicht, neben den Autowerken Produktionsstätten für Batterieblöcke und -zellen zu errichten. Zugleich sollten vor allem die Fertigung der Kathoden und die Herstellung der notwendigen Lithium-Chemikalien (wie Lithium-Hydroxid) in derselben Region stattfinden. In China werden derartige „Hubs“ bereits aufgebaut, unter anderem in sogenannten Battery-Development-Areas in den Provinzen Jiangxi und Sichuan. In Europa werden wir in zehn Jahren ähnliche Hubs sehen. Und auch in Nordamerika, zum Beispiel in der Region der großen Seen. Ford und GM produzieren demnächst in Detroit Elektroautos und bauen zusammen mit asiatischen JV-Partnern Batterie-Zell-Fabriken auf. Das benötigte Lithium werden sie dann wohl in den USA und Kanada einkaufen.
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