25.06.2019, 4381 Zeichen
Mit einem privaten Kommentar von Hans Volkert Volckens starten wir unsere Gastkommentar-Serie im #gabb. Volckens war Vorstand der CA Immo, ist jetzt Head Of Real Estate bei KPMG Deutschland.
Volckens schreibt:
"Es herrscht ein eigenartiges Klima in Deutschland. Kinder demonstrieren jeden Freitag aus Angst vor der Zukunft der Welt gegen die Haltung und Lebensweise älterer Generationen. Als neues Feindbild gilt der „alte weiße Mann“, der angeblich aus hemmungsloser Profitgier die ökologischen Grundlagen der Welt ruiniert. Die Definition von „Alt“ ist dabei eher relativ und gilt bereits für alle Mittvierziger, die im Erwerbsleben stehen und versuchen, ihre Familien zu ernähren und eben diesen Kindern eine gute Ausbildung und einen guten Start ins Leben zu finanzieren.
Statt einer notwendigen fachlichen Debatte um die Sicherung ökologischer und ökonomischer Grundlagen, herrscht Klimahysterie und eine ausgeprägte Sehnsucht nach Aktionismus. Als Heilsbringer gilt weiten Teilen der deutschen Mittelschicht die Partei der Grünen, die es schafft, die großen Fragen zu adressieren ohne diese Fragen mit einem schlüssigen wirtschaftlich-ökologischen Gesamtkonzept auch nur im Ansatz zu beantworten.
Dieselbe Mitteschicht, die Angst vor der zeitnahen ökologischen Kernschmelze hat, sorgt sich gleichzeitig um ihren ökonomischen und damit sozialen Halt. Denn Globalisierung und Digitalisierung sind zu den großen Herausforderungen für den Standort Deutschland geworden. Zudem leidet die deutsche Wirtschaft im besonderen Maße, wenn politische Spannungen und Handelskonflikte das internationale Wirtschaftsklima belasten. Nach einer langen Zeit wirtschaftlicher Prosperität wird erkennbar, dass sich die Zeit des fortwährenden Wachstums dem Ende neigen und der scharfe Wind der internationalen Waren- und Dienstleistungsmärkte auch die deutsche Wirtschaft erfassen könnte.
Deutschland im Jahr 2019 ist eine ökologisch und ökonomisch verängstigte Republik. In dieser Sorge um die Zukunft, müsste aber umso mehr Zukunft gestaltet werden. Der Standort Deutschland müsste in jeder Hinsicht wettbewerbsfähig ausgestaltet werden und Forschung und Entwicklung die Basis für einen nachhaltigen und ökologisch- bewussten Wohlstand mit wettbewerbsfähigen Zukunftstechnologien legen.
Deutschland müsste erkennen, dass im Jahr 2019 noch immer das Gleiche gilt, was schon nach dem Zweiten Weltkrieg galt: Nur international anerkannte Spitzenleistung sichert die ökonomischen und damit sozialen Grundlagen der Republik. Ohne Rohstoffe wie Öl, Gas oder seltene Erden ist Deutschlands einziger Rohstoff für die nachhaltige Sicherung der Lebensverhältnisse beste Forschung, höchste Produktqualität und dies auf Basis einer in jeder Hinsicht hohen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes. Einfach gewendet: „Made in Germany“ muss, wenn Deutschland langfristig eine Chance behalten möchte, auch zukünftig höchste Kundenansprüche erfüllen.
Ein die Zukunft gestaltendes wettbewerbsfähiges wirtschaftlich-ökologisches Gesamtkonzept ist jedoch nirgends zu erkennen. Schon die Diskussion hierüber findet in einem vergifteten Klima statt. Denn eine verängstigte Bevölkerung sucht lieber nach einfachen Antworten, bei denen der aktuelle Besitzstand durch staatliche Intervention gesichert werden mag. Statt nach Chancen und Potentialen zu suchen, statt über die zukünftige Aufstellung der deutschen Wirtschaft zu streiten und eine auf Zukunftstechnologien ausgelegte Standortpolitik zu entwickeln, werden täglich neue Verbote und Belastungen ersonnen, um vermeintlich zu bewahren, was man hat. Man hofft, durch Abschottung und Wegsehen von denjenigen Dynamiken verschont zu bleiben, die den Rest der Welt bereits erfasst haben. So aber wird Deutschland zwangsläufig den wirtschaftlichen Anschluss verlieren und sich der Wohlstand über die Zeit verflüchtigen.
Angst war noch nie ein guter Ratgeber. Insofern sollte man vielmehr die Sorge um die ökologische und ökonomische Bewahrung unserer Lebensverhältnisse in eine angstfreie Debatte um die Gestaltung unserer Zukunft lenken. In dieser Debatte dürfen wir uns jedoch nicht vor den Wirklichkeiten dieser Welt verschließen, sondern müssen sie anerkennen und bestmöglich mitgestalten. Denn Realität ist und bleibt ein Faktum – selbst in diesem angeblich post-faktischen Zeitalter."
(Der Input von Gast kommentar für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 25.06.)
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