08.02.2019, 10948 Zeichen
Im DAX ist es u.a. auf WireCard zurückzuführen, dass man wieder bei 11000 ist, im ATX ist das Momentan-nicht-halten-können der 3000 nicht auf einzelne Titel zurückzuführen, am ehesten noch auf das Schwergewicht voestalpine, das wie 2018 ytd-Schlusslicht ist.
WireCard ( Akt. Indikation: 115,31 /115,39, 4,15%)
voestalpine ( Akt. Indikation: 24,94 /26,00, 0,67%)
DAX ( Akt. Indikation: 11033,00 /11033,00, 0,10%)
ATX ( Akt. Indikation: 2996,80 /2997,00, -0,16%)
Nochmal zurück zum Zertifikate-Jahresauftakt, hier die versprochene Zusammnenfassung des Vormittags, am Nachmittag war Beiratssitzung, da durfte ich als ebensolcher dabei sein, aber darüber wird nicht berichtet natürlich. Los gehts ...
„Klarheit und Orientierung geben!“ - das meint Heike Arbter, Vorstandsvorsitzende des ZFA
Sie hob hervor, dass der österreichische Zertifikatemarkt selbst im schwierigen Börsenjahr 2018 durchwegs Stärke zeigte. So ist das investierte Volumen im Berichtszeitraum um 5,7 Prozent auf 13,5 Mrd. Euro gestiegen, während das Handelsvolumen im selben Zeitraum um 17,2 Prozent auf 2,9 Mrd. Euro anwuchs. Das entspricht immerhin rund 10 Prozent des gesamteuropäischen Handelsvolumens.
Betrachtet man das investierte Volumen nach Produktkategorien, so zeigt sich, dass das Bedürfnis nach Sicherheit bei den österreichischen Privatanlegern unverändert überwiegt. Anlageprodukte dominieren mit einem Marktanteil von etwa 99 Prozent, wobei davon mit 60 Prozent die Garantie-Zertifikate mit vollständigem Kapitalschutz in der Anlegergunst ganz oben stehen. Die risikoreicheren Hebelprodukte haben einen Marktanteil von rund 1 Prozent, wobei das Verhältnis zwischen Hebelprodukten mit bzw. ohne Knock-Out relativ ausgewogen ist.
In einem kurzen Rückblick ließ Arbter die umfangreichen ZFA-Aktivitäten im abgelaufenen Jahr Revue passieren. Neben vielen anderen erwähnte sie etwa die Umsetzung des digitalen Transfers von Emissionsurkunden (DTG) gemeinsam mit der OeKB, die Initiative zur Digitalisierung des Wertpapier-Begriffs, die Mitarbeit in europäischen Arbeitsgruppen beim Thema „Beipackzettel“ KIDs for PRIIPs oder die Vorbereitungen im Zusammenhang mit der Benchmark-Verordnung (2020). Gleichzeitig durfte aber auch nicht der Ausblick auf die wichtigsten Projekte für das Jahr 2019 fehlen: Hier liegt der Fokus auf einer Aktualisierung der Zertifikate-Broschüre, der Anpassung des Zertifikate-Kodex im Zusammenhang mit der Selbstverpflichtung der Emittenten, intensivierten Schulungsmaßnahmen sowie einer Zertifikate-Studie in Kooperation mit dem Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel.
„Österreich ist ein Zertifikateland!“ - das meint Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse AG
Boschan hob als Hausherr in seinen Grußworten anerkennend den Umstand hervor, dass Österreich mittlerweile ein Zertifikateland, insbesondere ein Anlagenzertifikateland, sei und gratulierte Heike Arbter und dem ZFA für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren. Im neuen Geschäftsjahr wird die Strategie zielstrebig fortgesetzt, für die Emittenten größtmögliche Visibilität und Liquidität zu schaffen. Der Wechsel aller Assetklassen auf das T7-Handelssystem soll abgeschlossen werden, neue Liquiditätsspender werden hinzukommen, der Feiertagshandel wird eingeführt und für Abwicklungserleichterungen soll gesorgt werden.
„2019 wird für Europa sehr herausfordernd!“ - das meint Thomas Wulf, Generalsekretär der EUSIPA
Der Generalsekretär der European Structured Investment Products Association (EUSIPA) veranschaulichte eingangs, welch enormen Spannungsfeldern Europa derzeit ausgesetzt ist. Von außen erhöht sich der Druck auf die EU vor allem durch die Neuausrichtung der US-Handels-, -Steuer- und -Fiskalpolitik, gleichzeitig machen sich Instabilitäten im Nahen Osten bemerkbar, die zur Flüchtlingskrise und der Neupositionierung der Türkei führten. Darüber hinaus ist eine Aufweichung globaler Staatenbünde und -verträge zu registrieren sowie eine veränderte russische und chinesische Geostrategie. Aber auch innerhalb Europas wirken Spannungen wie etwa die ausgeprägte EU-Ablehnung in einigen Mitgliedsländern, die Migrationsproblematik und – last but not least – die Geldpolitik der EZB. Die Brexit-Verhandlungen bleiben 2019 das bestimmende Thema in Europa. Hier ruft Wulf jene drei Kernstränge in Erinnerung, die für die Austrittsverhandlungen maßgeblich sind: erstens die Vorkehrungen zwischen der EZB und der Bank of England in Bezug auf Krisenszenarios an den Finanzmärkten, zweitens die Austritts- und Übergangsbedingungen zwischen EU-Rat und britischer Regierung, wobei die Irland-Frage (noch) nicht geklärt ist, und drittens der Vertrag zwischen EU und Großbritannien für die Zeit nach dem Brexit, mit dessen Ausformulierung aber noch nicht einmal ansatzweise begonnen wurde.
Während derzeit niemand abschätzen kann, welche Austrittsregelung tatsächlich in Kraft treten wird, weist Wulf darauf hin, dass der (befürchtete) Dominoeffekt jedenfalls ausblieb. Kein anderes EU-Mitgliedsland erwägt in Folge des Brexit ernsthaft einen Austritt aus der Union. Darüber hinaus sieht der Experte hinter dem Brexit eine wichtige generelle Fragestellung: Welches Modell will die EU für Beziehungen mit Drittstaaten? So gebe es zwar verschiedenste Beziehungsansätze (bilaterale Verträge, EWG, Freihandelsabkommen, Zollunion etc.), aber kein einhelliges Konzept. In der Frage der Äquivalenzentscheidungen ist die EU zurückhaltend und will diese außenpolitische „Waffe“ nicht aus der Hand geben. Fakt ist für Wulf hingegen, dass die EU-Erweiterung keine Triebfeder mehr ist und der EU dadurch das mit Erweiterungsbestrebungen einhergehende Momentum verloren ging.
Neben dem Brexit sind 2019 auch die Europawahlen ein weiteres wichtiges Ereignis. Gemäß den Erfahrungen aus der Vergangenheit sind EU-Wahlen oft klassische Protestwahlen und Projektionsflächen für EU-Skepsis. Wulf geht davon aus, dass sich die Parteien- und Fraktionslandschaft im EU-Parlament als Resultat der Wahlen massiv ändern wird. Nicht zu vergessen ist zudem, dass im Jahr 2019 gleich in zehn Mitgliedstaaten nationale Wahlen anstehen. Dabei ist völlig offen, wie die Wahlen in diesen Ländern ausgehen werden und welchen Einfluss dies auf die Politik des Rates der EU und seiner Fachinformationen (in denen die Mitgliedsstaaten vertreten sind) haben wird.
Der Europaexperte zeigte in seinem Vortrag aber auch auf, dass einige der Spannungsfelder gleichzeitig auch „Chancenfelder“ für Europa sein könnten, etwa bei einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik inklusive Asylpolitik und Grenzschutz. Darüber hinaus bietet eine gemeinsame Handelspolitik mit einer neuen Vision gegenüber Ländern wie UK, Schweiz, Russland, China und den USA die Chance einer globalen Vorreiterrolle für die EU. Aber auch die Schaffung gemeinsamer Standards für Ökologie und Nachhaltigkeit sowie eine Kapitalmarktöffnung und -harmonisierung mit Blickrichtung auf eine Kapitalmarktunion sind Themen, die sich europäisch am besten angehen lassen.
Eine große Bedeutung kommt dabei der Reform der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) zu. Sie sollen eine neue Managementstruktur, eigene Aufsichtsrechte, einen unabhängigen Haushalt und eine transparentere Toolbox erhalten. Das Verhältnis zu Kommission, Parlament und nationaler Aufsicht wird klarer geregelt. Auch wenn es auf dem Weg dorthin einige Hürden zu nehmen gilt, wäre ein erfolgreicher ESA-Umbau eine riesige Chance für den europäischen Finanzmarkt und damit auch für die Zertifikatebranche. Dabei hob der EUSIPA-Generalsekretär insbesondere das Mehr an Rechtssicherheit für europäische Kapitalmärkte hervor sowie eine bessere Aussicht für grenzüberschreitende Geschäfte. Die Reform würde aber auch eine schnellere Reaktion auf globale Trends und damit gezielte Produktinnovationen ermöglichen. Schließlich, so Wulf, sei auch eine bessere Vertretung europäischer Aspekte nach außen möglich und mache den Binnenmarkt attraktiver für Cross-border Investments und für Nicht-EU-Investoren.
„Es ist Zeit, vorsichtiger zu werden!“ - das meint Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria AG
Zu Beginn seines Referats zeigte Bruckbauer auf, dass die Konjunkturstimmung global gesehen weiterhin positiv ist, der Höhepunkt aber bereits überschritten wurde. Im Verlaufe des heurigen Jahres erreiche die USA die längste jemals gemessene Aufschwungphase, es sei daher absehbar, dass sich eine Abkühlung einstellen werde. Für 2020 rechnet er in den USA mit einer milden Rezession und Zinssenkungen. Europa wird sich dem nicht völlig entziehen können, Bruckbauer erwartet daher im Jahr 2019 Wachstum auf Potenzial und 2020 unter Potenzial.
Vor allem der Export leistet im Euroraum fast keinen Beitrag mehr zum BIP-Wachstum, während die Binnenkonjunktur 2018 noch auf hohem Niveau lag. Die spürbare Abschwächung des Exportwachstums um knapp 4 Prozent im Jahr 2018 ist vor allem auf die Türkei, UK und Russland zurückzuführen, die zusammengenommen für mehr als zwei Drittel dieses Rückgangs verantwortlich waren.
Trotz des markanten Stimmungsrückgangs ist allerdings kein Einbruch wie etwa in den Jahren 2007/08 zu erwarten. Für 2019 erwartet der Ökonom ein globales BIP-Wachstum von 3,4 bis 3,6 Prozent, das sich im Folgejahr dann deutlicher auf etwa 2,7 Prozent abschwächen wird.
Die Inlandskonjunktur im Euroraum wird vor allem durch einen starken Arbeitsmarkt mit sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Beschäftigung gestützt. Die Lohnentwicklung im Vergleich zu den USA zieht langsam an, die Konsumentenstimmung in Europa ist klar positiv und wird 2019 ein essentieller Treiber für das Wachstum sein. Trotz etwas weniger Dynamik im Jahr 2019 sieht Bruckbauer das BIP Wachstum im Euroraum jedenfalls stärker als im zweiten Halbjahr 2018 und damit etwa bei einem Wert von 1,4 Prozent (Österreich: 1,9 Prozent). Der Experte wies darauf hin, dass die gehäuften Revisionen des BIP-Wachstums zu Jahresanfang 2019 vor allem dem schwachen Abschneiden Deutschlands im vierten Quartal 2018 geschuldet sind.Für die Aktienmärkte erwartet der Experte im Jahr 2019 eine anhaltend hohe Volatilität und spürbare Korrekturen. Darüber hinaus hält er eine Outperformance der USA gegenüber dem Euroraum für eher unwahrscheinlich.
Als größte Risikofaktoren für die Weltwirtschaft sieht der Ökonom die unberechenbare Wirtschaftspolitik der Trump-Administration, die internationalen Handelskonflikte, die vor allem Europa schaden würden, das Erstarken populistischer Parteien und Politiker sowie den Schuldenstand und vor allem das Schuldenwachstum in China. Als Chancen und Stimuli für das Wirtschaftswachstum sieht er hingegen eine Auflösung des Handelskonflikts zwischen den USA und China, eine Austrittsregelung für UK, eine sich stärker als erwartet entwickelnde Binnennachfrage im Euroraum sowie die schneller als erwartet zustandegekommene Lösung im Budgetstreit zwischen Italien und der EU.
(Der Input von Christian Drastil für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 08.02.)
Börsepeople im Podcast S16/02: Yvonne de Bark
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